- 04.04.2005, 18:21:08
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Neue Verpackung für einen alten FP-Hut
"Presse"-Leitartikel vom 5.4.2005, von Karl Ettinger
Wien (OTS) - Die kleinere Regierungspartei zerfranst endgültig:
Neue Frühjahrskollektion mit Haider in der Auslage.
Der Ort hat Symbolcharakter, auch wenn diese Gedankenverbindungen von
der bisherigen blauen Parteiführung sicher nicht beabsichtigt waren:
Vielen Österreichern ist die Wiener Urania, wo am Montag die
Umbenennung der FPÖ unter dem neuen Firmenschild "Bündnis für die
Zukunft Österreichs (BZÖ)" verkündet wurde, als traditionelle Bühne
für das Kasperltheater ein Begriff. Nichts würde besser auf die
grotesk-klamaukhaften Vorgänge in der kleineren Regierungspartei in
den vergangenen Wochen passen. Inklusive Mölzer und Co., die in die
Rolle des Krokodils schlüpfen mussten.
Der einzige Unterschied: In jedem Kasperltheater ist die Handlung für
die Zuschauer leichter zu verfolgen. Eben noch haben die FPÖ und ihre
Parteichefin Haubner mit einer letzten Kraftanstrengung, den
Rechtsausleger Andreas Mölzer auszuschließen. Viel Aufwand für
nichts. Denn nur eine Woche später ist Haubner selbst als
Parteichefin erlöst, nachdem sie in den vergangenen Monaten beständig
auch von ihrem Bruder Jörg Haider blamiert und desavouiert worden
ist. Ihr schwerster Fehler war, dass sie sich wider besseres Wissen
im Vorjahr überhaupt in die Funktion der Obfrau hat drängen lassen _
als eine Art Mutter der Partei. Dabei hätte gerade die
Sozialministerin wissen müssen, dass die Mutterrolle oft unbedankt
bleibt.
Bei dem Massenwechsel machen offenbar große Teile der FP-Spitze mit:
Wo außen in sattem Orange BZÖ draufsteht, sollen drinnen nach dem
Willen der Neugründer ohnehin wieder möglichst viele freiheitlich
gesinnte Personen mitarbeiten. Bis auf die Quertreiber halt, die sich
die neue Partei mit diesem beispiellosen Akt der Umtaufe vom Leib
halten will. Ein Wahnsinnsaufwand fürwahr.
Denn von neu ist bei der neuen Bewegung keine Spur: Als BZÖ-Chef muss
mangels Alternativen jetzt sogar Altparteiobmann Jörg Haider
herhalten. Seit dem Abschluss von Schwarz-Blau hat sich der Kärntner
Landeshauptmann vor allem in der Rolle des Regierungskritikers
gefallen, aber um die Übernahme der Hauptverantwortung in "seiner"
FPÖ jahrelang gedrückt. Ein weiteres Mal konnte er sich diesmal ein
Kneifen in der Führungsfrage nicht mehr erlauben. Geändert hat sich
außer dem Namen und dem neuen _ alten _ Parteichef wenig. Die Gefahr
einer Spaltung in zwei Gruppierungen _ in die Haider-Bewegung und in
eine "FPÖ alt", wer immer sich dort zusammenfindet, _ ist damit nicht
gebannt.
Geändert hat sich auch nicht, dass Haider und Co. geradezu flehen,
mit der ÖVP in der Regierung bleiben zu dürfen _ also wie bisher brav
den Mehrheitsbeschaffer zu spielen. Wolfgang Schüssel wird sich auf
solche Treueschwüre zu Schwarz-Orange allein bestimmt nicht
verlassen. Fürs Erste wird er weiter auf Abwarten setzen und sich
anschauen, wie sich die Stärkeverhältnisse zwischen BZÖ und den
FP-Resten entwickeln. Nur die Grundvoraussetzung Schüssels, dass die
führenden Leute des bisherigen Koalitionspartners mit an Bord
bleiben, scheint derzeit erfüllt. Ein erster Härtetest für die
Regierung steht schon übermorgen, Donnerstag, bevor. Da muss die
Koalition nämlich das Budget 2006 im Parlament beschließen.
An der tristen, lebensbedrohlichen Situation für den Juniorpartner in
der Regierung ändert sich kaum etwas. Den Österreichern sind
blau-orange Farbenspiele herzlich egal, wenn sie ihnen nicht längst
auf die Nerven gehen. Neue Verpackung, alter Hut _ der
Verzweiflungsakt bei den Freiheitlichen kann nicht darüber
hinwegtäuschen: In den führenden Funktionen sollen genau jene
Politiker _ egal ob Haider, Haubner, Gorbach oder Scheibner _ im Amt
bleiben, die in der Regierung, im Klub und auf Kärntner Landesebene
am Steuer des Karrens gesessen sind. Und mit denen es zuletzt in
immer rasanterem Tempo talwärts ging.
Das größte Problem bestand ja nicht darin, dass potenzielle und
längst geflüchtete FP-Wähler schon so sehnlich auf die neueste Farbe
der Frühjahrskollektion gewartet hätten. Das Hauptproblem der FPÖ
drückte sich vielmehr darin aus, dass hinter der Verpackung längst
kaum mehr der politische Inhalt der Partei zu sehen war. Flott und
lässig soll die neue Partei werden, hat Oberguru Haider schon vor
Wochen dekretiert. Keine "ideologische Götzenanbetung" mehr, ergänzte
Haider am Montag. Die Beliebigkeit wird damit zur obersten
Parteimaxime erhoben. Es fragt sich, wer sich auf ein so etwas
einlassen soll.
OTS0203 2005-04-04/18:21
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