- 23.09.2005, 08:16:07
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Essstörungen: Eine europäische Perspektive
Innsbruck (OTS) - Zwei internationale Kongresse zum Thema
Essstörungen fanden vom 5.-9. September in Innsbruck statt: Der heuer
zum 13. Mal stattfindende Kongress Essstörungen von Netzwerk
Essstörungen, ÖGES, und der Medizinuni Innsbruck mit Schwerpunkt auf
körperorientierte Therapien, Essstörungen bei Männern und die Folgen
von Essstörungen auf die Fortpflanzung leitete über zu ECED Innsbruck
2005, dem 9th General Meeting des European Council on Eating
Disorders (ECED), dem größten europäischen Kongress zu Essstörungen,
der erstmals im deutschsprachigen Raum abgehalten wurde. Beide
Kongresse fanden unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof.
Günther Rathner, Psychotherapeut an der Univ.Klinik für Medizinische
Psychologie und Psychotherapie der Medizinuni Innsbruck, Präsident
der österreichischen Gesellschaft für Essstörungen (ÖGES) und Obmann
des Netzwerks Essstörungen statt.
Kongress Essstörungen 2005: Für Betroffene, Angehörige und
ExpertInnen
Der jährliche Kongress Essstörungen ist die größte derartige
Veranstaltung im deutschsprachigen Raum: Im Mittelpunkt standen
körperorientierte Therapien. Die meisten Patientinnen haben ein sehr
negatives Bild ihres Körpers. Die körperorientierte Therapie versucht
mit verschiedenen Interventionen diese Wahrnehmung "aufzuweichen" und
die Patientinnen zu einer neuen Selbstwahrnehmung zu führen.
Angewandt werden diese Methoden sowohl bei Anorexia nervosa als auch
bei Bulimia (Ess-Brechsucht), Binge Eating Disorder (Störung mit
Essanfällen), aber auch bei Adipositas (Fettleibigkeit), die keine
psychische Störung, also auch keine Essstörung ist.
Untersuchungen über die Häufigkeit von Essstörungen, über das
Essverhalten von Kindern aller Gewichtsklassen und die
Körperunzufriedenheit von Frauen zeigten das erschreckende Ausmaß der
Sorge um Gewicht und Körperform in unserer gewichtsphobischen
Gesellschaft.
ECED Innsbruck 2005
Der gesellschaftliche Stellenwert des Essens und dessen Regeln
haben sich verändert, was die Entwicklung von Essstörungen
begünstigt: Einerseits die fortschreitende Individualisierung, weg
vom gemeinsamen Essen hin zur individuellen Auswahl in der
Nahrungsaufnahme, andererseits die veränderte Einstellung zum Körper.
Galt der Körper bis ins frühe 20. Jahrhundert als gegeben ("Wir haben
einen Körper, sind aber auch Körper"), so gilt er heute als etwas
individuell Formbares, von dem nicht nur Schlankheit, sondern auch
Jugend, Fitness und jederzeitige Verfügbarkeit verlangt werden. Der
Körper wird zum Schlachtfeld (im wahrsten Sinne des Wortes) für die
Lösung persönlicher und sozialer Probleme. Wir sollten uns von der
Illusion der unendlichen medizinisch-technologischen Formbarkeit des
menschlichen Körpers und der Verleugnung des Alterns und des Todes
verabschieden.
Die ECED Konferenz war - anders als übliche Kongresse - um drei
Debatten zu provokanten Statements angeordnet ("The treatment of AN
has no impact on the natural history of the disorder." "Manualized
treatments are to good therapy what cheap ready to wear clothes are
to made-to-measure clothes." "DSM and ICD should include obesity as
an eating disorder."). Dies sorgte für rege Diskussionen unter den
200 Delegierten aus 28 Ländern, darunter fast alle europäischen
Länder, Israel, Japan, Neuseeland, Kanada und den USA. Erstmals auf
einem ECED Meeting wurden Selbsthilfe-Organisationen für Betroffene
und Angehörige aus verschiedenen europäischen Ländern, die 12
europäischen wissenschaftlichen Gesellschaften für Essstörungen sowie
die sieben derzeit in Europa existierenden Spezialausbildungen für
die Behandlung von Essstörungen vorgestellt.
Insgesamt besuchten um die 450 Personen die beiden Kongresse. Der
jährliche Internationale Kongress Essstörungen findet nächsten Herbst
wieder in Tirol statt.
Links:
www.eced-innsbruck2005.at
www.netzwerk-essstoerungen.at
www.oeges.or.at
Rückfragehinweis:
Univ.-Prof. Dr. Günther Rathner
Medizinische Universität Innsbruck
Schöpfstraße 23, 6020 Innsbruck
mailto:guenther.rathner@uibk.ac.at
Tel.: +43-664-39 66 700
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