Neue österreichische Langzeit-Untersuchung mit alarmierendem Ergebnis: Unbehandelte chronische Hepatitis C-Infektion reduziert die Lebenserwartung um 15 bis 18 Jahre!
Wien (OTS) - In Österreich sind nach Schätzungen von Experten rund
90.000 Personen mit dem Hepatitis C-Virus infiziert. Die Auswirkungen
einer langjährigen Hepatitis C-Virusinfektion, vor allem die
deutliche Senkung der Lebenserwartung um 15 bis 18 Jahre, wurden nun
erstmals anhand einer Gruppe von 442 infizierten PatientInnen aus
Österreich über einen Beobachtungszeitraum von 27 Jahren aufgezeigt.
Die Untersuchungen wurden vom HCV-Plasmafonds initiiert und vom
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen in Auftrag gegeben. Die
Ergebnisse dieser Auswertung präsentierte der Wiener
Hepatitis-Spezialist Univ.-Prof. Dr. Ferenci anlässlich der 55.
Jahrestagung der American Association for the Study of Liver Diseases
(AASLD) in Boston, USA.
Heimtückische Krankheit mit schleichendem Verlauf
Das Hepatitis C-Virus (HCV) wurde erst im Jahr 1989 nachgewiesen.
Bei rund 80 Prozent der infizierten PatientInnen entwickelt sich eine
chronische Lebererkrankung, die die Leber nach und nach schädigt und
letztendlich zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann. Hepatitis C
ist die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation in
Österreich.
Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass von den 90.000
infizierten ÖstereicherInnen nur ein Drittel über ihre Infektion
Bescheid wissen dürfte, da die Symptomatik der chronischen
Leberentzündung zumeist uncharakteristisch und wenig spezifisch
verläuft. Müdigkeit und Abgeschlagenheit sind meist die einzigen
Anzeichen. Für diese Symptome werden aber oft andere Ursachen wie
Überarbeitung und Stress verantwortlich gemacht. Auch Bauchschmerzen,
Übelkeit, Appetitlosigkeit oder Erbrechen werden oft anderen Ursachen
zugeschrieben.
"Tödliche Verharmlosung"
Epidemische Ausbrüche von Hepatitis C mit bis zu 100 infizierten
Personen traten in den verschiedenen österreichischen
Plasmapherese-Zentren Mitte der 70er und 80er Jahre auf. Die meisten
Plasmaspender waren zum Zeitpunkt der Infektion Anfang Zwanzig. Nach
Abschluss der daraus resultierenden Gerichtsverfahren wurde vom
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen ein Fond zur
Unterstützung der Opfer dieser Epidemien errichtet. Der Verlauf der
chronischen Hepatitis C konnte in dieser gut dokumentierten Gruppe
von 442 Betroffenen über einen außergewöhnlich langen Zeitraum von
rund 27 Jahren erforscht und analysiert werden. Vergleichbare
Langzeituntersuchungen liegen nur über einen wesentlich kürzeren
Zeitraum von höchstens bis zu 20 Jahren vor, die z.B. in Irland
durchgeführt wurden und bei denen nur 2 Prozent der PatientInnen eine
Zirrhose aufwiesen. Auf Grund solcher Daten wurde eine Hepatitis
C-Virusinfektion oftmals bagatellisiert.
Die Ergebnisse der nun vorliegenden österreichischen Studie
zeigten für weit mehr Betroffene als erwartet ernste gesundheitliche
Folgen.
- Fortgeschrittene Lebererkrankung bei über 30 Prozent
Über 30 Prozent der infizierten PlasmaspenderInnen, die zum
Zeitpunkt der Auswertung noch nicht einmal 60 Jahre alt waren, wiesen
eine fortgeschrittene Leberkrankheit (Zirrhose oder Leberkrebs) auf.
- Nur ein Drittel der PatientInnen erhielt eine antivirale Therapie
- Lebenserwartung sinkt
Die Lebenserwartung sank deutlich, auch wenn bei 6 Prozent der
PatientInnen eine Lebertransplantation durchgeführt wurde. Praktisch
alle starben vor dem 60. Lebensjahr an den Folgen der HCV-Infektion.
Für das gesamte Kollektiv errechnet, reduzierte sich die mittlere
Lebenserwartung von infizierten Männern um etwa 15 Jahre, von Frauen
sogar um 18 Jahre.
Moderne Medikamente - gute Heilungschancen
Bei rechtzeitiger Therapie können mit den nun verfügbaren
Therapiemöglichkeiten, der Kombination von sogenanntem Peginterferon
(pegyliertes Interferon) und Ribavirin, bis zu 63 Prozent der
PatientInnen dauerhaft geheilt werden. Wichtig ist aber die
rechtzeitige Diagnose, denn je früher therapiert wird, desto größer
sind die Heilungschancen. Derzeit wird Hepatitis C - wenn überhaupt -
meist nur durch Zufall oder erst so spät entdeckt, dass bereits
Komplikationen aufgetreten sind oder gar schon irreparable Schäden
vorliegen.
Übertragungswege
Im alltäglichen sozialen Umgang besteht keine Ansteckungsgefahr!
Ansteckungsgefahr besteht bei verunreinigten Spritzen, z.B. bei
intravenösem Drogenkonsum, aber auch bei Tätowierungen und Piercing
und im gemeinsamen Haushalt durch das gemeinsame Verwenden von
Zahnbürsten oder Nagelscheren, um nur einige Beispiel zu nennen. Seit
1998 ist das Risiko einer Hepatitis C-Infektion durch
Bluttransfusionen oder Blutprodukte dank genauer Testungen praktisch
Null.
Konklusion
Diese Daten unterstreichen die Wichtigkeit der rechtzeitigen
Diagnose einer Hepatitis C-Infektion und die Notwendigkeit einer
möglichst frühzeitigen Therapie. Nur so können die PatientInnen vor
den möglichen Langzeitfolgen einer chronischen Hepatitis C bewahrt
werden.
OTS0010 2004-11-17/08:00
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