Wien (OTS) - Zur Verunsicherung bei Ärzten und Patienten hat zu
Jahresbeginn die Umstellung der chefärztlichen Bewilligung bei
Medikamenten geführt. In Oberösterreich haben sich die Wogen
mittlerweile geglättet und die Fax-Lösung hat sich gut eingespielt.
Eine entscheidende Verbesserung des Bewilligungs-Prozesses wird es
mit der Einführung der E-Card geben. Manche Probleme gibt es beim
Thema Monatsbedarf ("Großpackungen") und mit der sogenannten
"No-Box".
Der Kern der Probleme mit der Neuregelung der chefärztlichen
Bewilligung liegt darin, dass mit Jahresbeginn gleichzeitig zwei
tragende Säulen der Medikamenten-Versorgung geändert wurden.
Einerseits wurde das Bewilligungsverfahren umgestellt. Andererseits
wurde ein neuer Medikamenten-Kodex ("Boxen-System") herausgegeben, in
dem festgelegt ist, für welche Medikamente und unter welchen
Bedingungen die Krankenkassen die Kosten übernehmen dürfen.
Bestandteil dieses Erstattungs-Kodex ist die "No-Box", in der alle
Medikamente versammelt sind, die vom Hauptverband als "grundsätzlich
nicht erstattungsfähig" eingeordnet wurden.
Fax-Lösung zukunftssicher
Den Krankenkassen wurde freigestellt, entweder die Fax-Lösung
einzuführen oder ein Modell, bei dem die Ärzte ihre Verschreibungen
dokumentieren müssen - mit Kontrolle und möglichen Sanktionen im
Nachhinein. Gemeinsam mit der oberösterreichischen Ärztekammer hat
sich die OÖGKK für die Fax-Lösung ausgesprochen - wie auch die
Schwesterkassen in der Steiermark und Kärnten. Die Fax-Lösung hat den
Vorteil, dass das System nach der Einführung der E-Card nicht noch
einmal grundlegend geändert werden muss. Nach anfänglichen
technischen Schwierigkeiten, die innerhalb weniger Tage behoben
werden konnten, funktionieren die chefärztlichen Bewilligungen per
Fax mittlerweile gut.
Die Bewilligungen können tagfertig erledigt werden. Pro Tag werden
derzeit rund 1.800 Bewilligungen bearbeitet, was pro niedergelassenem
Arzt durchschnittlich nicht einmal drei Faxe pro Tag bedeutet. Die
Befürchtung mancher Ärzte, dass sie nur noch neben dem Fax-Gerät
stehen würden, hat sich nicht bewahrheitet. Unbestreitbar ist
allerdings, dass die derzeitige Fax-Lösung gegenüber der in
Oberösterreich jahrelang eingespielten Praxis, bei der auch die
Apotheken einbezogen waren, eine Verschlechterung bedeutet. Aus Sicht
der OÖGKK hätte man mit der Reform der chefärztlichen Bewilligung
jedenfalls auf die Einführung der E-Card warten sollen.
Akzeptables Ergebnis
Die OÖ Gebietskrankenkasse hat sich bemüht bei den gegebenen
Rahmenbedingungen für die Patienten ein akzeptables Ergebnis zu
erzielen. Um ihnen Wege zu ersparen, kann die Bewilligung auch in die
Apotheke gefaxt oder sogar nach Hause geschickt werden. Auch für die
Ärzte bringt diese Lösung immerhin die Sicherheit, dass sich das
Prozedere nicht nach Einführung der E-Card wieder ändern muss.
Für Verunsicherung haben Meldungen gesorgt, dass Patienten nicht
zu ihren lebenswichtigen Medikamenten gekommen seien. Diese Ängste
waren völlig unbegründet: Selbstverständlich können lebenswichtige
Präparate mit dem Vermerk "per vit." nach wie vor ohne vorherige
Bewilligung verschrieben und bezogen werden. Auch die Apotheker
dürfen in jedem Fall bei Dringlichkeit der Behandlung von sich aus
die kleinste im Handel erhältliche Packung ohne chefärztliche
Bewilligung abgeben. Das wissen alle Ärzte und Apotheker. Es ist
daher nicht nachvollziehbar, wie es zu Meldungen von angeblicher
Lebensgefahr durch die neue Chefarztpflicht kommen konnte.
Änderung gefordert
Zu Unmut bei den Patienten hat geführt, dass aufgrund der neuen
gesetzlichen Regelung nur noch Medikamentenpackungen mit maximal
einer Monatsdosis bewilligt und abgegeben werden dürfen. Für viele
chronisch kranke Patienten macht sich das mit einem Mehrfachen an
Rezeptgebühren und öfteren Arztbesuchen bemerkbar. Die OÖ
Gebietskrankenkasse hat in diesen Fällen leider keine
Gestaltungsmöglichkeit. Die OÖGKK hält die neue Regelung für wenig
sinnvoll und fordert eine Änderung. Den Ärzten sollten wieder mehr
Möglichkeiten eingeräumt werden, die für die Patienten passenden und
ökonomischen Packungsgrößen zu wählen.
Ein Konfliktfall ist derzeit auch die sogenannte "No-Box". In sie
wurden vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger rund 2.600
Präparate eingereiht, die "grundsätzlich nicht erstattungsfähig"
sind. Dabei handelt es sich in der Mehrzahl um Medikamente, deren
Wirkung nicht belegbar ist oder die - wie zum Beispiel
Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika - aus nachvollziehbaren
Gründen keine Leistung der Krankenversicherung darstellen.
Hyaluronsäure-Diskussion
Für einige Aufregung etwa hat der Umstand gesorgt, dass in die
"No-Box" auch Medikamente gereiht wurden, die in der Vergangenheit
häufig verwendet wurden und für die von den Krankenkassen auch die
Kosten übernommen wurden. Bekanntestes Beispiel sind die
Hyaluronsäure-Produkte. Bei degenerativen Erkrankungen der Gelenke
werden diese Mittel als künstliches Schmiermittel in die Gelenke
gespritzt. Seit Jahren gibt es eine heftige Diskussionen über
Wirksamkeit und Nebenwirkungen der Hyaluronsäure-Präparate - und eine
Entscheidung: Sowohl die Heilmittelevaluierungs-Kommission als auch
die beim Gesundheitsministerium angesiedelte Unabhängige
Heilmittelkommission sind zu dem Schluss gekommen, dass bei Beachtung
aller vorliegenden wissenschaftlichen Evidenzen einem "maximal
geringfügigen Nutzen" eine beträchtliche Gefährdung durch
Gelenksinfektion gegenübersteht. Das Präparat wurde somit aus Gründen
der Qualitätssicherung in die "No-Box" gereiht. In diesem
Zusammenhang muss erwähnt werden, dass eine konsequente
Qualitätssicherung immer wieder zu Diskussionen im Spannungsfeld
zwischen Pharma-Wirtschaft, Ärzten und Patienten führen wird. Die
Krankenkassen dürfen - letztlich im Interesse der Patienten - nicht
davor zurückschrecken, eigene Positionen zu überdenken und notfalls
zu korrigieren, wenn wissenschaftliche Evidenzen dies verlangen.
Beim Thema Viagra und ähnlicher Produkte hat es Ende vergangenen
Jahres ein klares Urteil des Obersten Gerichtshofes gegeben, das
keinerlei Interpretationsspielraum zulässt: Die Gabe dieser
Erektionsmittel stelle keine Krankenbehandlung im Sinne des Gesetzes
dar. Die Krankenkassen dürfen daher die Kosten dafür nicht
übernehmen.
Intelligente Umsetzung
Dass die OÖ Gebietskrankenkasse die Chefarzt-Bewilligung
intelligent und im Sinne der Patientinnen und Patienten umsetzt, hat
sie etwa erst kürzlich während der Grippewelle unter Beweis gestellt.
Per Rundschreiben wurde die Chefarztpflicht für Grippemittel zeitlich
begrenzt aufgehoben. In einem anderen Bereich wurde die
Chefarzt-Kompetenz überhaupt an Spitalsambulanzen abgetreten.
Onkologische Ambulanzen dürfen von sich aus eine definierte Liste von
Präparaten verordnen, die an sich chefarztpflichtig sind.
OTS0102 2005-03-17/10:56
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