• 30.03.2005, 14:21:51
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WirtschaftsBlatt Kommentar vom 31.3.2005: Europa vor und hinter dem Arlberg - von Engelbert Washietl

Wien (OTS) - Manchmal zeigen sich die grossen Veränderungen am
besten in den kleinen Dingen. Etwa wenn im Hochgebirge die Latschen
wegen der Klimaerwärmung noch weiter hinaufklettern.
Ein sehr hoher und steiler Berg ist Europa: Wie hat es sich doch
durch die EU verändert, und zwar zum Positiven, ungeachtet der
Streitereien im Tal, wo der Nebel hängt!
Da klagte also Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber dieser
Tage darüber, dass die Schweiz nicht und nicht in die Europäische
Union eintrete und das schöne Vorarlberg insofern benachteilige, als
dieses das einzige Bundesland Österreichs mit einer EU-Aussengrenze
bleibe. Die schweizerisch-österreichische Aussengrenze sei ein
Problem beim Zusammenwachsen des Raumes.
Das ist doch wirklich ein Lebenszeichen des dynamischen Europa, wenn
ein notorischer Eigenbrötler den anderen darauf aufmerksam macht,
dass er die Integration hemmt. Da ist Vorarlberg, das sich immer gern
so nennt, um zu vertuschen, dass es hinter dem Arlberg liegt. Dort
allerdings richteten sich’s die Menschen sehr autark und recht
komfortabel ein: weit von Wien entfernt, aber mit wirtschaftlichem
Fluchtweg nach Deutschland und in die Schweiz ausgestattet.
Jetzt spielt es das nur noch halb so schön, denn die Schweiz geht
integrationspolitisch auf Krücken. Diese sind dank Sonderverträgen
mit der EU wohlgeformt und medizintechnisch up to date, bleiben aber
dennoch Krücken.
Und so musste es ja kommen, dass Vorarlbergs Politiker plötzlich
verträumt über das Wirtschaftspotenzial der EU-Beitrittsländer reden.
Die Beitrittsländer liegen zwar, von Bregenz und Dornbirn aus gesehen
und definiert, am falschen Ende weit hinten im Osten, aber das macht
nichts, wenn man dynamisch ist und über das dazwischen liegende Wien
kein Wort zu verlieren braucht. Vorarlberg ist voll integriert und
EU-kompatibel. Die Schweizer sollen sehen, wo sie bleiben.
Sausgrubers kosmopolitischer Ausritt fand in Oberösterreich statt,
was auch passend war. Denn die Oberösterreicher sind in Europa so
flott unterwegs, dass sie nicht nur Tschechien, sondern auch Bayern
zu den EU-Beitrittsländern zählen, denen geholfen werden muss - zum
beiderseitigen Vorteil natürlich. Wer all diese Zeichen richtig
deutet, der weiss: Europa ist unumkehrbar. Da sollen die Franzosen
bei ihrer Volksabstimmung sagen, was sie wollen.

OTS0183    2005-03-30/14:21

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