- 14.06.2006, 20:03:31
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"Kleine Zeitung" Kommentar: "George W. Bush weht in Europa ein kühler Wind entgegen" (von Ernst Heinrich)
Ausgabe vom 15.06.2006
Graz (OTS) - Dass George W. Bush in der kommenden Woche in Wien
nicht jubelnd empfangen wird - rund 80 Prozent der Österreicher
lehnen laut Umfrage ihn und seine Politik ab -, wird den
US-Präsidenten nicht sonderlich stören. Mit dem gemeinen Volk wird er
ohnedies keinerlei Kontakt haben.
Im Gegenteil. Der außerhalb der USA wohl meistgehasste Politiker der
Welt wird so hermetisch abgeschirmt, dass im weiten Umkreis um seine
Wiener Residenz, das Hotel Intercontinental, und die Hofburg, in der
er mit der Granden der europäischen Politik über die schwierigen
transatlantischen Beziehungen palavern wird, kein Normalsterblicher
näher als 500 Meter an den US-Präsidenten herankommt.
Das "Bad in der Menge" von Weltpolitikern ist eben ein Relikt aus
einer Zeit, in der es den Terror noch nicht als globales Problem gab
und in der Selbstmordattentate nur ein schauriges Kuriosum
japanischer Kriegsführung im Weltkrieg waren. George W. Bush wird das
"Bad in der Wiener Menge" nicht abgehen. Aber es wäre dem
US-Präsidenten wohl angenehmer, wenn er wenigstens von den
offiziellen Gastgebern in Wien mit offenen Armen begrüßt würde. Doch
damit wird sich sogar ein Wolfgang Schüssel schwer tun, obwohl er
kein heftiger Bush-Kritiker ist.
Denn selbst, wenn man als Europäer die Tatsache verdrängt, dass
dieser US-Präsident im Irak einen unnötigen Krieg vom Zaun gebrochen
hat, für den sich auch zwei Jahre nach seinem Beginn keine
Rechtfertigung finden lässt, bleiben zwei Reizthemen, die
mittlerweile sogar Buhs treuestem Fan in Europa, dem britische
Premier Tony Blair, Zornesröte ins Gesicht treiben: das Schandlager
von Guantanamo und die dubiosen CIA-Gefangenentransporte.
Als EU-Ratsvorsitzender wird Schüssel nicht umhin kommen, den
US-Präsidenten mit beidem zu konfrontieren. Das ist für Bush doppelt
unangenehm, weil das Lager auf Kuba nicht nur in Europa, sondern
zunehmend auch in den USA auf Ablehnung stößt.
Der einzige Trost für Amerikas Staatsoberhaupt in diesen schwierigen
Zeiten: Nach seinem Popularitätstief vor zwei Wochen, als nur noch 29
Prozent der US-Bürger mit ihm einverstanden waren, sind jetzt wieder
knapp 40 Prozent mit ihm zufrieden. Der Tod des irakischen
Ober-Terroristen Zarqawi und Bushs "mutiger" Kurz-Besuch im Irak
haben dies möglich gemacht.
Und so ein Punktesieg an der "Heimatfront" ist dem Präsidenten
zweifelsohne viel wichtiger als der kalte Wind der Ablehnung, der ihm
in Europa entgegenweht. ****
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