Experten berichten über ihre Erfahrungen mit der Wasserprivatisierung in ihrem Land
Wien (OTS) - "Die große Mehrheit der Europäer bekommt von zu 100
Prozent öffentlichen Ver-sorgern ihr Trinkwasser", sagt AK
Umweltexperte Wolfgang Lauber heute, Mitt-woch, bei einer
Veranstaltung, "aber bereits ein Drittel bezieht ihr Wasser von
Pri-vaten oder öffentlich-privaten Unternehmen, davon rund 20 Prozent
von Wasser-multis. In allen mittel- und nordeuropäischen Staaten mit
hohen Trinkwasser- und Umweltstandards, wie etwa Schweiz, Österreich,
Deutschland, Niederlande oder in den skandinavischen Staaten, liegt
der Anteil Privater freilich nur zwischen Null und einigen wenigen
Prozent." Es gäbe keinen vertretbaren Grund, die Wasserver-sorgung
bei uns zu privatisieren, so Lauber.
Der Vertreter der EU-Kommission in Wien, Karl Georg Doutlik
erklärt, "dass die EU-Kommission derzeit die konkreten
Wettbewerbsbedingungen des europäischen Wasser-marktes erhebt."
"Sollte sich Handlungsbedarf bezüglich der bestehenden Binnenmarkt-
und Wettbewerbsregeln ergeben, wird die EU-Kommission entsprechende
Vorschläge zur Öffnung des Marktes dem Rat und Parlament
unterbreiten", so Deutlik.
Laut David Hall, Direktor von Public Services International
Research Unit, Uni Green-wich, gibt es im Wassersektor, auch bei den
Privaten, sehr wenig Wettbewerb. "Die bei-den Multis Vivendi und Suez
dominieren den Weltmarkt und auch Europa", erläutert Hall.
Pavel Ruzicka von der tschechischen Gewerkschaft CKMO weist auf
den Ausverkauf der öffentlichen Versorger über den Umweg der
Volksaktien hin, die alle Tschechen er-hielten: "Heute gehören fast
80 Prozent der tschechischen Wasserversorgung ausländi-schen
Konzernen."
"In Deutschland hat ein überzogenes Kostendenken nach dem Motto
'wir sparen um jeden Preis, koste es, was es wolle' zu einem
Niveauverlust bei der Erhaltung der Anla-gen geführt", sagt Nikolaus
Geiler vom Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesver-band
Bürgerinitiativen Umweltschutz. Um die Haushaltslöcher zu stopfen,
denken immer mehr Städte über einen Teilverkauf der kommunalen
Wasser- und Abwasserbetriebe nach. Viele Wasserwerkechefs bemühen
sich daher, maximale Gewinne zu erwirtschaf-ten, denn: "Die Gewinne
kommunaler Wasserunternehmen müssen so hoch geschraubt werden, dass
sich ein Verkauf dieser Goldesel nicht mehr lohnt", sagt Geiler.
"Bei der Schweizer Bevölkerung ist eine zunehmende Abneigung gegen
die Wasserli-beralisierung festzustellen, weil es verschiedene
Skandale bei privatisierten Unterneh-men im In- und Ausland gab",
sagt Urs Kamm vom Schweizerischen Verein des Gas- und Wasserfaches.
"Bei einer landesweiten Repräsentativumfrage, die wir in Auftrag
gegeben haben, sprachen sich 86 Prozent der Befragten gegen eine
Privatisierung der Wasserversorgung aus", sagt Kamm.
OTS0096 2005-03-09/10:53
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