• 21.12.2006, 13:02:27
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Leitartikel Nr. 3040 der Klosterneuburger Zeitung: "Wünsch dir was" von Prof. Gustaf Adolf J. Neumann

Wien (OTS) - Wünsch dir was. Das ist die Parole die man derzeit
als große Koalitionsbemühung verwendet. Die große Koalition der
Parteien SP und VP ist ein demokratischer Ersatz für ein in
Österreich nicht eingeführtes Mehrheitswahlrecht, das beispielsweise
England vor ähnlichen Kabalen verschont und hinsichtlich des
Premierministers (bei uns Bundeskanzler) von vornherein klare
Verhältnisse schafft. Bei uns herrscht das Verhältniswahlrecht: Es
wird mühselig und immer wieder hinterfragt. Ein Abgeordnetenhaus ist
gleich Nationalrat und der noch immer vorhandene Nachfolger des
Kaisers, der Bundespräsident, hat nach einer Neuwahl einen der
genannten Fraktionschefs des Parlaments mit der Regierungsbildung zu
beauftragen.

Statt den Bundeskanzler durch das Volk wählen zu lassen, sieht die
österreichische, mehrfach veränderte Verfassung vor, dass der
Bundespräsident durch das Volk gewählt wird, was dazu führt, dass
kein Bundespräsident andere Mehrheiten benötigt, als die der Bürger.
Er, der Bundespräsident ist auch, scheinbar, Oberkommandierender der
Streitkräfte und wirklich das Staatsoberhaupt, der sich allerdings
nur in Krisenfällen persönlich zu Wort meldet oder aber im
Außendienst Österreich - Lobbying vollführt. Wünsch Dir was, heißt
auch, dass sich die Bürger zu Weihnachten und zum Neuen Jahr wünschen
könnten, dass der Bundespräsident auch der Regierungschef sei, weil
sie diesen wählen wollen; niemand hat den Bundeskanzler, am 01.
Oktober 2006, gewählt. Die Behauptung, dass die Wähler dafür Dr.
Alfred Gusenbauer vorgezogen haben, gehört in das Spiel der
Medienrankings, das gerne am Boulevard verwendet wird, aber auch der
ORF fleißig mit -"gambelt". Immer wieder werden Ranglisten
verbreitet, Meinungsforschungen veröffentlicht und niemand macht sich
darüber Gedanken, welchen Unfug man damit anrichtet. Solche Methoden
könnten noch passen, um Schlagerparaden zu motivieren und zu
entscheiden, aber nicht um die Bürgerpolitik seriös zu sichern.

Tatsächlich ist nämlich in den vergangenen Jahren immer wieder das
gleiche Problem auf der Tagesordnung gestanden, die auch in anderen
EU - Ländern knappe Mehrheiten hervorbringt, dass die EU- Bürger
weder über ihre Verfassung, noch über ihre Regierungen, geschweige
denn über ihre Verfügung in Brüssel echt wählen können. In Österreich
hat dies zu einer großen EU - Verdrossenheit geführt, obschon die
Aufnahme selbst unter dem Mangel der Schweiz - Genossenschaft mit
großer Mehrheit in Kauf genommen worden war. In Österreich wurde auch
niemand gefragt, in welchem Zeitraum, welche europäische Länder in
diese Gemeinschaft aufzunehmen wären. Wünsch Dir was, hätte zum
Beispiel, viel früher, die Aufnahme von Kroatien gebracht. Jetzt ist
mit Rumänien und Bulgarien eine Donaustromregion als Vollendung nicht
unwillkommen.

Wünsch Dir was, ist bei der Donau im Werden; ein europäischer
Fluss, in seiner Mitte Wien, schöner wird nichts anderes saniert, als
was die österreichisch - ungarische Monarchie schon vor Jahrhunderten
praktiziert hatte. Es wäre durchaus wünschenswert, wenn aus Gründen
der Sparsamkeit weniger Abgeordnete in schlankere Parlamente gewählt
werden könnten, wenn jede abgegebene Stimme zur Mandatszahl
gleichwertig herangezogen werden würde und sich daraus eine variable
Plenarszene ergäbe.

Es wäre auch keine große Mühe, den österreichischen Bundeskanzler
durch das Volk bei einer solchen Wahl zu bestimmen. Der könnte
seinerseits dann durch die Zustimmung der Plenarien eine Regierung
berufen. Der Präsident des Nationalrates sollte schon in die Lage
versetzt werden, die Repräsentation als Staatsoberhaupt zu erfüllen
und seine zwei Vertreter würden ihn auch dabei unterstützen. Die
Regierungsgeschäfte im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden
könnten auf die beschriebene Art und Weise, jeweils vom zuständigen
Volk, selbst entschieden werden. Es gäbe keine Koalitionen, keine
großen und kleinen, jede Stimme in den Parlamenten hätte ihr Gewicht,
es käme wahrhaftig auf jede Stimme an, in den Parlamenten und in den
Wahlregionen. Jeder Parlamentarier würde seinen Eifer darin legen,
seine Bürger durch Leistungen zu überzeugen. Das System käme außerdem
um Milliarden billiger. Milliarden, für die wir uns ja ohnehin sehr
viel wünschen. Es ist derzeit eine große Finanzkommission an der
Arbeit, um überhaupt auszurechnen, was die politisch führenden
Parteien zur Gewinnung ihrer Wähler versprochen haben und was es
kostet diese Versprechungen zu erfüllen. Ich höre noch heute die
Stimme von Dr. Alfred Gusenbauer, als er meinte, für ihn käme eine
Bundesregierung mit Eurofighter - Geschäftsabwicklung nicht in Frage.
Es koste, was es wolle, er stände nicht zur Verfügung. Ich höre den
Herrn Finanzexperten der SPÖ Matznetter, als er sagte, ein schweres,
finanzielles Erbe sei zu bewältigen, natürlich für die SPÖ -
Finanzen. Und das wird so ohne weiteres akzeptiert? Jahrelang hat uns
der ÖVP - Finanzminister die Seele wundgedrückt über die Klagen der
Schulden, die die vergangene Regierung hinterlassen hätte,
gleichzeitig wird Österreich eines der reichsten Länder der Welt?
Gleichzeitig werden Armutsrekorde aufgestellt und bejammert?
Gleichzeitig werden neue, gleichförmige Belastungen gefunden und die
Steuersätze für die Mittelbetriebe absolut nicht verbessert, sondern
verschlechtert? Eine Finanzmarktaufsicht, die weniger entdeckt als
jede Boulevardzeitung? Ein ORF, der alles weiß, der alles prophezeit,
exklusiv dementiert, was man selbst erfand und die Bevölkerung ist
einem Meer von Informationen ausgeliefert, deren Inhalt nicht einmal
ein Wässerchen trüben kann.

Wünsch Dir was, ist daher ein Anliegen, das nicht nur in der
Kultur Früchte tragen soll. Während des Mozart - Gedenkjahres 2006
sind sämtliche Opern des Salzburger Komponisten aufgeführt worden,
keine einzige Schöpfung Mozarts ist ein Flopp, er hält es sogar aus,
dass zum Schluss seiner "Idomeneo" die blutigen Köpfe der Propheten
Mohammed und Jesus mit dem heidnischen Gott Poseidon gezeigt werden.
Aber die Freiheit der Kunst ließ auch zu, dass unser großer Mozart
von einem Irren "Darreicher", neues Feld erdulden kann. Das Publikum
ist so toll eingespannt, dass es nicht einmal protestierte. Zwei
katholische Agitatoren hatten gegen den geköpften Jesus demonstriert,
obwohl Jesus bekanntlich noch viel ärger von den Menschen zugerichtet
war, allerdings nicht von dem Idioten der das Idomeneum zu einem
Kassenschlager machte. Wünsch dir was, ist eigentlich eine andere
Sache.

Wir wünschen uns eine Verfassung, wir wünschen, dass
Persönlichkeiten, wie beispielsweise das Geburtstagskind Erwin Pröll,
gehört werden, wir wünschen, dass im Falle einer Nicht - Klarheit das
Volk gefragt wird, aber auch hinsichtlich ihrer Präferenz für eine
bestimmte Regierungszusammenarbeit und wir wünschen uns, dass in der
Welt des Unfriedens, Österreich seinen guten Platz behält, im Herzen
Europas an der schönen Donau und mit Bürgern, die mit ihren
demokratischen Einrichtungen zurecht kommen.

Rückfragehinweis:
Klosterneuburger Zeitung
Hauptstraße 168, 3411 Weidling
Tel.: +43 2243 / 35656
mailto:redaktion@klosterneuburgerzeitung.at

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