- 26.09.2006, 17:33:32
- /
- OTS0342 OTW0342
Zwischen "Klick-Klick" und "Oben Ohne"...!
Zum Wert Österreichs Luftraumes in der Endphase des Wahlkampfes
Wien (OTS) - "Was bitte ist ein Fotoflugzeug?", So fragte Georg
Mader - heimischer Korrespondent internationaler Wehrmedien - letzten
Sonntag den SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Die verständnislose Antwort
lautete: "Na eines des aufsteigt und halt "klick-klick" macht -
versteh’n des net?"
Georg Mader verstand nicht. Weil so etwas nicht erzeugt wird,
ebenso wie schon lange nicht mehr der immer wieder geforderte "reine
Abfangjäger". Mader ist im Gegenteil tief erschüttert über die
lockere, ja überhebliche Sachferne, welche ihm diesbezüglich aus der
politischen Heimat seiner Jugend entgegenschlägt.
Heute mittags gab’s noch eins drauf. Alfred Gusenbauer referierte
auf Ö1 über seine Absicht, den Luftraum - nach einem
Eurofighter-Ausstieg um "jeden Preis" - mittelfristig überhaupt nicht
mehr aktiv kontrollieren zu wollen. Nicht nur Mader dachte da
vielleicht, man hätte sich verhört. Nein. "Es gäbe ja das
Goldhaube-Radar und noch irgendwelche älteren Flugzeuge...", so der
SP-Chef. Zwar kann die europaweit anerkannte Goldhaube noch dann
Radarkontakte sehen, wenn die zivilen Stellen das nicht können - aber
nicht identifizieren, so Mader. Zwar haben die älteren Flugzeuge
keine moderne Steigleistung oder gehören in Gestalt der 12 Schweizer
F-5 gar nicht uns, zwar sollte das alles einem Kanzlerkandidaten
geläufig sein... aber nein, konstatiert Mader. "Oben ohne" lautet die
lockende Parole für den Endkampf der SPÖ um
Regierungsverantwortung...!
Es scheint zur Besinnung worüber da schwadroniert wird, also
tatsächlich ein Exkurs ganz, ganz tief in die "Basics" unserer
Staatlichkeit notwendig, meint Mader:
Die "Drei-Elemente-Lehre" von Georg Jellinek - Staatsgebiet,
Staatsvolk und Staatsgewalt - wurde vor ca. 100 Jahren staats- und
rechtswissenschaftlich formalisiert. In ihrer Anwendung (z.B. auch in
Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht3 § 380) zitiert Mader an
dieser Stelle den Politologen Theodor Eschenburg aus 1963:
"Staatsgebiet, Staatsvolk, Staatsgewalt und Staatszweck sind die vier
besonderen Merkmale des modernen Staates, die keine andere
Gemeinschaft aufweist. Nur wo diese vier gleichzeitig vorhanden sind,
besteht ein Staat, besteht Staatlichkeit."
Unser Staatsgebiet ist also der gesicherte Raum, in dem das
staatlich organisierte Volk seine Herrschaft effektiv ausüben kann
und über das ihm völkerrechtliche Verfügungsgewalt, also territoriale
Souveränität zusteht, so Mader. Zum Zwecke der Unverletzlichkeit
dieses seines Gebietes erklärte Österreich 1955 aus freien Stücken
seine immerwährende Neutralität und versprach, man werde diese mit
allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und
verteidigen. Um dies zu gewährleisten wurde die umfassende
Landesverteidigung zur Durchsetzung der immerwährenden Neutralität im
Artikel 9a des BVG verankert. Darin ist als Aufgabe festgeschrieben,
die die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren,
erinnert Mader.
Auch den Luftraum? Ja, unser Luftraum gehört tatsächlich zu uns -
und das hat noch gar nichts mit der selbst gewählten Neutralität zu
tun. "Zum Staatsgebiet im staatsrechtlichen und völkerrechtlichen
Sinn gehört auch der durch einen Staat beherrschbare Luftraum über
dem Erdboden", erläutert Mader und verweist z.B. auf
Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts 3
RZ 716. Entscheidend ist für den Völkerrechtler daher: Nimmt oder
versagt sich ein Staat die adäquaten Mittel zur Kontrolle seines
Staatsgebietes oder zur Ausübung der Staatsgewalt selbst, stellt sich
der Staat (auch) aus völkerrechtlicher Sicht selbst in Frage...
Daraus folgt nicht nur für Mader, dass somit nicht nur gemäß
klaren Geistes sondern auf Grund des Völkerrechtes zur Gewährleistung
der souveränen Staatsgewalt im staatlichen Luftraum - z.B. Wahrung
der Lufthoheit - auch dementsprechende Mittel zum Zwecke der
Luftraumüberwachung und -verteidigung geboten sind. Da sind sie
wieder, die "gebotenen Mittel". Alfred Gusenbauer wollte jene heute
bitteschön selbst bestimmen. Nur: "Das sind heute weltweit
insbesondere strahlgetriebene Militärluftfahrzeuge", erinnert Mader.
"Niemand auf der Welt macht das mit unbewaffneten "Fotoflugzeugen",
nur mit Radar oder mit Hubschraubern!".
Nirgendwo steht da etwas von Eurofightern, richtig. Aber
realpolitisch will die SPÖ nach einem Ausstieg nichts anderes
Rot-Weiss-Rotes mehr am Himmel sehen, konstatiert Mader.
Völkerrechtlich hat sich für Länder ohne Kontrolle über ihr Gebiet
der Begriff "failed states" eingebürgert. "Österreich als
gescheiterter Staat...?", oder "neue Fairness" aus Italien oder
Tschechien?, fragt Mader.
Oder SPÖ-Bundesgeschäftsführer Darabos heute: "Der Besuch von
US-Prädident Bush konnte trotz allerhöchster Sicherheitsstandards
ohne Kampfflieger durchgeführt werden...!" Mader fragt sich, ob Hr.
Darabos schon mal eine der F-5 aus der Nähe gesehen hat? "Was bitte
ist das denn, als ein Kampfflugzeug?", fragt Mader und stellt
richtig, dass man als "Kampfflieger" höchstens die Piloten bezeichnen
kann. Die F-5E wurde als leichter Mehrzweckjäger für freie Länder der
dritten Welt entwickelt und hat zwei 20mm Kanonen und 2
Kurzstrecken-Lenkwaffen, viele Länder nutzten die F-5 aber auch als
Jagdbomber. "Auch das ist kein "Fotoflugzeug" sondern immer das, was
man darunter hängt", erinnert Mader und versucht vergeblich, die
Faszination der SPÖ für Flugzeuge der 60-Jahre zu verstehen...
A propos Dritte Welt: Den Gegnern der technisch und
partnerschaftlich klaglos anlaufenden Eurofighter-Beschaffung sind
Patriotismus oder Nationalstolz völlig egal. Der österreichische
Luftraum wird für ein paar 1000 Stimmen geopfert. "So stimmen wir
völlig unerwartet am 1. Oktober also auch über unsere Staatlichkeit
und Souveränität ab", stellt Georg Mader ernüchtert fest. "Wer hätte
das gedacht...?" (=Schluss)
Rückfragehinweis:
Georg MADER, Jane’s Defence / MILITARY TECHNOLOGY
E-Mail:mader.heda.aero@chello.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF