- 31.05.2007, 10:33:56
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Semmering-Basistunnel: Ein Fall für den Staatsanwalt
Wien (OTS) - Der Wiener Rechtsanwalt Karl Newole hat gestern,
Mittwoch, eine Sachverhaltsdarstellung gegen frühere Verantwortliche
der Eisenbahn-Hochleistungstrecken-AG (HL-AG) bei der
Staatsanwaltschaft Wien wegen § 153 StGB (Untreue) eingebracht.
Initiator dieses Schrittes ist der langjährige Sprecher der
Vereinigten Bürgerinitiativen Schwarzatal - Region Semmering, Franz
Fally.
Die Sachverhaltsmitteilung richtet sich gegen die HL-AG-Vorstände
Gustav Hammerschmid (1989 bis 1996) und Georg Vavrovsky (1989 bis
2004, jetzt Vorstand der ÖBB Infrastruktur Bau AG) sowie die
Mitglieder des Aufsichtsrates der HL-AG Helmut Hainitz (1989 bis
2004, damals auch als ÖBB-Vorstand für die Infrastruktur
verantwortlich) und Oskar Grünwald (1989 bis 2000, damals auch
Vorstand der ÖIAG).
Der Vorwurf: Die Verantwortlichen der HL-AG hätten ab 1994 den
Sondierstollen für den Semmering-Basistunnel bohren lassen, ohne im
Besitz aller dafür nötigen Bewilligungen zu sein, und hätten dadurch
ihrem Unternehmen - und in der Folge dessen Eigentümer, der Republik
Österreich - einen Schaden von 93 Millionen Euro = ATS 1.280
Millionen zugefügt. Allein das Abpumpen des seit einem Wassereinbruch
im Oktober 1996 eindringenden Gebirgswassers verursacht bis heute
monatliche Kosten von 14.000 Euro, insgesamt bereits rund zwei
Millionen Euro.
"Es ist mir als Bürger und Steuerzahler ein Anliegen - auch in
Hinblick auf anstehende weitere Bauprojekte -, ein- für allemal zu
klären, dass Manager einer AG, die die Verantwortung für derartige
Projekte tragen, auch tatsächlich zur Verantwortung gezogen werden",
erläutert Franz Fally die Gründe für seine Aktion.
Als im Dezember 1994 die Bauarbeiten aufgenommen wurden, verfügte
die HL-AG nach eigenem Bekunden (Vavrovsky) über "alle wesentlichen
Bewilligungen". Aber obwohl im eisenbahnrechtlichen
Baugenehmigungsbescheid vom 28. November 1994 festgehalten wurde:
"Gegebenenfalls ist für die naturschutzrelevanten Projektsteile auch
eine additive naturschutzbehördliche Bewilligung einzuholen", und
obwohl verantwortliche Politiker des Landes Niederösterreich nie
einen Zweifel daran gelassen hatten, dass sie alle rechtlichen
Möglichkeiten ausnützen würden, um das Projekt zu Fall zu bringen,
war eine Bewilligung nach dem niederösterreichischen
Naturschutzgesetz zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegend.
Auch eine Anzahl von Enteignungsverfahren wurde nie abgeschlossen.
Eine naturschutzrechtliche Bewilligung für dieses Projekt gibt es
auch jetzt - nach mehr als zwölf Jahre nach Baubeginn - noch nicht.
Was Michael Schmid als Verkehrsminister im Jahre 2000 zu der
Feststellung veranlasste: Der Semmering-Tunnel ist "Österreichs
größter Schwarzbau".
Fally wirft den Managern der HL-AG aber nicht nur den Bau ohne die
nötigen Bewilligungen vor, sondern dass sie es unterlassen haben,
rechtzeitig die Konsequenzen aus folgenden Fakten zu ziehen:
- Es gab keine gesamtwirtschaftliche Kosten/Nutzenrechnung, welche auch vom Rechnungshof wiederholt eingefordert wurde. (Haushaltsgrundsätze) - Die Tunnelsicherheit entsprach nicht dem "Stand der Technik" - Der große Wassereinbruch zeigte, dass die geologischen Verhältnisse weit schwieriger waren als angenommen - Die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen änderten sich einschneidend.
Noch im November 2004 stellte die HL-AG den Antrag auf eine
Verlängerung der Baubewilligung, die sonst ausgelaufen wäre - im
Wissen, dass das Gesamtprojekt längst nicht mehr genehmigungsfähig
wäre, da es nicht mehr dem Stand der Technik entspricht: In ganz
Europa würde niemand mehr einen 22,7 km langen zweigleisigen
Eisenbahntunnel mit nur einer Röhre für Mischbetrieb ausführen - und
schon gar nicht mit einer Steigung von 11,3 Promille.
"Für diesen verlorenen Aufwand tragen die Manager der HL-AG die
Verantwortung - sie sollen daher zur Rechenschaft gezogen werden",
fasst Fally zusammen.
Und Newole sekundiert: "Was für den Normalbürger gilt, muss auch
für Organwalter gelten, die letztlich über öffentliche Gelder
verfügen: Wenn sich der Verdacht der Untreue ergibt, erwarten die
Steuerzahler, dass gründlich geprüft wird. Alles andere ist eine
schleichende Unterminierung des Rechtsstaates, der in hohem Maße auf
dem Vertrauen der Allgemeinheit fußt."
Rückfragehinweis:
Dkfm. Franz Fally
(langjähriger Sprecher der Vereinigten Bürgerinitiativen gegen den
Semmering-Basistunnel)
Tel.: ++43 1 667 71 51
mailto:fally.paper@aon.at
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