- 18.04.2007, 09:15:12
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Kaprun: War Tod von 155 Menschen Kismet?
Wien (OTS) - Staatsanwältin Dr. Eva Danninger-Soriat und Dr. Bernd
R. Beier referierten über die Jahrhundertkatastrophe in Kaprun auf
Grazer Brandschutz-Tagung. Nach den Referaten zogen viele der rund
270 Brandschutzexperten ihren eigenen Schluss: Die heimische
Rechtslage mache einer Bananenrepublik alle Ehre!
"Heiße Eisen" wurden beim 8. Aprilsymposium 2007 des
Brandschutzforums Austria, am 13. April im Hotel Novapark, in Graz,
angepackt.
Besonders brisant waren die Ausführungen von Staatsanwältin Dr.
Eva Danninger-Soriat aus Salzburg, die im Kaprun-Prozess die
Staatsanwaltschaft vertreten hatte und erstmals vor breiter
Öffentlichkeit das katastrophale Bergbahnunglück in Kaprun in allen
Details beleuchtete.
Die Staatsanwältin legte zunächst auf pragmatische Weise eine
umfassende Bestandsaufnahme der Ereignisse vor, um am Ende ihres
Vortrags gesetzliche Schwachstellen des österreichischen
Rechtssystems aufzuzeigen: Sie wünsche sich künftig ein auf
Katastrophenfälle zugeschnittenes Ermittlungs- und Gerichtsverfahren.
Weiters sollten Katastrophenereignisse solchen Ausmaßes in die
Zuständigkeit eines Schöffengerichtes fallen. Zusätzlich müssten -
ähnlich wie bei Jugendgerichtsverfahren, wo Pädagogen als
Laienrichter bei gezogen werden - technisch versierte Sachverständige
bei derartigen Katastrophen in das Verfahren integriert werden. Es
sei bedauerlich, dass aus der Katastrophe bisher noch keine
Konsequenzen gezogen worden seien.
Noch deutlicher wurde Dr. Bernd R. Beier, Jurist und Professor an
den Fachhochschulen München und Kempten in Deutschland, der die Frage
stellte, "kann ein solches katastrophales Ereignis locker als Kismet,
wie dies die Politik und zahlreiche Medien festgestellt hatten,
abgetan werden?", um anschließend festzustellen: "Es wurde in gröbst
fahrlässiger Weise unterlassen, im Rahmen einer vorab
durchzuführenden Risikobewertung Konsequenzen aus solchen Ereignissen
zu bedenken und die Planung von -Gewähleistung mit
einzubeziehen"!
Betrachte man im Detail die Ausführungen des Gerichtes, so
vermisse er bei vielen Passagen das Einbeziehen des normalen "Sach-
und Hausverstandes".
Beispiel "Fahrzeug": Die Aussage, dass das Fahrbetriebsmittel
einer Standseilbahn kein (!!) Fahrzeug sei, bedürfe keiner weiteren
Erläuterung.
Beispiel "Gefährdung Brand": Die Aussage des Gerichts, dass das
Gefährdungsbild eines Brandes in einem Fahrbetriebsmittel auch
international nicht bekannt gewesen sei, wäre seiner Meinung nach
absolut falsch.
Beispiel "Heizlüfter": Völlig absurd sei die Argumentation des
Gerichts, wenn das ausdrücklich ausgesprochene Verbot in der
Gebrauchsanleitung, "darf nicht in Fahrzeuge eingebaut und dort
betrieben werden", als "sicherheitstechnisch nicht relevant"
eingestuft werde.
Die im Vortrag von Dr. Bernd R. Beier getätigten Ausführungen
beruhen auf intensiven Diskussionen und Erläuterungen mit Prof.
Vincent M. Brannigan, Law-Rofessor für Rechtsfragen des Brandschutzes
im Departement of Fire Protection Engineering der University of
Maryland, USA, der ebenfalls auf der Tagung anwesend war.
Von einem "Dominoeffekt" sprach abschließend im Zusammenhang mit
der Kaprun-Katastrophe der Präsident des Brandschutzforums Austria,
OSR Univ.-Lektor Dr. Otto Widetschek. Dabei seien vor allem von den
Sachverständigen plausibel kausale Zusammenhänge auf Haar sträubende
Weise ausgeklammert worden.
Rund 270 Brandschutz- und Sicherheitsexperten aus Österreich,
Deutschland, Italien und Slowenien nahmen an der Tagung teil. Neben
Dr. Eva Danninger-Soriat, Dr. Bernd R. Beier und Prof. Vincent M.
Brannigan trugen weitere hochkarätige, international angesehene
Referenten beim Brandschutzsymposium in Graz vor.
Rückfragehinweis:
Brandschutzforum Austria
Dr. Otto Widetschek
A-8051 Graz, Fischeraustrasse 22
Tel.: 0664/21 22 000
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