Schautafeln fanden großen Anklang bei Touristen, Schülern und Passanten
Wien (OTS) - "Die Pestsäule war auch während der Sanierung eine
Touristenattraktion ersten Ranges. Dafür sorgte die umfangreiche und
anschauliche Darstellung der Restaurierungsarbeiten, der Geschichte
der Säule und der Pest in Europa auf der Bautafel. Zahlreiche
Anfragen von Fremdenführern, interessierten Wienerinnen und Wienern,
Lehrern und Schülern belegen den Erfolg der aufwändigen Gestaltung
der Einhausung. Wir prüfen jetzt die Möglichkeit, im Umfeld des
Denkmals dauerhaft eine Tafel anzubringen, um die bewegte
Vergangenheit für Touristen und interessierte Wienerinnen und Wiener
sichtbar zu machen", erklärt Stadtrat Werner Faymann am Mittwoch.
"Nach der Restaurierung kommt die barocke Pracht der Pestsäule
wieder zur Geltung", freut sich Wiens Kulturstadtrat Andreas
Mailath-Pokorny. "Damit hat die Stadt einmal mehr ihre Verantwortung
für ihr kulturelles Erbe bewiesen. Denn die Pestsäule ist eines der
bedeutendsten Monumente in Wien und gilt als Initialwerk des Barock.
Aufgrund des großen Interesses an der Pestsäule ist daran gedacht,
eine Broschüre zu den kulturhistorischen Hintergründen und mit Fakten
zur Restaurierung herauszugeben."
Rund 8.400 Arbeitsstunden waren notwendig, um die Pestsäule in
neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Im Zuge der Sanierung wurden
fehlende Steinteile ergänzt, gefestigt und imprägniert, die
Metallteile gereinigt und ergänzt sowie neu vergoldet. Der
Blitzschutz und die Bleiabdeckungen wurden erneuert. Die
Restaurierung hält in etwa 30 Jahre.
Die Gesamtkosten der Restaurierung betrugen 360.000 Euro und
wurden zum Großteil vom Wiener Altstadterhaltungsfonds getragen.****
Die Aufgabe des Altstadterhaltungsfonds ist es, die historische
Stadtstruktur mit ihren zeittypischen Bauten zu erhalten. Allein im
Vorjahr hat der Fonds die Restaurierung von 78 Objekten beschlossen,
darunter einer Reihe von Sakralbauten, wie der Mariahilfer,
Altmannsdorfer und Donaufelder Pfarrkirche, der Sisi-Kapelle sowie
Stephansdom und Karlskirche.
Die Sanierung wurde von der MA 34 - Bau- und Gebäudemanagement
in Zusammenarbeit mit der MA 7 - Kultur und dem Bundesdenkmalamt
durchgeführt. Mit den Arbeiten beauftragt war der akademische
Bildhauer und Restaurator Klaus Wedenig. Die MA 34 selbst war für die
Planung, Ausschreibung, Abrechnung, örtliche Bauabwicklung sowie für
die Umplanung und Abstimmung der Arbeiten mit dem Bundesdenkmalamt
verantwortlich. Die MA 34 Bau- und Gebäudemanagement investiert pro
Jahr 21 Millionen Euro in die Sanierung von Objekten, die der Stadt
Wien selbst gehören und trägt damit maßgeblich zur Verschönerung des
Stadtbildes bei.
Säule zur Pestabwehr
Die Pestsäule am Graben erinnert heute noch an die größte
Pestepidemie, die Wien je erlebt hat: Im Jahr 1679 forderte diese
Seuche so viele Menschenleben wie nie zuvor. Kaiser Leopold I.
versprach, der Stadt eine Säule zu stiften, sollte die grassierende
Pest aus Wien weichen - was schließlich noch 1679 auch geschah.
Die "Dreifaltigkeitssäule" - so ihr offizieller Name - wurde
noch im selben Jahr als Holzprovisorium errichtet und blieb für die
folgenden 13 Jahre so bestehen. 1687 wurde der Grundstein zur
heutigen Skulptur gelegt, die am Dreifaltigkeitstag 1693 eingeweiht
wurde. Den Auftrag zur Gestaltung der Säule führte zunächst der
Elfenbeinschnitzer und Maler Matthias Rauchmiller aus, der jedoch
1686 verstarb. Vollendet und leicht verändert wurde der Sockel dann
vom damaligen Wiener "Stararchitekten" Johann Bernhard Fischer von
Erlach. Heute erhebt sich über einem massiven Sockel ein
zweistöckiger Unterbau, den Wappen aus Österreich, Ungarn und Böhmen
zieren. Darüber "schwebt" eine sich nach oben verjüngende Wolke, die
ihrerseits von der heiligen Dreifaltigkeit gekrönt wird.
Die Pestsäule am Graben in Wien - Ein barockes Monument zum
Dank
Den Grundstein zur heutigen Pestsäule legte Kaiser Leopold I. am
30.Juli 1687 an derselben Stelle, an der sich bereits die vorherige
hölzerne Dreifaltigkeitssäule befunden hatte. Die Geldmittel waren
knapp: Nach der verheerenden Seuche 1679 stand nur vier Jahre später
der Großwesir Kara Mustafa mit seinem osmanischem Heer vor den Toren
Wiens. Die Belagerung konnte abgewehrt werden, doch die Verluste
waren enorm. Ein komplizierter Finanzierungsplan sicherte nun eine
kontinuierliche Weiterarbeit an der Pestsäule. Der Kaiser selbst trat
als Stifter auf und stellte größere Summen zur Verfügung, aber auch
Mautgebühren und Opfergelder wurden zum Bau herangezogen.
Nach diesen überstanden Katastrophen entwickelte sich die
kaiserliche Residenzstadt zu einem Anziehungspunkt für junge,
ehrgeizige Künstler. Von ihnen kamen innovative Impulse für eine
Neugestaltung der Pestsäule. Der Architekt Johann Bernhard Fischer
von Erlach (1656 - 1697), der später in Wien mit Aufträgen überhäuft
wurde, griff entscheidend mit seinen Bildideen ein. Er erhob die
Forderung nach etwas "Ungemeinen" - also nach etwas Ungewöhnlichem.
Nach seinen Vorstellungen sollte das Podest nicht nur einfach als
Standfläche für die neun Engel dienen, sondern vielmehr ein
selbstständiges Element der Architektur bilden, ausgestattet mit
zwölf Reliefs nach seinen eigenen Entwürfen.
Vehement wandte sich Fischer von Erlach gegen die Aufstellung
einer Säule, da sie seiner Meinung schon überall auf den Dörfern zu
sehen waren. Auch sollte nach seinen Vorschlägen die Trinität nicht
mehr als "Gnadenstuhl" dargestellt, sondern durch eine neue Form der
Versinnbildlichung ersetzt werden. Der bereits in kaiserlichen
Diensten stehende Theateringenieur und Architekt Ludovico Burnacini
(1636-1707) übernahm die Umgestaltung der Säule: Nach mehreren
Entwürfen, die sich zum Teil erhalten haben, entwickelte er eine
Wolkenpyramide, auf die er neun Engel aufstellen konnte.
Einen großen Anteil an der Ausführung des neuen Monuments kommt
dem Bildhauer Paul Strudel (1648-1708) zu. Er setzte nicht nur
kongenial die Entwürfe in ihre plastische Realisierung um, sondern
von ihm stammen unter anderem die Figur des knienden Kaisers und die
darunter angebrachte Gruppe "Der Glaube besiegt die Pest". Strudel
fertigte auch das Holzmodell für die "Heilige Dreifaltigkeit" an,
nach dem der Augsburger Johann Baptist Kilian (1623-1697) die
Bekrönung in Kupfer mit Feuervergoldung ausführte.
Viele Künstler und Handwerker wirkten bei der Pestsäule mit und
schufen trotz Vielfalt ein einheitlich wirkendes, einzigartiges
Monument, das den neuen religiösen Gefühlen der Zeit des Hochbarocks
entsprach. Auf dem geschäftigsten Platz - am Graben in der Mitte der
kaiserlichen Residenzstadt - mit seiner stattlichen Höhe von über 18
Metern aufgestellt, galt und gilt es auch noch heute als ein
besonderes Zeichen im öffentlichen Raum. Feierlich eingeweiht wurde
die Pestsäule aus weißem Marmor am 29. Oktober 1693, ihre
Fertigstellung erfolgte allerdings erst ein Jahr später. Sie wurde in
den nächsten Jahrzehnten zum Vorbild vieler Dreifaltigkeitssäulen in
den ehemaligen habsburgischen Ländern.
Eine "Ehrensäule" zur Pestabwehr
Die Pestsäule am Graben erinnert heute an die größte
Pestepidemie, die je in Wien aufgetreten ist: Im Jahr 1679 forderte
diese Seuche so viele tausende Menschenleben wie nie zuvor. Besonders
während des heißen Sommers stieg die Anzahl der Erkrankten und Toten,
so dass ein tödlicher Schrecken die Menschen in der Stadt erfasste.
In dieser Katastrophenstimmung wurde von der Wiener Bürgerschaft und
einer religiösen Bruderschaft eine Pestsäule geplant, um öffentlich
zu Ehren der "Heiligen Dreifaltigkeit" und der "Neun Chöre der Engel"
Predigten und Litaneien zur Abwendung der Pest veranstalten zu
können. Vorerst sollte diese "Ehrensäule" auf dem damaligen Friedhof
der Peterskirche errichtet werden, bekam aber dann "an dem
vornehmsten am Graben genannte Platz der Stadt" zwischen den beiden
Brunnen ihren Standort.
Die Zeit drängte: Eine Pestsäule aus Holz wurde deshalb
vorgesehen. Der Bildhauer Johann Frühwirt (1640-1701) erhielt den
Auftrag. Er folgte bei seinem Entwurf dem traditionellen Aufbau
solcher Gedenksäulen, bei denen die Darstellung der"Allerheiligsten
Dreifaltigkeit" als "Gnadenstuhl" gestaltet war. Dieser Bildtypus -
bei dem Gottvater den gekreuzigten Christus in seinen Armen hält -
galt seit dem Mittelalter als besonderer Schutz gegen die Pestgefahr.
Als Ausgangspunkt dieser in Österreich so verbreiteten
Dreifaltigkeitsverehrung gilt die Kirche am Sonntagsberg bei
Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich. Das Motiv "Neun Chöre der
Engel" gestaltete Frühwirt, indem er neun große Engel auf ein Podest
rund um die korinthische Säule gruppierte.
Die hölzerne Vorgängerin der heutigen Pestsäule wurde am 27.
Oktober 1679 - während die Pest in Wien wütete - aufgestellt. Männer
in Büßerkleidung, das Gesicht durch hohe Kapuzen verdeckt, schleppten
vom Rathaus die Skulpturen zum Platz am Graben. Zwei Tage später fand
die feierliche Einweihung durch den Abt des Schottenstiftes statt.
Von nun an bildete diese Ehrensäule eine Anlaufstelle für
volkstümliche Frömmigkeit. Nach dem Erlöschen der Pest fand dann am
17.Juni 1680 ein großes Dankfest bei der Säule statt - veranstaltet
von den niederösterreichischen Landständen -, bei dem der
Augustinerpater Abraham a Sancta Clara eine seine berühmte Predigt
"Danck und Denckzahl" hielt.
Kaiser Leopold I. hatte allerdings bereits während der Pestzeit,
und zwar am 18. Oktober 1679, ein Gelübde abgelegt, ein prächtiges
Denkmal aus Marmor zu stiften. Der anfängliche Plan, die hölzerne
Dreifaltigkeitssäule unverändert in Stein umzusetzen, wurde bald
aufgegeben. Vermutlich erst 1682, nach einem neuerlichen Gelöbnis des
Kaisers, wurde von kaiserlichen Beamten ein Modell bei dem Bildhauer
und Maler Matthias Rauchmiller bestellt und die Beschaffung der
Marmorsteine aus Salzburg eingeleitet. Rauchmiller starb während
seiner Arbeit im Jahre 1686. In seinem Nachlass befand sich bereits
das dreiflügelige Podest für die Säule und drei überlebensgroße
Engel, die heute noch auf der Pestsäule zu finden sind.
Die Wiener Pestsäule und ihre Symbolik
Der architektonische Aufbau der Pestsäule folgt einer
Zahlensymbolik, die durch die "Drei" bestimmt wird. Alle ihre
Figuren, Wappen und Inschriften stehen in Verbindung mit dem
Grundgedanken der Dreieinigkeit, der Heiligen Dreifaltigkeit, zu
deren Ehren dieses Monument geschaffen wurde. Eine Dreiheit der
Götter lässt sich in vielen Religionen der Menschheitsgeschichte
nachweisen. Das christliche Glaubensgeheimnis der Heiligen
Dreifaltigkeit erfährt vor allem in der Kunst des Barocks die
bildhafte Umsetzung als Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger
Geist, der meist als weiße Taube über beiden göttlichen Personen
schwebt.
Das Denkmal weist eine Struktur von drei Ebenen auf: Mensch,
Engel und Gott. Die Welt des Menschen symbolisiert der Sockel, der
wiederum nach der Dreizahl in Flügel geteilt ist und von denen jeder
einer der Drei Göttlichen Personen entspricht. An der Vorderfront der
Pestsäule, also an der der Schauseite kniet an prominenter Stelle der
Stifter der Säule - Kaiser Leopold I. im Prunkharnisch - zwischen dem
hervorragenden "Gott-Vater-Flügel( links) und dem "Gott-Sohn-Flügel"
(rechts). Unterhalb dieser Gebetsszene befindet sich im Bereich der
Sockelebene eine größere Gruppe von Marmorfiguren: Der Glaube,
dargestellt als engelhaftes Wesen mit dem Kreuz in der Hand, stürzt
mit Hilfe eines Engels mit einer Fackel die Pest - ein wahres
Scheusal mit wirren Haaren und ausgetrockneten Brüsten - in den
Abgrund.
Die großen, von Johann Bernhard Fischer von Erlach entworfenen
zwölf Reliefs am Sockel folgen ebenfalls der dem ganzen Bau zugrunde
liegenden dreigliedrigen Komposition. Zwei mal drei Reliefs zeigen
biblisches Heilsgeschehen und Gott als strafendes wie auch
gnadenvolles Wesen; darüber sind zwei mal drei Reliefs mit Emblemen
angebracht. Die Bildauffassungen der zwölf Reliefs folgten einem
theologisch-historische Programm, das der Jesuitenpater Franz
Menegatti konzipiert hatte. Die Pest wird im barocken Denken als
Strafe Gottes gedeutet, die nur durch Gebete und durch den Glauben an
den dreieinigen Gott des Menschen aufgehoben werden kann. Auf drei
bronzenen Schriftrollen, die geöffnet an den drei Seiten des Denkmals
herabhängen, sind in lateinischer Sprache ein Bitt-, ein Lob- und ein
Dankgebet aufgeschrieben.
Ebenfalls auf dem Sockel sind drei auffallende Wappen
angebracht, die das Programm der neu entstehenden Großmacht
Österreichs demonstrieren: Das große Wappen des Hauses Österreichs
mit der Kaiserkrone Rudolfs II., das Wappen Ungarns mit der
Stephanskrone und das Wappen Böhmens mit der Wenzelskrone. Der
Vielvölkerstaat Österreich sollte eine Einheit in der Vielheit
bilden.
Aus diesem mit vielen Sinnbildern befrachteten Sockel steigt
eine dreieckige Pyramide mit einer Wolkenspirale als Sinnbild für das
"Wachsen zu Gott" empor. In dieser Mittelsphäre zwischen "unten und
oben" sitzen beziehungsweise stehen neun überlebensgroße mächtige
Engel, die verschiedene Embleme tragen wie Szepter und Krone, Lanze,
Schild, Herzogshut, Buch, Schriftrolle, Fackel, Laute und Posaune. Im
oberen Teil tummeln sich in den Wolken kleine dicke Engel, teilweise
schauen Cherubköpfchen heraus. In höchster Höhe thronen, in Feuer
vergoldetem Kupfer ausgeführt, die Drei Göttlichen Personen der
Trinität im Strahlenkranz. Wie ein barockes Musikstück in seiner
Überfülle präsentiert sich die gesamte Pestsäule - aber bis in das
kleinste Detail durchkomponiert und gedanklich vernetzt.
Zur Geschichte des Grabens in Wien
Seit vielen Jahrhunderten bildet der Graben das
gesellschaftliche Zentrum von Wien. Er befindet sich in unmittelbarer
Nähe zur Domkirche St.Stephan, die als kirchlicher Stadtmittelpunkt
eine Art Gegenstück zum quirligen Leben am Graben darstellt. Der
Graben liegt aber auch - und damit lässt sich seine besondere
Bedeutsamkeit in der Geschichte der Stadt Wien erklären - auf der
wichtigen Achse zwischen Dom und kaiserlichen Hofburg, also zwischen
kirchlicher und weltlicher Macht.
Alle Festzüge führten in der Residenzstadt Wien von der Hofburg
über den Kohlmarkt und Graben als eine Art "via triumphalis" zum Dom
und wieder zurück. So entwickelte sich der Graben zu einem wichtigen
Schauplatz für weltliche wie auch kirchliche Feste, ob es sich nun um
prunkvolle Umzüge der Herrscher oder feierliche
Fronleichnamsprozessionen handelte.
Als Platz besteht der Graben seit ungefähr 800 Jahren, vorher
war er der Stadtgraben des ältesten Wien. Um 1200 wurde nämlich im
Zuge einer großzügigen Stadterweiterung dieser Festungsgraben, der
schon während der Römerzeit den Lagergraben für das Kastell Vindobona
gebildet hatte, zugeschüttet. Die alte Bezeichnung "Am Graben" blieb
aber weiterhin erhalten.
Schon seit seiner frühesten Zeit wurde der Graben als Marktplatz
verwendet. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte das Angebot: In der
Zeit um 1300 wird der Gaben als Milchmarkt erwähnt, zwanzig Jahre
später wird von Krauthändlern am Graben berichtet, aber auch
Fleischbänke, Brotläden u.s.w. waren am Graben aufgestellt. Später
nahm er allerdings den zentralen Gemüsemarkt auf; dieser "Grüne
Markt" bestand bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Ebenfalls bis
zu dieser Zeit fand jedes Jahr vor Weihnachten ein Krippen - und
Christkindlmarkt auf dem Graben statt. In der Barockzeit trat
allmählich eine Veränderung ein: Der Graben stieg auf zum bevorzugten
Festplatz, und in der Folge wurde das Marktwesen immer mehr
verdrängt. Durch seine längliche und geschlossene Form eignete er
sich besonders für Schaustellungen und Festivitäten. Bei den
Erbhuldigungszügen des Hofes wurden prunkvolle Ehrengerüste
aufgestellt, von denen dann "allerhand Gebratenes" in die versammelte
Bevölkerung geworfen wurde, während aus den beiden Grabenbrunnen
roter und weißer Wein floss.
Mitten auf diesem Platz, der als Synonym für heitere Festfreude,
gesellschaftliches Treiben, aber auch eitles sich zur Schaustellen
und Geschäftigkeit gelten konnte, wurde während der schwersten
Pestepidemie in Wien im Jahre 1679 eine Dreifaltigkeitssäule als
Pestsäule vorerst aus Holz aufgestellt. Einige Jahre später
errichteten dann hervorragende Künstler die heute noch am originalen
Standplatz stehende Pestsäule aus Marmor - als Transformation der
grausamen Wirklichkeit des Jahres 1679 und als ein mächtiges Zeugnis
zur Erinnerung für künftige Generationen.
Die Pest in Wien 1679
Bereits im Dezember des Jahres 1678 traten in der damaligen
Vorstadt "Leopoldstadt" die ersten Pestfälle auf, die aber von den
Behörden vertuscht und bagatellisiert wurden. Die Seuche breitete
sich rasch in weiteren Vorstädten aus, die außerhalb der kaiserlichen
Residenzstadt lagen. Die ärmeren Bevölkerungsschichten gehörten also
zu ihren ersten Opfern. Obwohl die Zahl der Todesfälle von Monat zu
Monat stieg, blieben alle Warnungen und Kritiken des Pestarztes Paul
de Sorbait an der unzulänglichen Situation des Sanitätswesens und der
Hygiene ungehört.
Der engagierte Mediziner hatte bereits im Jänner 1679 eine
"Pest-Ordnung" herausgegeben, die umfangreiche Maßnahmen zum Schutz
der Bevölkerung bei einem Ausbruch der Seuche vorsah. In dieser
Pest-Ordnung beschrieb Paul de Sorbait das damalige Wissen über die
Krankheit und schilderte sie: " auch den mehreren Teil derjenigen,
so es ergriffen, mit Beulen, Drüsen, Dippel-Zeichen oder mit
Carfunkeln, braunen und schwartzen Flecken und Kohl, Zündt Blattern
neben großer inwendiger Hitz ansteckt und inner wenig Tagen oder
Stunden tödlich hinricht".
Im Juli des gleichen Jahres übersprang der "Pestilenzfunken" die
Stadtmauer: Ein furchtbares und großes Sterben begann innerhalb der
Stadt Wien. Ein Chronist berichtete: "Endlich nahm sie (=die
Pest)sich aber die Keckheit, drang in die Stadt selbst hinein und
verursachte eine erschreckende Niederlage unter den Reichen und
vornehmsten Adel in den Palästen und prächtigsten Gebäuden…Da sahe
man gantze Wägen voll der Edlen und Unedlen, Armen und Reichen,
Jungen und Alten beiderlei Geschlechts, durch alle Gässen zum Thor
hinausführen".
Die Menschen in der Stadt waren voll Entsetzen und in Panik: Die
Leichen lagen oft tagelang auf der Straße, denn es fehlte an
Siechenknechten und Totengräbern. Schnell entlassene Häftlinge
übernahmen dann diese Dienste. Statt Einzelbestattungen wurden große
Gruben außerhalb der Stadt angelegt, um die Verstorbenen in
Massengräbern unterzubringen. Wer es sich leisten konnte, flüchtete
aus der Stadt. Kaiser Leopold I. verließ mit seiner Familie am 17.
August Wien. Er begab sich zuerst auf eine Wallfahrt nach Mariazell
und flüchtete dann weiter nach Prag. Als dort ebenfalls die Pest
ausbrach, zog er sich nach Linz zurück, wo er bis zum endgültigen
Erlöschen der Seuche im Jahr 1680 blieb.
Die genaue Zahl der im Jahr 1679 an Pest in Wien verstorbenen
Menschen wird sich wohl niemals ermitteln lassen. Die gigantischen
Sterbeziffern zeitgenössischer Berichte, die zwischen 70.000 und
120.000 Toten schwanken, lassen sich aus den noch erhaltenen
Totenschauprotokollen nicht belegen. Nach diesen Eintragungen wären
ungefähr 8.000 Einwohner der Seuche erlegen. Doch ist fraglich, ob in
dem herrschenden Wirrwarr alle Todesfälle den Beschauärzten überhaupt
gemeldet wurden und wie viele auf der Flucht starben.
Das große Sterben - Die Pest oder der "Schwarze Tod" in Europa
Die Pest gehört zu den schweren, akuten bakteriellen
Infektionskrankheiten, die heute schon im Verdachtsfall
meldepflichtig sind. Erst vor etwas über 100 Jahren setzte die
moderne Pestforschung anlässlich der Pestepidemien in Hongkong und
Indien ein: Der Schweizer Tropenarzt Alexander Yersin entdeckte 1894
den Erreger der Pest: Der Bazillus erhielt nach diesem Forscher den
Namen " Yersina pestis". Schon damals erkannte die Wissenschaft die
Rolle gewisser Nagetiere bei der Entstehung von Pestepidemien und die
Beteiligung des Rattenflohs beziehungsweise Menschenflohs als
Möglichkeiten der Übertragung der Pest auf den Menschen.
Seit dem Altertum war die Pest eine der schwersten und
häufigsten Epidemien. Allerdings bezeichnete man lange Zeit auch
andere Seuchen als Pest wie zum Beispiel die Pocken oder die Ruhr, da
sie ebenfalls mit hoher Sterblichkeit verbunden waren. Der Begriff
"Pest" bedeutete aber im übertragenen Sinn auch Unglück und
Verderben. Das Wort wurde daher in der Vergangenheit möglichst
vermieden, und die Geschichtsschreiber versuchten es mit anderen
Worten auszudrücken wie " leidige Seuche", "hitziges Fieber" oder
"Kontagion" (=Ansteckung, Infektion).
In den Jahren 1348 bis 1352 wurde Europa von der schwersten
Pestepidemie der Geschichte überrollt. Die Seuche, die sich zur
Lungenpest entwickelte, vernichtete ein Drittel der der damaligen
Bevölkerung. Nach den Schätzungen waren somit rund 25 Millionen
Menschen dem "Schwarzen Tod" zum Opfer gefallen. Die Lungenpest wurde
nicht durch Flohbisse - wie die Beulenpest - , sondern durch
hochinfektiöse bazillenhaltige Tröpfchen mit Husten und Niesen von
Mensch zu Mensch übertragen. In Wien erreichte diese Pestepidemie im
Jahr 1349 ihren Höhepunkt.
In den nächsten 400 Jahren folgten in unregelmäßigen Abständen
immer neue Pestepidemien und verbreiteten Angst, Schrecken und Tod.
Wirksame Medikamente fehlten, und da die Seuche als Gottesstrafe von
der katholischen Kirche ausgelegt wurde, stellte sich die Bevölkerung
unter dem Schutz vieler Pestheiligen, der Heiligen Dreifaltigkeit
oder der Muttergottes Maria. Eindrucksvolle Zeugnisse dieser
Bemühungen sind noch heute Kirchen und Kapellen, Pestaltäre,
Pestkreuze und Pestsäulen. Die Verehrung der Heiligen Dreifaltigkeit
wurde in den Notzeiten des 17. Jahrhunderts besonders durch neu
gegründete religiöse Bruderschaften verbreitet - so wurde auch in
Wien im Jahre 1679 eine Dreifaltigkeitssäule - die Pestsäule am
Graben - errichtet. Als Denkmal der letzten Pest in Wien im Jahre
1713 erinnert heute die Karlskirche, die allerdings dem Pestheiligen
Karl Borromäus gewidmet ist.
Als medizinische Maßnahmen gegen eine Pesterkrankung empfahlen
die Ärzte Schwitzkuren, Aderlässe, Kauen von Wacholderbeeren oder
Angelikawurzeln, aber auch die Verabreichung von Theriak, einem
beliebten Arzneimittel des Mittelalters. Häufig werden Knoblauch,
Lorbeer, Weinraute und ein Gemisch aus Schwefelpulver bei den
Verschreibungen angeführt. Die Rezepte unterscheiden sich allerdings,
ob sie für arme oder reiche Pestpatienten eingesetzt werden. Eine der
wenigen wirksamen ärztlichen Hilfen war die Öffnung der Beulen
(Bubonen) zum Abfließen des Eiters, die auch die Erkrankten als
Wohltat empfanden. Als Wunderarznei galt das Auflegen einer in Essig
oder Wein gelegten aufgespießten Kröte auf die Beulen. Solchen
präparierten Kröten wurden auch noch während der Pest im Jahr 1679 in
Wien große Heilkraft nachgesagt.
Zitate: Aus der Wiener "Pest-Ordnung" des Pestarztes Paul de Sorbait, 1679
"...nachdem die Erfahrung mit sich bringt, dass Sauberkeit ein
sonderbar nützlich und notwendiges Mittel ist, sowohl die Einreissung
der Infektion zu verhüten, als auch dieselbe abzuwenden:
Herentwegen(=Deshalb) die Unsauberkeit solches Übel verursacht und
erhaltet. So ist Unserer ernstlicher Befehl, dass Erstens kein Blut,
Ein`geweide, Köpfe und Beiner von dem abgetöteten Vieh, noch auch
Kraut-Blätter, Krebs, Schnecken, Eyerschallen oder anderen Unflat
(=Abfall, Mist) auf denen Gassen und Plätzen ausgegossen: Ingleichen
keine todte Hund, Katzen oder Geflügel auf die Gassen geworfen,
sondern ein und anders vor die Stadt hinausgetragen werden..."
Aus "Mercks Wienn" von Prediger Abraham a Sancta Clara, 1680
"Summa es ist keine Gassen noch Straßen...welche der rasende Tod
nicht hätte durchstrichen. Man sah den ganzen Monat um Wien und in
Wien nichts als Tote tragen, Tote führen, Tote schleifen, Tote
begraben...."
"Worvon die Pest verursacht werde...so weiß ich doch/ dass
dieser giftige Pfeil (=Pestseuche) mehristen Theil (=zum größten
Teil) von der Hand Gottes abgetruckt (=abgeschossen) wird / wie
dessen vielfältige Zeugnis die göttliche Schrift (=Bibel) belegt. Auß
welchem augenscheinlich kundbar und offenbar / dass die Pestilenz
eine Ruthen (=Rute) seye / so die obere Hand Gottes flechtet...so
traue ich doch wenigst den Baum zu zeigen / worvon Gott die Ruthe
flechtet. Dieser Baum ist die Sünde"."
o Lied des lieben Augustins
Oh du lieber Augustin
S' Geld ist hin, d' Freud ist hin,
Oh du lieber Augustin,
Alles ist hin!
Ach und selbst das reiche Wien
Arm jetzt wie Augustin
Seufzt mit mir in gleichem Sinn
Alles ist hin!
Jeden Tag war sonst ein Fest,
Und was jetzt? Pest, die Pest!
Nur ein großes Leichennest,
Das ist der Rest!
Oh du lieber Augustin,
Leg nur ins Grab dich hin,
Ach du mein liebes Wien
Alles ist hin!
rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/ma53/rkfoto/
(Schluss) rar
Rückfragehinweis:
PID-Rathauskorrespondenz: http://www.wien.at/vtx/vtx-rk-xlink/ Thomas Landgraf Tel.: 4000/81 983 mailto:lan@gws.magwien.gv.at Dr. Renate Rapf Tel.: 4000/81 175 mailto:rap@gku.magwien.gv.at
OTS-ORIGINALTEXT UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | NRK