- 15.05.2007, 16:18:48
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ÖBB Bilanz: Verfehlter Jubel
Wien (OTS) - Von einer "Rekordbilanz" spricht die ÖBB angesichts
des Jahresabschlusses 2006. Wenn man aber im Geschäftsbericht genauer
sucht, findet man zahlreiche unerfreuliche Fakten: Nur rund 30 % des
Gesamtumsatzes bzw. nur ein Viertel der Gesamterträge werden am Markt
durch Verkehrsleistungen erzielt. Das Ergebnis der gewöhnlichen
Geschäftstätigkeit (EGT) liegt trotz Zuwächsen bei kaum wahrnehmbaren
0,7 % des Umsatzes. Und die Marktanteile der ÖBB befinden sich weiter
im Sinkflug.
Die Zahl der Fahrgäste der ÖBB ist 2006 um 1,8 % gestiegen. Im
Vergleich zu den noch schwächeren Zuwachsraten der vorangegangen
Jahre ein Erfolg, angesichts der Rekordpreise an den Tankstellen eine
bescheidene Zunahme. Dass die Attraktivität der ÖBB für die
Konsumenten nicht größer ist liegt nicht zuletzt daran, dass der
Schwerpunkt der Investitionstätigkeit in die großen
Fernverkehrsachsen erfolgt, wogegen rund 93 % der Fahrgäste die
Angebote der ÖBB im Nahverkehr nutzen. Kein Wunder, dass es der ÖBB
nicht gelingt, dem jährlich um durchschnittlich fast 4 % wachsenden
Pendlerstrom die Vorzüge des Bahnfahrens schmackhaft zu machen. Auch
nicht erfreulich: Bereits 27 % der ÖBB-Fahrgastkilometer werden auf
der Straße (im Bus) zurückgelegt.
Die ÖBB gratuliert sich zu einem Rekordwert an beförderten Tonnen
(92,7 Mio.). Mit einem jährlichen Zuwachs von nicht einmal 1,5 % seit
dem Jahr 2000 fällt die ÖBB aber immer weiter hinter die
Transportleistung des Straßengüterverkehrs zurück - obwohl die
Einführung der LKW-Maut und zuletzt hohe Treibstoffpreise das
Marktumfeld für die Bahn drastisch verbessert haben. Die den
Ausbauplänen der Bahn zugrundeliegende Verkehrsprognosen werden
laufend unterschritten. Angebliche Kapazitätsengpässe werden daher in
der Realität nie auftreten. Besonders peinlich für die Bundesbahn:
Die höchsten Zuwächse im Gütertransport hatte 2006 der bahneigene
Kraftwagengüterverkehr. Wenn selbst die Bahn immer weniger Bahn fährt
- wie soll sie dann Kunden überzeugen ?
Die ÖBB investiert rund 1,5 Mrd. Euro pro Jahr in die
Schieneninfrastruktur, und plant dieses Volumen in den nächsten
Jahren weiter zu steigern. Selbst wenn man die übrigen Investitionen
- vor allem in das rollende Material - völlig außer acht lässt, fällt
auf den ersten Blick das Missverhältnis zwischen den Investitionen
und den (Markt-) Umsätzen der Bahn auf: Diese Marktumsätze sind
geringer als die Investitionen in den Schienenausbau. Dies ist weder
durch die Nachfrage, noch durch Kapazitätsengpässe und auch nicht
durch einen bestehenden Nachholbedarf begründet, denn bereits in den
letzten 25 Jahren wurde real mehr in Schieneninfrastruktur als in
Bundesstraßen investiert - ohne damit die Marktanteilsverluste
stoppen zu können. Die Zukunft der Bahn liegt in Nahverkehr und
Güterlogistik, nicht in Rekordinvestitionen in Hochleistungsstrecken.
Rückfragehinweis:
Christoph Hartmann, freier Wirtschaftsjournalist
Tel.: 01/4793789
mailto:christoph@hartmann.name
http://www.christoph.hartmann.name
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