• 27.04.2006, 17:00:00
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Der politische Wochen-End-Kommentar von Univ.-Prof. Dr. Günther Burkert-Dottolo. Titel: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Vom großen Schweigen zum Kommunikationswunder (Günther Burkert-Dottolo)

Wien (OTS) - Tagelang hat man es uns eingebleut: Die Gewerkschaft
hat nichts mit der SPÖ zu tun. Jeder, der anderes behauptete, wurde
streng zurechtgewiesen. Schließlich sei der ÖGB überparteilicher
Interessensvertreter der Arbeitnehmer/innen und seine Funktionäre -
die gendergerechte Form kann man sich aufgrund der männlichen
Dominanz fast sparen - saßen ohne Wissen der SPÖ im Aufsichtsrat der
BAWAG. Zumindest der SPÖ-Vorsitzende dürfte davon nichts gewusst
haben (In solchen Funktionen wird einem ja doch nicht mehr alles über
die Wirklichkeit gesagt).
Sollte das der Wahrheit entsprechen, ist es für den Vorsitzenden der
SPÖ tatsächlich peinlich. Sollte er doch etwas gewusst haben, wird
das ja im Zuge der verschiedenen parlamentarischen und gerichtlichen
Verfahren noch geklärt werden.

Immerhin: Die strikte Trennung zwischen SPÖ und ÖGB galt fast eine
ganze Woche. Nach Ablöse von Verzetnitsch - Schweigen des
SPÖ-Vorsitzenden - , nach dem Rücktritt von Weninger - Schweigen des
SPÖ-Vorsitzenden, nach dem Rücktritt von Nürnberger - Schweigen des
SPÖ-Vorsitzenden. In der Zwischenzeit kamen sie: die interimistischen
Übergangslösungen. Ein Übergangspräsident, der sich plötzlich zum
nächsten ÖGB-Präsidentenkandidaten machte, ein Übergangsvorsitzender
der sozialistischen Gewerkschafter, der sich wenigstens dazu bekennt,
dass er sich schon auf die Pension freut. Der ÖGB im Übergang -
wohin? In die Pension?

Doch dann geschah das große Kommunikationswunder. Der
Schweige-Parteichef begann wieder zu sprechen - und wünschte sich den
Verkauf der BAWAG. Und jetzt sind auch die Bilder ins Laufen
gekommen, Gusenbauers Kommunikationsintervenierer Kalina sei Dank.
Der SPÖ-Vorsitzende, der noch vor einer Woche das Wort ÖGB kaum
aussprechen konnte, geschweige denn wusste, dass es dort auch
Sozialisten gab, ist plötzlich bei seinem Gang zur Neuwahl - recte
Neubestellung - des roten Fraktionsvorsitzenden im Fernsehen zu
sehen. In enger Zweisamkeit mit anderen Mitgliedern der Fraktion.
Doch der Wunder nicht genug: Schon am nächsten Tag zeigt sich der
SPÖ-Vorsitzende - leger auf der Parkbank im Grünen - sicher, dass die
vielen guten Funktionäre der sozialistischen Fraktion im nächsten
Wahlkampf für ihn laufen werden. So wie er dreinschaut, muss man ihm
das einfach glauben.

Der SPÖ-Vorsitzende hat also erkannt bzw. wurde es ihm deutlich
gemacht, was für ihn unangenehmer ist: eine Fraktion sozialistischer
Gewerkschafter, die ihm nicht in den Wahlkampf folgt oder eine
umschmeichelte Altfunktionärsschicht, die wenigstens für ihn Zettel
verteilen lässt. Einige wenige Tage konnte man hoffen, dass der
SPÖ-Vorsitzende die Gunst der Stunde nutzt und sich von der
Gewerkschaft emanzipiert. Das wäre demokratiepolitisch ein
Fortschritt gewesen - Vorbilder dafür gibt es in europäischen Ländern
durchaus. Das wäre aber auch der härtere, steinigere Weg gewesen. Da
ist es dann doch bequemer, der leichten Kritik die politische
Umarmung folgen zu lassen und sich wieder zu einem guten Tröpferl aus
der Toskana zurückzuziehen.

Rückfragehinweis:

Univ.- Prof. Dr. Günther Burkert-Dottolo
   Direktor und wissenschaftlicher Leiter der 
   Politischen Akademie der ÖVP
   Tel: 01 814 20 76
   Mail: direktion@modernpolitics.at
   www.modernpolitics.at

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