• 30.07.2007, 17:18:49
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  • OTS0172 OTW0172

TOP-MELDUNGEN der morgigen Ausgabe: 445 zu Unrecht in U-Haft

Bei 445 Personen, die 2006 hinter Gitter kamen, war die Untersuchungshaft nicht gerechtfertigt. In 232 Fällen gab es Haftentschädigung: Insgesamt 1,7 Mill. Euro.

Salzburg (OTS) - Jede 22. Person, die im Jahr 2006 in
Untersuchungshaft genommen wurde, wanderte zu Unrecht hinter Gitter
- denn von den insgesamt 9885 Verdächtigen wurden letztlich bei
Gericht 389 freigesprochen, und in zusätzlich 56 Fällen wurde das
Verfahren eingestellt. Das heißt, 4,5% der U-Häftlinge verloren
ihre Freiheit vorschnell - ohne dass sich der gegen sie erhobene
Verdacht oder Vorwurf als triftig erwiesen hätte.

Diese beunruhigende Relation erschließt sich aus einer
parlamentarischen Anfrage, die der aus Salzburg stammende NRAbg.
Johann Maier (SPÖ) an Justizministerin Maria Berger richtete. Den
Hintergrund der Anfrage bildeten die Erfahrungen, die man mit dem
seit 2005 neu gefassten Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz (StEG)
gemacht hat. Tatsächlich wurde den Anträgen von 299 Personen in 232
Fällen stattgegeben und Haftentschädigungen von 1,7 Mill. Euro
anerkannt.

Was ist ein Hafttag in Österreich "wert"? Man kann sagen, dass
pro Tag zwischen 70 und 110 Euro bezahlt werden. Dazu kommen dann
noch Schadenersatzzahlungen wegen Nachteilen am Vermögen, etwa
Verdienstentgang und Anwaltskosten. Die Entschädigung erfolgt sowohl
wegen materieller wie auch immaterieller Beeinträchtigungen.
Anspruch auf Haftentschädigung haben In- und Ausländer, Asylwerber
und Konventionsflüchtlinge. Bekanntlich sind in Österreich die
Haftzahlen in den vergangenen Jahren massiv gestiegen - vor allem
auf Grund konstant hoher U-Haften. Schwerpunkt ist Wien, wo seit 2002
die U-Haft-Zahlen um mehr als 45% gestiegen sind. Von den 9885
Personen, die im Jahr 2006 in Verwahrungs/U-Haft waren, kamen 4092
aus Österreich, 1466 aus dem EU-Ausland und 4327 aus
Nicht-EU-Staaten.

Wer in Österreich in U-Haft genommen wird, verbleibt dort
durchschnittlich 60 bis 70 Tage - diese Dauer liegt im
europäischen Vergleich im oberen Mittelfeld.
Was besonders auffällt, ist das exorbitante Ansteigen der Freisprüche
nach vorangegangener U-Haft in den vergangenen sechs Jahren: 2001
waren es 61, 2002 schon 90, dann 83 im Jahr 2003, 108 im Jahr 2004,
267 im Jahr 2005 und schließlich 389 im Jahr 2006.

An vier Gerichten wurden Angeklagte, die vorher verurteilt worden
waren, nach einer von den Gerichten auf Grund neuer Beweismittel
bewilligten Wiederaufnahme freigesprochen, wobei der Fall des Peter
Heidegger in Salzburg den spektakulärsten Fall bildete.

Stichwort Salzburg: Hier waren im Jahr 2006 insgesamt 497 Personen
in Verwahrungs- und Untersuchungshaft. 11 der 21 U-Häftlinge wurden
später von den Gerichten freigesprochen.
In Österreich gibt es auch eine Grundrechtsbeschwerde an den Obersten
Gerichtshof, wenn gerichtliche Instanzen jemandem zu Unrecht die
Freiheit entzogen haben. Von 55 derartigen Beschwerden, die 2005
eingebracht wurden, waren sechs erfolgreich.

Rückfragehinweis:
Mag. Lisa Helmreich - Redaktion
Salzburger Nachrichten, Karolingerstraße 40, A-5021 Salzburg
Tel: +43/662/8373-322, Fax: +43/662/8373-399
FN 177186v, FN 66722x, beide LG Salzburg
mailto:lisa.helmreich@salzburg.com, http://www.salzburg.com

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