- 26.04.2007, 13:13:30
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Stadt Krems restitutiert zwei Bilder von Kremser Schmidt an Erben nach Richard Neumann
Kunsthistorisches Museum Wien verweigert Rückgabe von sechs Objekten
Wien (OTS) - Der Bürgermeister der Stadt Krems, Franz Hölzl, hat
die Rückgabe von zwei Bildern des Malers Johann Martin Schmidt
(genannt Kremser Schmidt) aus dem Besitz des Weinstadtmuseum Krems
empfohlen. Die aus der ehemaligen Sammlung Richard Neumann stammenden
Bilder, Hl. Florian und Hl. Josef von Calasanz, sollen nun an dessen
in den USA lebenden Enkel Thomas Selldorff zurückgegeben werden.
Thomas Selldorff, 79, ist gebürtiger Wiener, der 1939 von Paris
aus vor den Nationalsozialisten flüchtete. Selldorff: "Im Namen
meiner Familie danke ich dem Bürgermeister der Stadt Krems für die
Rückgabe dieser wunderbaren Bilder. Dieser Schritt ist ein Zeugnis
der Gerechtigkeit und der Anerkennung des Unrechts, das mein
Großvater erleiden musste. Mein Großvater war ein außergewöhnlicher
Mensch, dem es gelang, die Vertreibung aus Österreich und die damit
verbundene Not dank seiner starken Persönlichkeit und seinem
Optimismus zu überwinden. Er wäre über diese Rückgabe sehr glücklich
gewesen. Sein Vermächtnis und seine Liebe zur Kunst wird durch diese
Bilder an uns und unsere Kinder weitergegeben."
Thomas Selldorffs Wiener Anwalt, Dr. Alfred J. Noll: "Ich bin
froh, dass durch diese Rückgabe ein nunmehr sechs Jahre dauerndes
Verfahren positiv abgeschlossen werden konnte. Die Stadt Krems hat,
wenn auch verspätet, richtig gehandelt."
Basierend auf Recherchen der Kunsthistorikerin Sophie Lillie hatte
Thomas Selldorff bereits im Jahr 2001 die Herausgabe der beiden
Bilder gefordert. Sein Antrag wurde jedoch rund fünf Jahre später, im
Dezember 2006, seitens des Weinstadtmuseum Krems abgelehnt.
Infolge heftiger Kritik in in- und ausländischen Medien entschloss
sich die Stadt Krems im Frühjahr 2007 eine Stellungnahme durch einen
unabhängigen Experten einzuholen. Dr. Robert Holzbauer, der Leiter
der Provenienzforschung am Leopold Museum in Wien, sprach sich in
seinem Gutachten eindeutig für die Restitution der zwei Bilder aus.
Richard Neumann war führender Textilindustrieller und Besitzer
einer bekannten Kunstsammlung, die nach dem Anschluss durch die
Nationalsozialisten enteignet wurde. Richard Neumann selbst gelang
die Flucht über Frankreich und Spanien nach Kuba. In Havanna fand er
Arbeit in einer Textilfabrik, und hielt - vor einem anfangs
europäischen, später immer breiteren Publikum - abends Vorlesungen
über Kunstgeschichte. Als Ehrenprofessor der Universität von Havanna
widmete sich Neumann jahrelang dem Ziel, in Havanna ein eigenes
Kunstmuseum zu gründen, und legte schließlich den Grundstein für das
Palacio de Bellas Artes. Er verstarb 1961 im Alter von 82 Jahren in
New York.
Sechs Objekte aus der Sammlung Neumann befinden sich nach wie vor
am Kunsthistorischen Museum in Wien, nämlich zwei Stiftertafeln des
holländischen Altmeisters Marten van Heemskerk, ein Bild von
Alessandro Magnasco, ein Bild von Giovanni Battista Pittoni, und zwei
barocke Tonstatuen (Bozzetti) des römischen Meisters Alessandro
Algardi.
Im Fall der Heemskerk-Tafeln sprach sich der Oberste Gerichtshof
1952 für eine Rückgabe aus, verpflichtete Neumann aber gleichzeitig
zur Rückerstattung des seinerzeitigen Kaufpreises - ungeachtet der
Tatsache, dass dieser von den Nationalsozialisten einbehalten worden
war. Zur Rückgabe kam es dennoch nicht, da das Denkmalamt die Bilder
mit einer Ausfuhrsperre aus Österreich belegte und Richard Neumann
somit nötigte, die zwei Tafeln an das Museum zu verkaufen. Die vier
weiteren Objekte erwarb das Museum unentgeltlich.
Im März 2005 lehnte die damalige Bundesministerin Elisabeth Gehrer
die Rückgabe der sechs Objekte ab, unter Berufung darauf, dass das
Kunstrestitutionsgesetz dort keine Anwendung finden könne, wo Objekte
"mit Wissen und Willen" des Eigentümers vom Bund erworben wurden.
Ferner argumentierte man, dass das Ausfuhrverbot "sachlich begründet"
gewesen sei.
Kunsthistorikerin Sophie Lillie, die sich in ihrem 2003 im Czernin
Verlag erschienenen Buch Was Einmal War: Handbuch der enteigneten
Kunstsammlungen Wiens mit dem Fall Richard Neumann befasste,
widerspricht: "Die Beiratsentscheidung ist inhaltlich nicht
nachvollziehbar. Der Erwerb dieser Objekte kam zweifellos nur unter
dem Druck des Ausfuhrverbots zustande."
Rechtsanwalt Dr. Alfred J. Noll: "Im Sinne der Gerechtigkeit,
werden wir nichts unversucht lassen, um diese Fehlentscheidung des
Beirats anzufechten. Wir setzen darauf, dass Bundesministerin Claudia
Schmied, ähnlich wie Krems, sich bei einer neuerlichen Befassung mit
dem Fall für eine Rückgabe aussprechen wird."
Rückfragehinweis:
Freimüller / Noll / Obereder / Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH
RA Univ.-Doz. Dr. Alfred J. Noll
Alser Straße 21, 1080 Wien
E-Mail: alfred.noll@jus.at
Tel.: +43-1-406 05 51-12
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