Zu Verfassungsreform: "Entwurf ist stark verbesserungsbedürftig"
Wien (SK) - Als "stark verbesserungsbedürftig" bezeichnete
Justizministerin Maria Berger den vorliegenden Entwurf zur
Verfassungsreform. Während Berger die Konstruktion des Justizanwalts
als "komplett untauglich" erachtet, freut sie sich, ankündigen zu
können, dass ab November Justiz-Ombudsstellen als
Beschwerdeeinrichtung an Gerichten zur Verfügung stehen. "Ich glaube,
wir können durch die Justiz-Ombudsstellen ein besseres und
bürgernäheres Instrument zur Verfügung stellen." Neben den Regelungen
zum Justizanwalt, kritisierte Berger am Entwurf zur Verfassungsreform
den zur Kontrolle der Staatsanwaltschaft vorgesehenen ständigen
Unterausschuss des Justizausschusses, die Abschaffung des
Richterdrittels bei der Zusammensetzung des Verwaltungsgerichtshofs
und das Hineintragen der in Gesetzgebung und Verwaltung bestehenden
Zersplitterung in die Gerichtsbarkeit. Berger wies darauf hin, dass
sie weder aus der eigenen Partei, noch vom Koalitionspartner - etwa
ÖVP-Justizsprecher Donnerbauer - Positives zum Entwurf gehört habe.
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Die Ombudsstellen werden unabhängige justizinterne
Beschwerdestellen sein, die unbürokratisch rasches
Beschwerdemanagement leisten sollen. "In Umsetzung des
Regierungseinkommens haben wir die Vorbereitungen dafür getroffen,
dass wir ab erstem November an allen Oberlandesgerichten unabhängige
justizinterne Ombudsstellen einrichten werden", so Berger. "Diese
Ombudsstellen setzen sich aus erfahrenen Richtern zusammen, die - und
das ist uns wichtig - für Personen, die Beschwerden haben, direkt
ansprechbar sind", konkretisierte Berger. Angesiedelt sind die
Ombudsstellen bei den Oberlandesgerichten. Mittelfristig soll es an
allen Gerichten Sprechtage der Ombudsstellen geben.
Grundsätzlich leite die österreichische Justiz hervorragende
Arbeit. Was die Wirtschaftlichkeit, die Effizienz und die
Verfahrensdauer betrifft, liege Österreich europaweit an der Spitze.
Umso überraschender sei es, dass beim Entwurf zur Verfassungsreform
das Misstrauen in die Justiz "wie ein roter Faden durchgeht". So sei
der geplante externe Justizanwalt in der Lage, in schwebende
Verfahren einzugreifen, wodurch die Prinzipien der Gerichtsbarkeit
verwässert werden. Mit dem Vorschlag eines ständigen Unterausschusses
zur Kontrolle der Gerichtsbarkeit werde die Staatsanwaltschaft mit
Geheimdiensten gleichgestellt, da eine Analogie zu den
Unterausschüssen für die Geheimdienste erfolgen soll.
Gefahr einer "Justiz light" besteht
In den geplanten Neuerungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeit sieht
Berger die Gefahr einer "Justiz zweiter Klasse, einer Art 'Justiz
light'". Die Tätigkeit im Verwaltungsgericht soll auch mit
niedrigerer Qualifikation möglich sein. So sei dafür kein
abgeschlossenes rechtswissenschaftliches Studium nötig. "Wo Gericht
draußen steht, sollen echte Richter arbeiten", betonte Berger.
Des weiteren kommt es zu einer Aufteilung der Gerichtsbarkeit
zwischen Bund und Ländern. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit würde von
der ordentlichen Gerichtsbarkeit getrennt. Wenn eine
Verwaltungsbehörde des Landes entscheidet, wäre in zweiter Instanz
das Verwaltungsgericht dieses Landes zuständig. "Durch diese
Konstruktion wird das Ziel der Vereinfachung und Einsparung nicht
erreicht", so Berger. Es bestehe die Gefahr, dass es künftig 11
verschiedene Verwaltungsgerichte mit 11 unterschiedlichen Standards
bei Gerichtsbarkeit, Dienstrechten, Verfahrensordnungen,
Gerichtsorganisation, Ausbildung und Berufsethos gibt. (Schluss) up
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