- 03.06.2005, 10:05:52
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Erste Fälle von nachweisbarem Datenmissbrauch bei der e-card
Datenschützer, Ärzte und Softwarefirmen sehen "schlimmste Befürchtungen" bestätigt.
Wien (OTS) - Christian Euler, praktischer Arzt im burgenländischen
Rust und Präsident des Hausärzteverbands, staunte letzte Woche nicht
schlecht. Als der Allgemeinmediziner, der seit Ende Februar den
elektronischen Krankenschein in seiner Ordination verwendet, die
e-card zweier Patienten durch das Kartenlesegerät zieht, kommt die
Meldung "kein Versicherungsschutz". Ein Anruf bei der Hotline der
Burgenländischen Gebietskrankenkasse bringt dann folgende,
erstaunliche Auskunft: Bei beiden Patienten sei der
Versicherungsschutz nach wie vor aufrecht, bei den e-card-Meldungen
handle es sich um bedauerliche Fehler.
Diese Fehler seien jedoch deswegen entstanden, weil dem Arbeitsamt
bei Patient A noch Unterlagen fehlen würden. Patient B hingegen hätte
einen Termin versäumt oder eine angebotene Arbeit nicht angenommen,
weshalb ihm für einige Tage das Arbeitslosengeld gestrichen worden
sei. Das wiederum hätte zur Fehlermeldung beim elektronischen
Krankenschein geführt. Christian Euler empört: "Mir scheint das eine
sehr bedenkliche Verquickung von Daten zu sein, denn es geht mich
nichts an, wie meine Patienten mit dem Arbeitsamt verkehren." An
einen bloßen Zufall kann der praktische Arzt nicht glauben, eher an
einen "Fehler mit System. Schließlich habe ich solche und ähnliche
Fälle zwei- bis dreimal am Tag. Außerdem müssen die Daten irgendwo
verknüpft werden, denn sonst wäre das alles nicht erklärbar. Doch
hinter dem Rücken der Patienten fließen die Daten offenbar in
Strömen."
Hans Zeger, Obmann der ARGE Daten, ortet in beiden Fällen eine
"eindeutige Verletzung des Datenschutzes, denn die Weitergabe von
Vermittlungsinformationen und Detaildaten aus dem Bereich des
Arbeitsamtes an den Sozialversicherer ist sicher nicht erlaubt und
zeigt, dass das System der e-card bei weitem noch nicht ausgereift
ist. Unzulässig ist auch, dass die e-card-Hotline
Beschäftigungsinformationen an Ärzte weitergibt. Diese Beispiele
lassen bei einem künftigen Gesundheitsdatenverbund das Schlimmste
befürchten."
Für Klaus Propst, Präsident des Softwareverbands ÖMS, "tritt genau
das ein, wovor wir seit Monaten warnen." Schuld an den
Datenschutzverletzungen sei der sogenannte Peering Point, ein
zentraler Datenknoten, über den bei der e-card alle sensiblen
Gesundheitsdaten laufen.
"Bis jetzt hat man versucht, uns weis zu machen, dass der Peering
Point für die Datensicherheit notwendig sei, doch das Gegenteil ist
wahr", kritisiert Propst. "Ein zentraler Knotenpunkt macht einen
möglichen Datenmissbrauch so einfach wie noch nie." Niemand könne
derzeit sagen, was Hauptverband und Ärztekammer, die zu je 50 Prozent
an der Peering Point Betriebs- und ErrichtungsgesmbH beteiligt sind,
mit den Patientendaten anstellen, "denn darüber hüllt man sich in
Schweigen. Das Märchen vom Peering Point als Postverteilerzentrum,
das Daten nur weiterleitet, aber nicht speichert, ist damit
jedenfalls endgültig unglaubwürdig", erklärt Propst. Statt Propaganda
und Polemik seien die Verantwortlichen aufgefordert, rasch zu handeln
und auf die bewährten, sicheren Systeme zu setzen, die bei der e-card
genauso funktionieren. Ein Peering Point ist teuer, nutzlos und - wie
man sieht - für die Versicherten äußerst gefährlich."
Rückfragehinweis:
ÖMS - Verband Österreichischer Medizinischer Softwarehersteller
Tel.: +43 (0) 676/46 14 731
mailto:office@oems.at
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