• 20.09.2004, 12:24:23
  • /
  • OTS0149 OTW0149

"Am Schauplatz extra" im ORF: Strompiraten

Eine Reportage von Ed Moschitz und Heidi Lackner

Wien (OTS) - Immer mehr Menschen können ihre Stromrechung nicht
bezahlen und sitzen plötzlich im Dunkeln. Seit der Liberalisierung
des Strommarktes sind die Stromanbieter nicht mehr verpflichtet, ihre
Kunden zu beliefern. Weil sich nicht jeder die steigenden Strompreise
leisten kann, sieht sich mancher zur "Kurzschlusshandlung" gezwungen.
Eine "Am Schauplatz extra"-Reportage über Stromlose, Strompiraten und
Selbstversorger zeigt ORF 2 am Freitag, dem 24. September 2004, um
21.20 Uhr.

Gestalter Ed Moschitz: "Enormer Unterschied zwischen Stadt und Land!"

"Der Unterschied zwischen Stadt und Land ist hier enorm. Am Land
versucht man viel eher den Menschen entgegenzukommen. In Wien
hingegen werden Zähler einfach abmontiert. Hier gehen viele Millionen
Euro verloren, vermuten die Fachleute", so Gestalter Ed Moschitz.
"Wir haben Menschen getroffen, die sich kalt waschen und duschen
müssen. Manche versuchen gar, selbst Strom zu erzeugen, was aber nur
schwer möglich ist. Plötzlich sieht man, wie schwierig das Leben ohne
Strom tatsächlich ist."

Von abmontierten Stromzählern und durchgebrannten Sicherungen

Herr Gerhard aus Wien ist wegen illegalen Strombezugs sogar schon
mehrmals im Gefängnis gesessen. Weil der Netzbetreiber seinen
Stromzähler längst abmontiert hat, fließt der Strom ungezählt in den
Haushalt. Der Verbrauch wird nun vom E-Werk "großzügig geschätzt".
Mancher Problemkunde ist daher so hoch in der Kreide, dass er aus der
Schuldenfalle wohl nur schwer wieder herauskommen wird. "Ohne Strom
leben, das geht in einer Gemeindewohnung einfach nicht", erzählt er.
Das kalte Duschen hat ihm der Arzt verboten, weil er davon
Kopfschmerzen bekommt. Zahlen kann er seine Schulden von mittlerweile
mehr als 10.000 Euro jedenfalls nicht. Herr Gerhard will daher in
Zukunft nur mehr mit eigenem Stromaggregat fernsehen, sonst würden
bei ihm die "Sicherungen durchbrennen", meint er. Dem Ganzen geht
allerdings ein stundenlanger Kampf mit dem Aggregat voraus, bis es
endlich funktioniert.

Not macht erfinderisch: Windräder statt E-Werk

Allein in Wien kämpft der Netzbetreiber mit ca. 300 solchen
Problemfällen, die Tendenz ist steigend. So mancher ist daher auf der
Suche nach Alternativenergien. Fündig wird man meist schon bei der
Lichtstromleitung im Stiegenhaus. Andere wieder stellen sich aufs
Dach des Kleingartenhauses ein selbst gebasteltes Windrad.

Münzzähler und Kerzenlicht

Um solchem Wildwuchs entgegenzuwirken, hat man den Problemkunden im
Burgenland einfach einen Münzzähler vor die Tür gehängt. Wer Strom
möchte, muss vor die Wohnungstür treten und Euromünzen oder Jetons
einwerfen. "Meine Frau hat schon ein paar Mal vergessen, rechtzeitig
beim Elektriker Strom-Jetons zu besorgen", erzählt Herr Rudolf.
Deshalb hat man schon mehrmals das Wochenende bei Kerzenlicht
verbracht. Der Pensionist muss mit Frau und zwei Kindern mit 750 Euro
im Monat auskommen. Der 20 Jahre alte Kühlschrank frisst im Sommer
zwar einen Jeton nach dem anderen, die Anschaffung eines neuen war
mit der kleinen Pension bisher aber nicht möglich.

OTS0149    2004-09-20/12:24

OTS-ORIGINALTEXT UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | NRF

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel