- 16.06.2005, 17:00:00
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"Vorarlberger Nachrichten" Kommentar: "Spaghetti statt Sauerkraut" (Von Kurt Horwitz)
Ausgabe vom 17.06.2005
Wien (OTS) - Bisher pilgerte BankAustria-Generaldirektor Erich
Hampel zur Muttergesellschaft nach München, um sich seine
Instruktionen zu holen. Wenn die Übernahme der maroden HVB durch die
italienische UniCredit tatsächlich klappt, muss er künftig Flüge nach
Mailand buchen.
Über den österreichischen Markt wird bei den Strategiesitzungen nur
selten gesprochen werden. Der ist für die Italiener ziemlich
uninteressant. Sie haben die HVB gekauft, um das lukrative
Ostgeschäft der BankAustria-Creditanstalt in die Hand zu bekommen.
Die schwer defizitären Deutschland-Aktivitäten der Münchner Bank sind
überhaupt nur Ballast, der durch radikales Abspecken des
Personalstands schnell abgebaut werden soll.
Nüchtern betrachtet wird das einstige Flaggschiff der
österreichischen Bankenszene also demnächst zur Ost-Zentrale der
UniCredit; aus bloßer Tradition wird die Bank auch weiterhin die
Finanzgeschäfte ihrer Kunden zwischen Wien und Bregenz betreuen
dürfen. Wer nach Erich Hampel der nächste Chef der BA-CA wird, ist
offen. Vielleicht wird er aus Wien kommen, vielleicht aus London, aus
Frankfurt oder Mailand. Österreich-Kompetenz wird nicht die
Voraussetzung sein, die er für den Job braucht.
Grundsätzlich ist es für die BankAustria-Creditanstalt besser, die
Tochter einer florierenden italienischen und nicht einer maroden
Münchner Bank zu sein. Insofern sind Spaghetti statt Sauerkraut die
gesündere Kost. Andererseits werden die BA-CA-Aktien bald zum zweiten
Mal und diesmal endgültig vom Kurszettel der Wiener Börse
verschwinden.
Damit bestätigt sich, was die Spatzen längst von den Dächern pfeifen:
Der Zusammenschluss von Länderbank und Zentralsparkasse zur
BankAustria (1991), die nachfolgende Übernahme der Creditanstalt
(1997) und der Verkauf der daraus entstandenen BA-CA an die HVB
(2000) stellen das unrühmlichste Kapitel der österreichischen
Bankengeschichte seit dem Crash der Creditanstalt im Mai 1931 dar.
SPÖ und ÖVP teilen sich ungeachtet gegenseitiger Schuldzuweisungen
die Verantwortung für das Debakel. Manches war nicht vorhersehbar,
als der damalige BA-CA-Chef Gerhard Randa die privatisierte Großbank
vor fünf Jahren nach München verkauft hat. Hätte sich die Politik
nicht ständig eingemischt, wären BankAustria und Creditanstalt aber
trotz mancher "Leichen im Keller" auch unter österreichischer
strategischer Führung nicht bloß lebensfähig, sondern vermutlich auch
erfolgreich gewesen.
Die Moral von der tristen Geschichte: Nachher ist man immer klüger.
Dass aber Privatisierung und Verkauf des Familiensilbers ans Ausland
nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein müssen, dürfen
unsere Wirtschaftspolitiker ruhig für die Zukunft mitnehmen.
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