- 15.09.2005, 11:30:28
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Callgirls versus Frauenhändler
Offener Brief des Frauennetzwerks Medien zur Berichterstattung über minderjährige Callgirls und ihre Kunden
Wien (OTS) - Mit großem Interesse verfolgen wir - Journalistinnen
und Medienfrauen des Frauennetzwerk Medien - die Berichterstattung
über einen in Wien tätigen Frauenhändler-Ring, der als
"Escort-Service" bewusst minderjährige Frauen an betuchte Kunden
verkauft.
Wir halten vor allem die Tatsache, dass die Freier, die
wissentlich Sex mit Minderjährigen hatten, bisher nicht gerichtlich
belangt wurden, für einen veritablen Justizskandal. Wir sind froh,
dass diese Aktivitäten durch Florian Klenk im "Falter" aufgedeckt
wurden und hoffen, dass die jetzt eingeleiteten Verfahren die
Verantwortung der Kunden berücksichtigt und öffentlich macht.
Eine sprachliche Ungenauigkeit in der folgenden Berichterstattung
in vielen Medien hat uns jedoch irritiert, die das
Täter-Opfer-Verhältnis unterschwellig umkehrt. Die Geschichte läuft
häufig unter dem Titel "Callgirl-Ring". Diese Bezeichnung ist analog
zu Begriffen wie Falschgeld-Ring, Drogen-Ring, Schlepper-Ring etc
gebildet, die jeweils den strafbaren Tatbestand oder die Täter
definieren. Ist also im Zusammenhang mit dem Skandal von einem
"Callgirl-Ring" die Rede, werden sprachlich die Frauen als Täterinnen
definiert.
Wir ersuchen daher alle Kolleginnen und Kollegen, in Ihrer
Begriffswahl die tatsächlichen Verhältnisse wiederzugeben. Im Zentrum
des Skandals steht ein Frauenhändler-Ring: die Händler machen das
Geschäft und haben sich strafbarer Handlungen schuldig gemacht,
möglicherweise auch die Kunden. Nicht aber die jungen Frauen, die
meist unter falschen Angaben nach Österreich gelockt und in eine
Zwangslage gebracht wurden.
PS: Das Frauennetzwerk Medien ist ein überparteilicher Verein.
Unsere Aktivitäten zielen auch darauf ab, die Anliegen von Frauen in
der Öffentlichkeit stärker zu thematisieren. Dabei spielt das Bemühen
um Sprachbewusstsein und sprachliche Sensibilität eine große Rolle.
In diesem Zusammenhang vergeben wir jährlich zwei Preise: Die "Spitze
Feder" als Auszeichnung für herausragende journalistische Arbeit zu
Frauenthemen und das "Handtaschl" als ironischen Preis für besondere
Frauenfeindlichkeit.
Rückfragehinweis:
Irmgard Schmidmaier
Tel./Fax: (0043) 01-796 82 35
Mobil: (0043) 0699-11762845
mailto:irmgard.schmidmaier@chello.at
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