• 20.11.2006, 12:06:01
  • /
  • OTS0122 OTW0122

Richtungsweisendes Urteil wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund sexueller Orientierung

Wien (OTS) - Nun hat erstmals ein österreichisches Gericht eine
rechtskräftige Entscheidung wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz
aufgrund sexueller Orientierung nach dem neuen
Gleichbehandlungsgesetz gefällt: Ein Salzburger Gericht hat einem
offen homosexuellen Arbeitnehmer Schadersatz für Diskriminierung und
das erlittene homophobe Mobbing am Arbeitsplatz zuerkannt.

"Dem Mut und der Beharrlichkeit eines Betroffenen ist es zu
verdanken, dass das österreichische Gleichbehandlungsrecht reale
Auswirkungen zeigt", unterstreicht Dieter Schindlauer, Präsident des
Klagsverbands zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern,
die Bedeutung dieses Urteils. "Es sollte alle von Diskriminierung und
Belästigung betroffene Menschen motivieren, das Recht zu nutzen, um
Gleichbehandlung einzufordern." Der Klagsverband trat im Prozess als
Nebenintervenient auf. "Auf Grundlage dieses richtungsweisenden
Präzedenzfalls", so Schindlauer weiter, "kann sich nun eine
rechtliche Praxis im Antidiskriminierungsbereich entwickeln. Wir
werden diese Praxis verfolgen und mitgestalten, um darauf
hinzuwirken, dass sich das Recht letztlich mehr und mehr an den
realen Bedürfnissen der Betroffenen orientiert."

Das Urteil ist - soweit ersichtlich - überhaupt die erste
rechtskräftige Gerichtsentscheidung zu den "neuen"
Diskriminierungsverboten in der Arbeitswelt.

Zur Info: Das neue Gleichbehandlungsgesetz, das aufgrund
EU-rechtlicher Vorgaben am 1.7.2004 in Kraft trat, verbietet in
umfassender Weise Diskriminierungen in der Arbeitswelt (und teilweise
darüber hinaus). Seither sind - zusätzlich zum bereits zuvor
bestehenden Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts -
auch Diskriminierungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, Religion,
Weltanschauung, Alter oder sexueller Orientierung ausdrücklich
untersagt. Der/Die Dienstnehmer/in kann sich beispielsweise gegen
Diskriminierungen bei der Einstellung, der Entgeltbemessung, der
Beförderung, der Kündigung oder gegen Belästigungen aus den genannten
Gründen wehren. Diskriminierungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit
sind darüber hinaus auch in sonstigen Bereichen (etwa Sozialschutz,
Bildung, Zugang zu Waren und Dienstleistungen) unzulässig.

Belästigung durch Mobbing

"Im konkreten Fall ging es um einen Salzburger LKW-Fahrer, der
sich offen zu seiner Homosexualität bekennt", berichtet Rechtsanwalt
Thomas Majoros (Kanzlei Dietrich Majoros Marchl) aus Wien, der den
Kläger vor Gericht vertrat. "Wegen seiner Homosexualität wurde der
LKW-Fahrer hauptsächlich von zwei Lagerarbeitern einer Spedition, zu
der er täglich für Be- und Entladetätigkeiten fuhr - und noch immer
fährt -, über einen längeren Zeitraum verspottet. Dabei fielen
obszöne Ausdrücke und andere diskriminierende Äußerungen. Auch wurde
die hohe Stimme des LKW-Fahrers nachgemacht. Die Situation
eskalierte, als auch dritte Personen einbezogen wurden, etwa indem
diese, wenn sie sich mit ihm unterhielten, gefragt wurden, ob sie
auch schwul seien. Dies führte dazu, dass sich einige Mitarbeiter von
ihm distanzierten und er sich immer mehr ausgegrenzt fühlte. Der
Arbeitgeber des LKW-Fahrers hatte die Belästiger mehrmals
aufgefordert, die Diskriminierungen zu beenden."

Der LKW-Fahrer machte beim Landesgericht Salzburg einen
immateriellen Schadenersatz gemäß § 26 Abs 11 iVm § 21
Gleichbehandlungsgesetz geltend. "Obwohl ihm im konkreten Fall ein
Vielfaches dieses Betrages zugestanden wäre, forderte er von den
beiden Lagerarbeitern jeweils nur den gesetzlich geregelten
Mindestbetrag von Euro 400, weil es ihm um die Grundsatzfrage und
nicht um die Erlangung finanzieller Vorteile ging", so Majoros
weiter. "Nach insgesamt vier Verhandlungen und mehreren
Zeugeneinvernahmen stellte das Gericht fest, dass es tatsächlich zu
den vom Kläger vorgebrachten Belästigungen gekommen ist und gab den
beiden Klagen statt. Das sehr sorgfältig begründete Urteil ist vor
kurzem rechtskräftig geworden."

Positives Signal an alle Lesben und Schwulen

"Wir sind höchst erfreut über den positiven Ausgang dieses
Verfahrens", erklärt Kurt Krickler, Generalsekretär der Homosexuellen
Initiative (HOSI) Wien, die Gründungsmitglied des Klagsverbands ist
und den Betroffenen an diesen vermittelt hat. "Für uns ist das Urteil
ein wichtiges Signal, das allen Lesben und Schwulen Mut machen
sollte, sich gegen Diskriminierung in der Arbeitswelt zur Wehr zu
setzen. Angesichts der prekären Lage am Arbeitsmarkt steht ja zu
befürchten, dass heutzutage immer mehr Benachteiligungen aus Angst um
den Arbeitsplatz resigniert hingenommen werden. Der Klagsverband und
die HOSI Wien werden jedenfalls gemeinsam mit engagierten AnwältInnen
auch in Zukunft Diskriminierungsopfer kompetent und effektiv
unterstützen."

Rückfragehinweis:
Mag. Volker Frey (Klagsverband), Tel.: (01) 961 05 85-13
Mag. Thomas Majoros, Tel.: (01) 505 69 00
Mag. Kurt Krickler, Tel.: (01) 545 13 10

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | HOI

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel