- 20.01.2005, 14:22:50
- /
- OTS0215 OTW0215
Verzetnitsch zu 10 Jahre EU: "Noch viele Herausforderungen zu bewältigen"
Lissabon-Ziele im Auge behalten - Sozialunion schaffen
Wien (ÖGB) - "Wir müssen uns fragen: 'Wie finanzieren wir Europa'
und nicht 'Wie sparen wir in Europa' ", nannte ÖGB-Präsident Fritz
Verzetnitsch eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre,
die die EU zu bewältigen habe, anlässlich eines Symposiums zur
10-jährigen Mitgliedschaft Österreichs bei der Europäischen Union. Zu
mehr Wachstum und Beschäftigung zu kommen, zähle zu den größten
Aufgaben der EU. Trotz aller Skepsis dürfe man die Lissabon-Ziele
nicht aus den Augen verlieren. Europa dürfe nicht nur
Wirtschaftgemeinschaft sein, sondern es müsse auch zu einer echten
Sozialunion werden. Dazu müssten faire Regeln geschaffen werden, es
dürfe nicht alles dem Prinzip "alles ist Wettbewerb" überlassen
werden. ++++
Als unmittelbare Herausforderung nannte der ÖGB-Präsident die
Dienstleistungsrichtlinie, bei der Vorsicht geboten sei: Kritik übt
Verzetnitsch insbesondere am Herkunftslandprinzip, wonach sich die
Dienstleistungsanbieter den Ort mit den niedrigsten Standards
auswählen und zu diesen günstigen Herkunftslandbedingungen über die
Grenze arbeiten.
Bei seinem Resümee der vergangenen zehn Jahre erinnerte
Verzetnitsch auch daran, dass zwar stets die Rede vom "Wachstum seit
dem EU-Beitritt" die Rede sei, jedoch nicht alle Menschen daran
teilhaben könnten: "Es gibt genug Menschen, die gerne bei der
Nationalbank anklopfen würden um sich ihren Anteil am BIP abzuholen."
Ähnliches sei am Arbeitsmarkt zu beobachten:
Beschäftigungszuwächse seien zu einem Großteil bei
Teilzeitbeschäftigung zu verzeichnen. Hier müsse es verstärkte
Anstrengungen geben: "Wir haben beim EU-Beitritt ein Bekenntnis zur
aktiven Arbeitsmarktpolitik abgelegt. Es ist notwendig, das auch
einzuhalten", mahnte Verzetnitsch. Insgesamt fehle es in der EU an
Verbindlichkeit bei der Einhaltung von Vorhaben: "Es werden auf
europäischer Ebenen Dinge beschlossen, aber es mangelt an der
Umsetzung. Bestes Beispiel dafür sind die Lissabon-Ziele", so
Verzetnitsch. So sei etwa beim Thema Aus- und Weiterbildung noch
vieles aufzuholen. Mit der ständigen Forderung nach längeren
Arbeitszeiten werde man das Ziel nach höherer Beschäftigung
jedenfalls nicht erreichen. "Haben wir Arbeit nur für jene, die
Arbeit haben?", so der ÖGB-Präsident.
Historische Rolle der Sozialpartner
Verzetnitsch erinnerte auch an die historische Rolle der
Sozialpartner anlässlich des EU-Beitritts: Der Beitritt sei
keineswegs nur seitens der Regierung oder der Wirtschaft
vorangetrieben worden. Vielmehr sei man - bei aller vorausschauender
Kritik - gemeinsam für dieses Projekt eingetreten. Die Rolle der
Sozialpartner sei in Europa von Beginn an gewürdigt worden und die EU
sei die einzige Institution weltweit, die ein direktes Mitwirken der
Sozialpartner gestatte.
Abschließend mahnte der ÖGB-Präsident, Herausforderungen und
Kritik an der Europäischen Union nicht den Populisten zu überlassen.
Etwa in sensiblen Bereichen wie den Übergangsfristen "dürfen wir das
Feld nicht den Polemikern und Unkenrufern überlassen". (bm)
ÖGB, 20. Jänner 2004
Nr. 22
OTS0215 2005-01-20/14:22
OTS-ORIGINALTEXT UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | NGB






