• 06.07.2006, 15:00:00
  • /
  • OTS0195 OTW0195

Kartellverfahren zur Causa Haftungsverbund: Zwischenurteil ist Erfolg für die Sparkassen

Wien (OTS) - Ikrath: "Marktbezogene Zusammenarbeit von Erste Bank
und Sparkassen ist besonderer Vorteil für Konsumenten und Kunden" -
Urteil im Feststellungsverfahren noch ausständig

Bei dem gestern, Mittwoch, veröffentlichten Zwischenurteil des
Kartellgerichts im Unterlassungsverfahren gegen den Haftungsverbund
der Sparkassen handelt es sich um eine grundsätzliche Feststellung,
mit dem das Gericht seine wettbewerbsrechtlichen Bedenken zur
Kenntnis bringt, jedoch keine Maßnahmen- oder Unterlassungsaufträge
erteilt, stellt Michael Ikrath, Generalsekretär des Österreichischen
Sparkassenverbandes, in einer ersten Stellungnahme zum Beschluss des
Oberlandesgerichtes Wien, fest. Damit, so Ikrath, wurde der erklärten
Zielsetzung der BA-CA-Beschwerde nicht entsprochen, die auf ein
Untersagungsurteil ausgerichtet war. Darüber hinaus wurde die gerade
von der BA-CA angegriffene Zusammenarbeit der Sparkassen mit der
Erste Bank im Rahmen des Haftungsverbundes vom Kartellgericht als
zulässig beurteilt. Der in diesem Zusammenhang kritisierte
"Kreditrechner" auf den Internetseiten von Erste Bank und Sparkassen
wurde bereits zu Beginn des Verfahrens eingestellt.

Marktbezogene Zusammenarbeit ist besonderer Vorteil für Konsumenten
und Kunden

"Wir sind sehr zufrieden, dass das Gericht in der marktbezogenen
Zusammenarbeit von Erste Bank und Sparkassen einen besonderen Vorteil
für die Konsumenten und somit auch für unsere Kunden sieht und die
BA-CA mit ihrem Versuch, diese künftig zu verhindern, gescheitert
ist. Allerdings ist uns bewusst, dass sich diese Kooperation strikt
auf der Grundlage des Haftungsverbund-Vertrages bewegen muss und
nicht darüber hinausgehen darf, was im Sinne der künftigen
Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen ein Handicap darstellen könnte"
sagte Ikrath. Gegenstand des Verfahrens war ein Antrag von Bank
Austria und Bundeswettbewerbsbehörde, wonach das Kartellgericht der
Erste Bank und den Sparkassen die weitere Durchführung der
Grundsatzvereinbarung über den Haftungsverbund sowie die damit
zusammenhängende Ergänzungsvereinbarung, die die Kooperation im
Detail regelt, untersagen möge. Wirtschaftlich betrachtet umfasste
dieser Antrag drei Komponenten:

1.) Der Erste Bank und den Sparkassen sollte die Implementierung 
     einer gemeinsamen Markt- und Geschäftspolitik, wie in der 
     Haftungsverbund-Vereinbarung beschrieben, verboten werden.
 
 2.) Die weitere Durchführung des freiwilligen Frühwarn- und 
     Einlagensicherungssystems sollte verboten werden.

 3.) Schließlich sollten jene Maßnahmen unterbunden werden, welche 
     für die bankrechtliche Konsolidierung der Sparkassen bei Erste 
     Bank erforderlich sind; dies betrifft insbesondere die 
     Bereitstellung der für die Konsolidierung nötigen 
     Informationen durch die Sparkassen an Erste Bank.

Das Kartellgericht ist zur Auffassung gelangt, dass die gemeinsame
Markt- und Geschäftspolitik zwar den Wettbewerb der Sparkassen
untereinander beschränke, im Ergebnis aber (im Licht der
Legalausnahme nach Art 81 Abs. 3 EGV) positiv zu beurteilen ist. Die
Kooperation der Sparkassen untereinander und mit dem Zentralinstitut
stärke nämlich die Konkurrenzfähigkeit vor allem der kleineren und
mittelgroßen Sparkassen im Wettbewerb mit anderen Instituten und
unterstütze die flächendeckende Verbreitung moderner
Bankdienstleistungen in Österreich. Allerdings dürfe die
Zusammenarbeit nicht zu Kernbeschränkungen des Wettbewerbs führen,
insbesondere nicht zu einer einheitlichen Preisgestaltung von Erste
Bank und Sparkassen. Der so genannte Kreditrechner auf der Web-Seite
der Sparkassen wurde beispielsweise als eine derartige
Kernbeschränkung qualifiziert. Insgesamt wurde damit die Kooperation
innerhalb des Sparkassensektors klar befürwortet. Ebenso klar gemacht
hat das Gericht aber, dass Erste Bank und die Sparkassen bei einer
weiteren Vertiefung ihrer Zusammenarbeit sehr darauf achten müssen,
im laufenden Projektgeschäft nicht die Grenze zu Kernbeschränkungen
zu überschreiten.

Auch das freiwillige Frühwarnsystem innerhalb des
Haftungsverbundes und die erweiterte Einlagensicherung wurden vom
Kartellgericht aus wettbewerbsrechtsrechtlicher Sicht begrüßt. Die
damit verbundene Stärkung des Vertrauens in die Kreditwirtschaft,
konkret im Sparkassensektor, wurde als wichtiger Kundenvorteil
gesehen. Dabei wurde anerkannt, dass eine wechselseitige Haftung nur
möglich ist, wenn ein gewisses Maß an Kontrolle (also ein effizientes
Risikomanagement innerhalb des Haftungsverbundes) besteht.

Hingegen wurde es dem Grunde nach als wettbewerbsbeschränkend
angesehen, dass es einen direkten Informationsfluss über
wettbewerbssensible Daten von den Sparkassen zur Erste Bank zu
Zwecken der Konsolidierung gibt. Dieser Informationsfluss sei
geeignet, das Wettbewerbsverhältnis zwischen Erste Bank und den
Sparkassen über das für den Haftungsverbund nötige Ausmaß hinaus zu
beeinträchtigen. Der Wunsch, eine Kreditinstitutsgruppe nach § 30
Abs. 2a BWG zu bilden, könne keinen Vorrang vor kartellrechtlichen
Bestimmungen beanspruchen. Aus diesem Grund wurden die gesamte
Ergänzungsvereinbarung und darüber hinaus einzelne Elemente des
Informationsflusses innerhalb des Haftungsverbundes kritisch
bewertet. Konkrete Maßnahmen, wie diesen Bedenken zu begegnen ist,
hat das Kartellgericht vorläufig nicht angeordnet. Praktisch ist es
so, dass die Erste Bank und die Sparkassen dem Gericht zu diesen
Punkten eigene Vorschläge unterbreiten sollten.

Keine Auswirkungen auf das Finanzergebnis der Erste Bank

Auf die Konsolidierung der Eigenmittel der
Haftungsverbund-Sparkassen im Rahmen der Erste Bank-Bilanz wird die
Entscheidung keinen Einfluss haben. Eine entsprechende Beschwerde der
BA-CA wurde von der österreichischen Finanzmarktaufsicht bereits vor
mehr als einem Jahr abgewiesen. Auch seitens der EU-Kommission wurde
keine gegenteilige Ansicht mitgeteilt.

Urteil im Feststellungsverfahren noch ausständig

Im Zusammenhang mit dem nunmehr erfolgten Spruch des Gerichts
haben die Sparkassen bereits im Dezember 2004 beim Kartellgericht
einen Feststellungsantrag eingebracht, der die Zusammenarbeit
innerhalb der Sparkassengruppe im Rahmen des Haftungsverbundes unter
bestimmten Voraussetzungen als Zusammenschluss qualifizieren soll.
Konkret geht es um die Möglichkeit der Gestaltung einer
Zusatzvereinbarung, die von den 46 Haftungsverbundsparkassen mit der
Erste Bank abgeschlossen werden kann, womit aus Sicht der Sparkassen
alle kartellrechtlichen Voraussetzungen für einen Zusammenschluss
gegeben wären. "Wenn das Verfahren positiv ausgeht, kann in diesem
Fall die erfolgreiche Kooperation der Sparkassen uneingeschränkt
fortgesetzt und weiter intensiviert werden", so Ikrath.

Weitere Rechtsmittel werden geprüft

Die Bedenken des Kartellgerichtes bezüglich der Gewährleistung
eines wirksamen Risikomanagements im Haftungsverbund und der
erforderlichen Informationsflüsse von den Sparkassen zur Erste Bank
gelte es ernst zu nehmen. Es werde nun die Aufgabe von Erste Bank und
Sparkassen sein, nach einem gründlichen Studium der Details des 270
Seiten umfassenden Urteils die richtigen Konsequenzen zu ziehen und
die Informationsstrukturen innerhalb des Haftungsverbundes
gegebenenfalls neu einzurichten, damit sie den wettbewerbsrechtlichen
Erfordernissen einwandfrei entsprechen. Derzeit prüfen die Juristen,
ob die Erste Bank und Sparkassen Rechtsmittel einbringen werden und
ein weiterer Weg durch die Instanzen notwendig ist.

Rückfragehinweis:

Österreichischer Sparkassenverband, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
   Martin Hoffmann, Tel.: 05 0100 - 28426, Mobil: 05 0100 6 - 28426
    (österreichweit zum Ortstarif)
   mailto:martin.hoffmann@sv.sparkasse.at
   Diesen Text können Sie auch auf unserer Homepage unter 
   http://www.sparkasse.at  abrufen

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel