Wien (OTS) - Die KPÖ betrauert den Tod von Prive Friedjung, einer
Kommunistin, in deren Leben die Errungenschaften und Tragödien des
20. Jahrhunderts eingraviert waren, das aber selbst Spuren gelegt
hat, denen zu folgen ihre politischen und persönlichen FreundInnen
ein Anliegen bleibt.
"Eine Gesellschaft, die vier Fünftel verhungern läßt und deren ein
Fünftel einen Müllberg ihrer eigenen Wegwerfpolitik produziert, der
ihr schließlich über den Kopf wächst, hat ihr Lebensrecht verwirkt",
begründete Prive Friedjung in einem Interview, nach erscheinen ihres
Buches "Wir wollten nur das Paradies auf Erden" 1995, ihre
konsequente politische Haltung.
Prive Friedjung kam 1902 in einer streng gläubigen jüdischen
Familie als jüngste von zwölf Geschwistern in Zadowa bei Czernowitz
zur Welt. Im Ersten Weltkrieg floh die Familie vor den zaristischen
Truppen nach Oberösterreich, wo die Vierzehnjärige als
Fabriksarbeiterin überlebte. Nach dem Krieg kehrte sie zunächst in
ihre Heimat zurück. Die soziale Perspektivlosigkeit und politische
Verfolgung veranlaßten Prive 1924 nach Wien zu gehen, wo sie sich
bessere berufliche Chancen erwartete.
Ihr politisches Engagement - zuerst in einer linken zionistischen
Bewegung - führte sie schließlich in die Reihen der KommunistInnen.
Nach dem Verbot der KPÖ musste Friedjung 1934 in die Sowjetunion
emigrieren, wo sie zunächst Arbeit und Ausbildungsmöglichkeiten fand.
In diesen Jahren entstand ihre enge Beziehung zur russischen Sprache
und Literatur, die sie Zeit ihres Lebens nicht aufgab. Aber auch in
der Sowjetunion, der sie sich eng verbunden fühlte - sie nahm die
sowjetische Staatsbürgerschaft an -, holte sie der Krieg und der
stalinistische Terror ein. Sie überlebte den Krieg unter den
schwierigsten Bedingungen als alleinerziehende Mutter in Sibirien.
Auf Grund einer Initiative der KPÖ konnte Prive Friedjung 1947
nach Österreich zurückkehren. Nach 1968/69 trat Prive Friedjung aus
der KPÖ aus. Erst 1983 kam sie wieder in Kontakt mit AktivistInnen
der Partei, die in der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft aktiv
waren und die im Erdgeschoß von Prives Haus auf der Wieden ihr Lokal
hatten. Friedjung trat der KPÖ erneut bei. Noch in den 90er Jahren
schrieb Friedjung Artikel und beschäftigte sich mit den Klassikern
des Marxismus.
"Prive Friedjung hat Zeit ihres Lebens keine öffentlichen
Funktionen bekleidet, auch nicht in ihrer Partei. Aber sie wirkte
dank ihrer Persönlichkeit mit und durch ihren Freundeskreis auf viele
Menschen. Und in aller Bescheidenheit. Es sind solche Menschen, die
das beste unserer Bewegung verkörpern und auf die der Kommunismus der
Zukunft aufbauen wird", so Michael Graber von der KPÖ.
Buchtipp: Prive Friedjung: Wir wollten nur das Paradies auf Erden.
Die Erinnerungen einer jüdischen Kommunistin aus der Bukowina,
Böhlau, 1995
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