• 23.06.2005, 17:16:54
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SOZIALAUSSCHUSS BESCHLIESST UMSETZUNG DER ENTSENDERICHTLINIE FPÖ unterstützt Abänderungsantrag der Sozialdemokraten

Wien (PK) - Die Mitglieder des Sozialausschusses mussten sich im
Verlauf der Sitzung noch mit zahlreichen weiteren Vorlagen, wie
zum Beispiel der - einstimmig angenommenen - Änderung des
Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes befassen. Für Überraschung hat
dabei gesorgt, dass ein von der SPÖ eingebrachter
Abänderungsantrag, wonach das Gesetz auch für Bund, Länder und
Gemeinden gelten sollte, nicht nur von den sozialdemokratischen
und Grünen Abgeordneten, sondern auch von den F-Mandataren
angenommen wurde. Teils einstimmig, teils mehrheitlich angenommen
wurde die Erhöhung der Kriegsgefangenenentschädigungen, das
Abkommen über soziale Sicherheit mit Bulgarien fand die
Zustimmung aller Fraktionen. Vertagt wurden sodann alle Anträge
der Opposition. Die Sozialdemokraten forderten u.a. einen
Lastenausgleich zur Lehrlingsausbildung sowie die Einführung von
Kollektivverträgen für die Arbeitnehmer bei der IAF-Service-GmbH.
Auch die G-Initiativen betreffend die Einführung eines passiven
Wahlrechts für Ausländer in Interessenvertretungen wurden
vertagt.

UMSETZUNG DER ENTSENDERICHTLINIE

Die EU-Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen
der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie) wurde
generell durch Anpassungen im Arbeitsvertragsrechts-
Anpassungsgesetz und im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz
umgesetzt. Die derzeit noch fehlende Garantie des
Naturalurlaubsanspruches und die Einbeziehung des entsandten oder
überlassenen Arbeitnehmers in die Bauarbeiter-Urlaubs- und
Abfertigungskasse (BUAK) erfordert Änderungen im Bauarbeiter-
Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) und Anpassungen in anderen
Gesetzen.

Arbeitnehmer, die vorübergehend von Arbeitgebern mit Sitz im
Ausland nach Österreich entsandt oder überlassen werden, werden
in das Urlaubskassenverfahren einbezogen. Diese Arbeitgeber
werden zu denselben Lohnzuschlägen wie Arbeitgeber mit Sitz in
Österreich verpflichtet. In Entsendefällen soll das
Urlaubsentgelts direkt an den Arbeitnehmer ausbezahlt, im Inland
versteuert und die Sozialversicherungsbeiträge an den jeweiligen
ausländischen Sozialversicherungsträger abgeführt werden. Die
Entsenderichtlinie schafft einen "harten Kern" von
Schutzbestimmungen für grenzüberschreitend entsandte oder
überlassene Arbeitnehmer und gleicht die Wettbewerbssituation
zwischen Unternehmen mit Sitz in Österreich und solchen mit Sitz
im Ausland an.

Das Arbeitsüberlassungsgesetz sei derzeit bei Überlassung von
Arbeitnehmern an Bund, Länder und Gemeinden nicht anzuwenden, gab
Abgeordneter Dietmar Keck (S) zu bedenken. Er brachte daher einen
entsprechenden Abänderungsantrag ein, damit diese Lücke
geschlossen wird.

Abgeordneter Walter Tancsits (V) ging auf die Eckpunkte des
Regierungsentwurfs ein und hob positiv hervor, dass nun geordnete
Verhältnisse für Leiharbeitskräfte geschaffen werden und damit
Lohndumping vermieden wird.

Der Inhalt der Regierungsvorlage sei relativ klar, konstatierte
Bundesminister Martin Bartenstein, es solle gewährleistet werden,
dass die Arbeitskräfteüberlassung zu keinen Nachteilen für die
Dienstnehmer führt. Hinsichtlich des SPÖ-Abänderungsantrags
meldete er verfassungsrechtliche Bedenken an, weil damit in das
Dienstrecht der Länder eingegriffen wird.

Bei der Abstimmung wurde sodann der Antrag der Sozialdemokraten
mit S-G-F-Mehrheit angenommen; die Regierungsvorlage passierte in
der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages einstimmig den
Ausschuss.

ERHÖHUNG DER KRIEGSGEFANGENENENTSCHÄDIGUNGEN

Die Kriegsgefangenenentschädigung soll, da keine automatische
Valorisierung vorgesehen ist, angehoben werden, heißt es in einem
V-F-Antrag. Durch die Aufrundung auf gerade Eurobeträge (z.B. 15
€ statt 14,53 €) bzw. 50-Centbeträge (z.B. 22,50 € statt 21,80 €)
wird es zu einer durchschnittlichen Erhöhung um 2,5 % kommen. In
einer Änderung des Kriegsopfer- und des Heeresversorgungsgesetzes
wird darauf hingewiesen, dass Witwen (Witwer) nach
Schwerbeschädigten eine (einkommensunabhängige)
Witwen(Witwer)rente auch dann erhalten, wenn der Tod nicht die
Folge einer Dienstbeschädigung war.

Wieder einmal werden Materien zusammengefasst, die nicht
zusammenpassen, bemängelte Abgeordneter Öllinger (G). Aus diesem
Grund forderte er eine getrennte Abstimmung. Hinsichtlich des
Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetzes kritisierte er, dass es
keine Differenzierung zwischen Tätern und Opfern gebe.

Er habe Verständnis für eine gewisse Sensibilität in dieser
Frage, räumte Abgeordneter Walter Tancsits (V) seinem Vorredner
gegenüber ein, aber es gehe um zwei völlig verschiedene Sachen.
Einerseits soll die Kriegsgefangenentschädigung erhöht und
andererseits eine Verbesserung für Kriegsopfer erreicht werden.

Er kenne die Bedenken von Öllinger, erklärte Abgeordneter Herbert
Haupt (F), aber im österreichischen Rechtssystem gebe es auch das
Prinzip der Rehabilitation. Zudem haben viele Menschen nach dem
Krieg einen ganz anderen Lebensweg eingeschlagen und seien
aufrechte Demokraten geworden.

Bundesministerin Ursula Haubner sprach von zwei sehr positiven
Änderungen im Bereich der Witwen- und Hinterbliebenenversorgung
sowie bei der Kriegsgefangenenentschädigung. Damit werden nun die
letzten Lücken geschlossen. Die Erhöhung der
Kriegsgefangenenentschädigung, von der 60.000 Menschen betroffen
sind, entspreche einer Erhöhung von ca. 2,5 %.

Bei der getrennt durchgeführten Abstimmung wurde die Vorlage
teils mehrheitlich, teils einstimmig angenommen.

ABKOMMEN ÜBER SOZIALE SICHERHEIT MIT BULGARIEN

Durch das - einstimmig angenommene - Abkommen mit Bulgarien wird
ein weitestgehender Schutz im Bereich der Kranken-, Unfall-,
Pensions- und Arbeitslosenversicherung durch die Gleichbehandlung
der beiderseitigen Staatsangehörigen gewährleistet. Dazu tragen
u.a. die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten für den Erwerb
von Leistungsansprüchen, die Pensionsfeststellung entsprechend
der in jedem Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten
sowie der Leistungsexport bei. In materiellrechtlicher Hinsicht
orientiert sich der Vertrag an jenen Abkommen, die in den letzten
Jahren mit Polen und der Slowakei abgeschlossen wurden, heißt es
in der Vorlage.

Auf eine Frage des Abgeordneten Karl Dobnigg (S) machte ein
Mitarbeiter des Sozialministeriums darauf aufmerksam, dass
erstmals in einem derartigen Abkommen eine Mindestleistung für
die Pensionsversicherung vorgesehen ist. Der Grund dafür ist,
dass eine solche Regelung auch in Bulgarien vorgesehen ist; dies
habe aber keine Auswirkungen auf Österreich.

SPÖ FORDERT LASTENAUSGLEICH ZUR LEHRLINGSAUSBILDUNG

Einen Lastenausgleich im Rahmen der Lehrlingsausbildung forderte
Abgeordneter Dietmar Keck (S). In einem entsprechenden Antrag
wird darauf hingewiesen, dass es zu wenig Ausbildungsplätze gebe
und die Qualität der dualen betrieblichen Ausbildung zu wünschen
übrig lasse. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird
daher aufgefordert, ein Modell auszuarbeiten, wodurch in Zukunft
alle Betriebe einen finanziellen Beitrag (Umlage) leisten sollen.
Jene Betriebe sowie die überbetrieblichen
Ausbildungseinrichtungen, die tatsächlich eine qualitativ
hochwertige Lehrlingsausbildung anbieten, sollten finanziell
unterstützt werden, wobei auch die Einbeziehung öffentlicher
Mittel zu prüfen sei.

Abgeordnete Karl Öllinger (G) hielt den Vorschlag für
diskussionswürdig, schlug jedoch vor, über einen Bildungsbeitrag
nachzudenken, der u.a. auch Weiterbildungs-, Fortbildungs- und
Umschulungsmaßnahmen umfasst. Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S)
war der Meinung, dass die Lehrlingsförderungen oft ihr Ziel nicht
erreichen und die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe immer mehr
sinke. Man sollte daher dringend neue Förderinstrumente ins Auge
fassen. Abgeordneter Karl Donabauer (V) hielt den SPÖ-Vorschlag
für nicht praktikabel. Man müsse auch hinterfragen, warum viele
Betriebe keine Lehrlinge mehr ausbilden wollen, und grundsätzlich
über Themen wie Schutzbestimmungen oder Lehrlingsentgelt
diskutieren, regte er an.

Die von der SPÖ vorgeschlagene Lösung würde zu mehr Problemen
führen, als sie lösen würde, meinte Bundesminister Martin
Bartenstein. Es würde sich um eine "Lehrlingsstrafsteuer"
handeln, was eine zusätzliche Kostenbelastung für die Unternehmen
darstellt.

Der vom Abgeordneten Max Walch (F) eingebrachte Vertagungsantrag
wurde mit V-F-Mehrheit angenommen.

In einem weiteren Antrag treten die Sozialdemokraten für eine
Änderung des IAF-Service-GmbH-Gesetzes in der Richtung ein, dass
die Arbeitsverhältnisse der ArbeitnehmerInnen der Gesellschaft in
einem Kollektivvertrag im Sinne des ArbVG geregelt werden. Die
Sondersituation beim IAF habe sich durch die Ausgliederung
ergeben, erläuterte Abgeordneter Richard Leutner (S), und die
Bediensteten stehen nun ohne Kollektivvertrag da.

Abgeordnete Barbara Riener (V) bemängelte die Wortwahl des
Antrags. Außerdem wurde gerade ein Prämiensystem bei der IAF-
Service-GmbH eingeführt, weshalb man sich die Entwicklung erst
anschauen müsse. Ein von ihr eingebrachter Vertagungsantrag wurde
mit V-F-Mehrheit angenommen.

GRÜNE ANTRÄGE ZU PASSIVEM WAHLRECHT FÜR AUSLÄNDER IN
INTERESSENVERTRETUNGEN

Mit V-F-Mehrheit vertagt wurden schließlich auch zwei Anträge der
Grünen, in denen das passive Wahlrecht für Ausländer in
Interessenvertretungen gefordert wurde. Das passive Wahlrecht zur
Arbeiterkammer und zum Betriebsrat stelle ein demokratisches
Grundrecht dar, das eine unterschiedliche Behandlung von
Ausländer und Ausländerinnen in keiner Weise rechtfertige,
argumentieren die Grünen. Die derzeit bestehende
Ungleichbehandlung stehe daher auch im Widerspruch zum
Rassendiskriminierungs-BVG sowie zum EU-Recht. Demzufolge sieht
der Antrag zur Novellierung des § 21 Abs.1 des
Arbeiterkammergesetzes das passive Wahlrecht für all jene vor,
die am Stichtag das 19. Lebensjahr vollendet haben und insgesamt
mindestens zwei Jahre in Österreich in einem die
Kammerzugehörigkeit begründenden Arbeits- oder
Beschäftigungsverhältnis standen. Analoge Änderungen beantragen
die Grünen hinsichtlich des passiven Wahlrechts zum Betriebsrat
und zum Jugendvertrauensrat im Arbeitsverfassungsgesetz.

Mit dem Hinweis darauf, dass gerade Gespräche mit dem
Koalitionspartner über eine Novellierung des
Arbeiterkammerwahlrechts laufen, stellte Abgeordneter Max Walch
(F) einen Vertagungsantrag.

Abgeordneter Richard Leutner (S) unterstützte grundsätzlich die
Vorschläge der Grünen. Ablehnend äußerte er sich jedoch zur
Absenkung des Wahlalters von 21 auf 19 Jahre.

Es sei klar, dass es in dieser Frage einen Handlungsbedarf gebe,
räumte Bundesminister Martin Bartenstein ein. Mit dem Erlass vom
8. August 2003 wurde jedoch sichergestellt, dass die
Arbeiterkammerwahlen rechtskonform durchgeführt werden. Auch er
war der Auffassung, dass zunächst die Gespräche abgewartet werden
sollen, zumal keine unmittelbaren Wahlen anstehen.(Fortsetzung)

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