• 07.12.2004, 15:06:22
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Bundesasylamt: Mitarbeiter wegen Kritik schikaniert

Winkler: "Der Aufdecker wird bestraft" - Buch hält gravierende Mängel im Asylsystem fest - Schließung der Außenstelle angedroht

Salzburg (OTS) - Hofrat Mag. Hermann Winkler muss seine Bescheide
Untergebenen zum Unterschreiben vorlegen, Telefongespräche werden an
ihn nicht mehr durchgestellt. Gegen den leitenden Beamten im
Bundesasylamt läuft außerdem ein Disziplinar-Verfahren: Er hat am 25.
November 2004 im Presseclub Concordia sein Buch vorgestellt, in dem
er zahlreiche Fehler im österreichischen Asylwesen aufzeigt.

"Ich habe bloß von der Meinungs- und Pressefreiheit Gebrauch
gemacht. Obwohl es nicht zutrifft, werden mir die Verletzung der
Datenschutz-Bestimmungen und der Amtsverschwiegenheit vorgeworfen. Es
ist typisch für Österreich, dass nicht die Verantwortlichen zur
Rechenschaft gezogen werden, sondern dass der Aufdecker bestraft
wird", bedauert Winkler.

Er ist auch über die "unseriösen Methoden" empört, mit denen gegen
ihn Stimmung gemacht wird: "Die Leiterin meiner Dienststelle hat uns
mitgeteilt, dass aufgrund meines Verhaltens die Außenstelle Salzburg
sehr wahrscheinlich geschlossen wird. Es ist unerhört, wenn man
Mitarbeitern pauschal mit dem Verlust des Arbeitsplatzes droht."

Täglicher Frust im Bundesasylamt

In seinem Buch "Asylconnection - Es ist fünf nach zwölf"
beschreibt er den Alltag im Bundesasylamt. Anlass dafür war die
Asylgesetz-Novelle 2003, "weil ich erkennen musste, dass damit dem
Asylmiss-brauch nicht wirksam begegnet wurde". Selbstverständlich
hätten Verfolgte ein Recht auf Schutz, betont er. Seine Behörde müsse
sich jedoch immer öfter mit Ansuchen beschäftigen, bei denen unter
dem Deckmantel des Asyl auch Nichtverfolgte versuchen, nach
Österreich zu kommen. Damit werde einerseits seine Behörde völlig
überlastet und andererseits entstünden dem Steuerzahler enorme
Kosten, so Winkler. Intern ist seine Kritik immer auf taube Ohren
gestoßen.

Besonders bedauert er, dass verschiedene Hilfswerke wie etwa die
Caritas die Situation verschärften. Selbstverständlich sei deren
Arbeit wichtig und wertvoll, aber "wird ein Asylgesuch abgelehnt,
dann legen sie automatisch Berufung ein - auch wenn das Ansuchen
offensichtlich unberechtigt war. Damit sorgen sie leider für eine
zusätzliche Belastung des Unabhängigen Bundesasylsenats, der bereits
jetzt mit rund 22.000 Akten in Rückstand und total überlastet ist."

Wege aus dem Dilemma

Strengere Gesetze, die noch dazu vor dem Verfassungsgerichtshof
nicht halten, seien keine Lösung, betont Winkler. Er fordert, dass
auch "Leute aus der Praxis" in die Ausarbeitung der Gesetze
miteinbezogen werden. Das Kernproblem sei aber die Genfer
Flüchtlingskonvention, die seit den 50er Jahren unverändert ist: Zu
diesem Zeitpunkt hatten Schlepperwesen und Asylmissbrauch bei weitem
nicht das Ausmaß von heute.

Winkler: "Anhand zahlreicher Beispiele zeige ich, dass die Genfer
Flüchtlingskonvention leider zu einem bedeutenden
Missbrauchs-instrument für illegale Zuwanderung und Schlepperei
geworden ist." Eine Adaptierung sei daher dringend notwendig. Mit
dieser Forderung sieht er sich in guter Gesellschaft: Univ.-Prof. Dr.
Ewald Wiederin von der Universität Salzburg zum Beispiel verlangt
Ähnliches.

Generell plädiert Winkler dafür, dass nicht das Symptom bekämpft
wird, sondern die Ursache: Wenn das UNO-Flüchtlings-Hochkommissariat
(UNHCR) in den Herkunftsländern die Asylanträge prüfen würde, gäbe es
eine deutlich geringere Migration. Es sei außerdem höchste Zeit, die
lange angekündigte und immer noch ausstehende Konferenz der
UNO-Vollversammlung zum Thema Asyl endlich einzuberufen.(Schluss)

"Asylconnection - Es ist fünf nach zwölf", Eigenverlag, 416
Seiten, 29,90 Euro, ISBN 3-200-00232-8, www.asylconnection.at

OTS0189    2004-12-07/15:06

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