- 31.08.2004, 10:35:00
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ORF-Verfilmung "Daniel Käfer und die Villen der Frau Hürsch": Dreharbeiten auf Hochtouren
Wetterküche im Ausseer Land gnadenlos zu Pölsler, Simonischek und Co.
Wien (OTS) - "Wann kommt endlich der Regen?": So lautete die
häufigste Frage, die gestern am Set der ORF-Komarek-Verfilmung
"Daniel Käfer und die Villen der Frau Hürsch" gestellt wurde. Ein
ungewöhnlicher Wunsch, wenn man bedenkt, dass sich die Crew der
Wiener Teamfilm im Ausseer Land befindet, das für sein unbeständiges
Wetter und reichlich Regen bekannt ist. Doch die Wetterküche ist
gnadenlos mit dem Team, das enthusiastisch und unter der Regie von
Julian Roman Pölsler seit 19. August 2004 am ersten von vier Teilen
der Literaturverfilmung dreht. "Gestern war Sonne angesagt und wir
hatten Regen, heute sollte es regnen, aber der Himmel ist strahlend
blau und die Sonne scheint", klagt die Aufnahmeleitern. Zum Glück ist
das Filmteam durch die vier Jahreszeiten-orientierten Verfilmungen
der "Polt"-Bestseller von Alfred Komarek bereits vielfach
wettergeprüft. Für Pölsler, der auch schon die "Polt"-Filme in Szene
setzte, ist Improvisieren angesagt. Rauf aufs Motorrad und schnell zu
einem anderen Motiv gefahren, um zu prüfen, ob sich dort eventuell
was machen lässt. Mitgehangen, mitgefangen heißt es somit für die
Crew und auch für die Hauptdarsteller Peter Simonischek, Udo Samel
und Bernadette Heerwagen, die am Montag schon zum vierten Mal den Set
wechselten.
Drehen ist wie Slalomfahren
"Wir sind wegen des Wetters mit dem Drehplan etwas hinten nach",
erzählt der Regisseur, der auch fürs Drehbuch verantwortliche
zeichnet. "Das heißt, dass auf die Crew noch einiges zukommen wird,
weil wir das irgendwie nachholen müssen. Zum Glück habe ich ein
tolles Team, Leute, die wissen, was zu machen ist", zeigt sich der
gebürtige Steirer, der mit der zweiteiligen "Fernsehsaga" und der
"Polt"-Tetralogie bereits österreichische Filmgeschichte schrieb,
zuversichtlich. Auf jeden Fall bringt Pölsler das Wetter nicht aus
der Fassung: "Drehen ist für mich wie Slalomfahren: Jeder Tag ist
eine Torstange", gibt sich der Filmemacher routiniert. Mit diesen
Schauspielern mache es Pölsler außerdem besonderen Spaß zu arbeiten,
über Hauptdarsteller Peter Simonischek kann er das Schwärmen kaum
unterdrücken: "Er ist überhaupt nicht zickig, sondern sehr genügsam,
und wir tasten uns gemeinsam an die Figur heran. Es ist einfach ein
Vergnügen, mit ihm zu arbeiten."
"Dinosaurierveranstaltung" à la Axel Corti
Dass er schon immer einmal mit Peter Simonischek drehen wollte, läge
an einem gemeinsamen Freund und Lehrmeister: "Schon Axel Corti hat
mir mal gesagt, dass Simonischek einer von drei Schauspielern ist,
mit denen man zusammengearbeitet haben muss", sagt Pölsler, der
Simonischek bereits für eine Gastrolle im zweiten "Polt"-Krimi
"Blumen für Polt" engagiert hatte. Da kann es für den Regisseur nur
ein großes Kompliment sein, dass sein Hauptdarsteller keine
Vergleiche zwischen ihm und dem großen Grandseigneur des
österreichischen Films scheut: "Das, was wir hier machen, kommt mir
vor wie eine Dinosaurierveranstaltung. So wie Julian Pölsler
arbeitet, habe ich schon vor zwanzig Jahren mit Axel Corti
gearbeitet. Auf sehr hohem Niveau, und trotz Zeitdrucks gibt es
genügend Zeit, um auf die Qualität zu achten. Wo gibt es das noch,
dass pro Tag nur drei bis dreieinhalb Minuten gedreht werden? Das gab
es noch bei Axel Corti. Aber sonst hat sich die Film- und
Fernsehlandschaft sehr verändert."
Ein "Jedermann" im Ausseer Land
Eine große Veränderung ist für Simonischek, der im Herbst zum
Ehrenbürger seiner steirischen Heimatgemeinde Markt Hartmannsdorf
ernannt wird, auch der Wechsel von der "Jedermann"-Bühne vor die
Filmkamera. "Der 'Jedermann' war eine extreme physische und
psychische Herausforderung. Es war eine irre Hitze auf dem Domplatz
und der Wasserverlust während einer Vorstellung groß. Ich bin danach
oft wankend von der Bühne gegangen", erzählt der Charakterdarsteller.
"Beim Theater hat man mehr Verantwortung als beim Film, weil man über
den Ablauf selbst verfügt. Es ist jeden Abend aufs Neue ein Fest des
Augenblicks", erzählt Simonischek. Nach einer solchen
Mammutanstrengung mache ihm das Drehen besonderen Spaß. Dass im
steirischen Salzkammergut gefilmt werde, sei ein weiterer
ansprechender Aspekt dieser Arbeit: "Es ist sehr, sehr schön hier."
Mutiger Feigling auf Identitätssuche im Ausseer Land
Dass das Ausseer Land einen besonderen Reiz hat, ist auch der
Filmfigur Daniel Käfer nicht entgangen. Vielmehr begibt sich der
gebürtige Grazer nach dem Verlust seines Jobs als Chefredakteur eines
deutschen Hochglanzmagazins auf Identitätssuche in das Sommerparadies
seiner Kindheit. Schon bald findet Käfer Spuren einer spannenden
Vergangenheit, die ihn mehr und mehr faszinieren. "Es ist die
Arglosigkeit, mit der sich ein erwachsener Mensch auf die Suche nach
seiner Kindheit begibt. Ich finde es sehr rührend, dass er seine
Identität finden will. Er will was erleben und stellt sich dabei
naiver an, als er wirklich ist", so Simonischek über die Rolle des
Daniel Käfer. Auch für Romanautor Alfred Komarek ist der Charakter
des Daniel Käfer eine faszinierende Figur: "Genauso wie den Polt mag
ich auch den Käfer. Was sie beide gemeinsam haben, ist, dass sie
Zauderer sind, so etwas wie mutige Feiglinge."
Ganz von den Socken
Dass in Alfred Komareks neuer Romanreihe die Landschaft und ihre
Menschen die eigentlichen Hauptrollen spielen, ist eine weitere
Parallele zu den "Polt"-Büchern, die im Weinviertel spielten. Hier
kommt noch dazu, dass Komarek diesmal über seine Heimat schreibt, ist
er doch gebürtiger Altausseer. "Ich mag das Ausseerische sehr gern.
Das Besondere an der Umgebung sind die zwei Welten, die nebeneinander
existieren. Auf der einen Seite das touristische Ausseer Land mit dem
vielen Fremdenverkehr - und im Kontrast dazu die alte Zeit mit ihren
Trachten, ihrer Volksmusik und vielen anderen Dingen. Obwohl ich von
hier komme, musste ich trotzdem viele Recherchen vor Ort machen und
bestimmte Stimmungen für den Roman einfach persönlich einfangen."
Derzeit arbeitet Komarek, der im September nebenbei sein bereits
drittes Kinderbuch herausbringt, am zweiten "Daniel Käfer"-Roman.
"Ich bin dabei, die Figur weiterzuentwickeln, den Plot habe ich im
Großen und Ganzen schon", verrät er. Mit der filmischen Umsetzung des
ersten Buchs zeigt sich Komarek zufrieden. "Als Romanautor muss mir
ja der Roman am wichtigsten sein, aber als ich Julian Pölslers
Drehbuch gelesen hab', war ich ganz von den Socken, wie stimmig er
mein Buch umgesetzt hat", streut er dem Regisseur Rosen.
Die Dreharbeiten zum ersten Teil der vierteiligen
ORF-Literaturverfilmung - eine Koproduktion von ORF, BR und
Moviepool, hergestellt von Teamfilm, mit Unterstützung der Cine
Styria - sind bis 23. September geplant.
Simonischek als "Jedermann" am 4. September im ORF, ein "Tatort",
drei Mal Theater
Noch bevor Peter Simonischek als Daniel Käfer das ORF-Publikum
begeistern wird, ist er am Samstag, dem 4. September, um 22.25 Uhr in
ORF 2 als "Jedermann" zu sehen. Das ORF-Landesstudio Salzburg hat
eine der begehrten Nachtvorstellungen dieses Sommers aufgezeichnet,
bei der die Atmosphäre am Salzburger Domplatz im Vordergrund steht.
In beeindruckenden Bildern - Regie führt Kurt Liewehr, der Herr über
sechs Kameras ist - werden die theatralischen Stärken und der Zauber
dieser viel gelobten Inszenierung von Christian Stückl eingefangen.
An der Seite Simonischeks brillieren Tobias Moretti, Jens Harzer und
Veronica Ferres, die mit dieser Saison ihren Abschied als Buhlschaft
bekannt gab. "Ich finde es sehr gut und legitim, dass der 'Jedermann'
auch im Fernsehen gezeigt wird", sagt Peter Simonischek. "Die Karten
sind ja sehr teuer und außerdem waren die Vorstellungen heuer fast
vierfach überbucht. Das macht das ganze leider zu einer elitären
Sache, aber durchs Fernsehen können viele Menschen den 'Jedermann'
trotzdem sehen."
Nach den Dreharbeiten zu "Daniel Käfer und die Villen der Frau
Hürsch" wird Simonischek am Bodensee einen deutschen "Tatort" drehen,
danach zieht es den dreifachen Familienvater ans Wiener Burgtheater,
wo es ab 4. Oktober eine Wiederaufnahme von Hofmannsthals "Der
Unbestechliche" gibt. Ab 24. Oktober spielt er alternierend am
Akademietheater wieder in Albees "Die Ziege oder wer ist Sylvia?" Ab
März 2005 beginnen die Proben zur Peter Zadeks Inszenierung von
Strindbergs "Der Totentanz" an der Burg.
Mehr Informationen zu "Daniel Käfer und die Villen der Frau Hürsch"
sind unter http://presse.ORF.at abrufbar.
OTS0060 2004-08-31/10:35
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