• 06.10.2004, 16:16:59
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Wer haftet bei Schäden aus Versicherungsvermittlung?

Wien (OTS) - Die gestern im Parlament behandelten neuen
Bestimmungen für Versicherungsvermittler sind in ihrer Ausformung für
den Konsumenten nicht genügend transparent, so Dr. Michael Drechsler,
Fachverbandsobmann der österreichischen Versicherungsmakler. Im
Mittelpunkt der Diskussion steht die Regelung von vertraglich
gebundenen und nicht vertragliche gebundenen
Versicherungsvermittlern, die wie ein "Chamäleon" ihre jeweilige
Vermittlereigenschaft wechseln könnten.

"Das Problem liegt im Detail", informiert Dr. Michael Drechsler,
WKO-FVO der Versicherungsmakler und Berater in
Versicherungsangelegenheiten, denn der Konsument kann die
Haftungsfolgen durch die jeweilige Vermittlereigenschaft nicht
erkennen. Auch wenn es zukünftig laut Minister Dr. Martin Bartenstein
eine Aufklärungspflicht dem Konsumenten gegenüber geben soll, wird
dieser meist erst beim Schaden merken, wer sein
Versicherungsvermittler gewesen sein mag. Laut aktueller
Gallup-Umfrage kennen nämlich 71 Prozent der Österreicher den
Unterschied der Berufsbezeichnungen nicht.

Neben der auch von der Versicherungsbranche eingeforderten klaren
Trennung der Berufe halten Experten wie Senatspräsident Dr.Ekkehard
Schalich, höchster Richter Österreichs in
Versicherungsvertragssachen, die geplante Umsetzung
konsumentenpolitisch falsch sowie das Auseinandertriften des
öffentlichen Rechts (Bestimmungen der Gewerbeordnung) und des
Zivilrechts (z.b. Haftungen) rechtspolitisch höchst bedenklich. Auch
der VKI hat sich für eine klare Berufstrennung ausgesprochen.

Haftungsrechtliche Argumente

Versicherungsagenten (gebundener Vermittler) beraten aus dem
Produktsortiment ihres Geschäftsherrn, das ist der Versicherer. Die
allfällige Haftung resultiert aus Fehlberatung zum verkauften
Produkt, beispielsweise der Wahl einer falschen Tarifvariante. Da in
diesem Fall kein Vertragsverhältnis zwischen Kunden und Agenten
besteht, haftet der Agent nur für vertragliche Nebenpflichten des
Versicherers. Der Kunde ist für etwaige Schäden selbst
beweispflichtig und muss möglicherweise langjährige Prozesse als
Beweismittel führen.

Der Versicherungsmakler hingegen haftet als Sachverständiger im
Auftrag des Kunden. So hat zum Beispiel der deutsche
Bundesgerichtshof (BGH) bereits 1985 den Versicherungsmakler als
"treuhändischen Sachwalter" des Kunden bezeichnet und ihm damit eine
scharfe Berufshaftung auferlegt. Darüber hinaus ist im
österreichischen Maklergesetz ein Vertragsverhältnis zwischen Kunden
und Makler verankert, wodurch die Beweislastumkehr zugunsten des
geschädigten Kunden wirkt. Der Makler übernimmt also die
Verantwortung für seine Beratung und Vermittlung und muss sich im
Problemfall "freibeweisen".

Der Kunde ist - sollte dem Vermittler eine Panne passieren -
haftungsrechtlich beim gebundenen Berater in einer wesentlich
schwächeren zivilrechtlichen Position als wenn er von einem
Versicherungsmakler beraten wurde. "In Zeiten, wo bereits etliche
Klagen betreffend Versicherungs- und Finanzfehlberatung im Laufen
sind, ist es daher für den Konsumenten von eminenter Bedeutung zu
wissen, wer sein Partner ist" fordert Drechsler als Obmann der einzig
ungebundenen Vermittler am österreichischen Markt Transparenz der
Berufsbezeichnung für Versicherungsvermittlung. Er zitiert Mag.
Katharina Peschko-Gruber, Kabinettschefin im Justizministerium, vom
16.8.2002 im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe:"Bei
Betroffenen, denen Versicherungen ohne eine Deckung für
Hochwasserschäden verkauft worden sind, stellt sich die Frage, ob für
diese Deckungslücke jemand haftbar gemacht werden kann. Das wird
jedoch nur in Ausnahmefällen möglich sein, insbesondere dann, wenn
die Versicherung von einem unabhängigen Versicherungsmakler
vermittelt wurde. Einen Makler trifft bekanntlich die gesetzliche
Verpflichtung, die beim Kunden bestehenden Risiken zu erheben und ihm
für diese den bestmöglichen Versicherungsschutz zu vermitteln."

OTS0216    2004-10-06/16:16

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