• 13.08.2004, 19:26:26
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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Olympia ist wieder in seiner generalüberholten Hauptstadt" (von August Kuhn)

Ausgabe vom 14.08.2004

Graz (OTS) - Athen galt als der logische Austragungsort der
Olympischen Sommerspiele 1996. 100 Jahre nach 1896, als in
Griechenland die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit mit 250
Sportlern aus 14 Ländern in neun Sportarten (Fechten, Gewichtheben,
Leichtathletik, Rad, Ringen, Schießen, Schwimmen, Tennis und Turnen)
stattfanden. Doch nicht Athen bekam den Zuschlag, sondern Atlanta,
die Metropole von Coca-Cola.

So viel zum Thema Tradition, das innerhalb des Internationalen
Olympischen Comitees (IOC) längst durch ein anderes, wesentlich
passenderes Wort abgelöst wurde: Korruption.

Atlanta bot die schlechtesten Sommerspiele, mit Chaos als ständigem
Begleiter und uninteressierten, mäßig motivierten Mitarbeitern. 2000
war Sydney an der Reihe - mit den besten Spielen aller Zeiten.

Als es um die Bewerbung für die Spiele 2004 ging, hatte sich
Griechenlands Staatspräsident Konstantinos Stefanopoulos (77), der in
den letzten Jahren zwei Mal zum populärsten Griechen gewählt wurde,
für die harte Gangart gegenüber dem IOC entschieden. Zum Entsetzen
der jetzigen OK-Chefin Gianna Angelopoulos-Daskalaki erklärte er im
Rahmen einer Präsentation vor dem IOC, Griechenland werde sich nie
wieder bewerben, sollte man auch die Sommerspiele 2004 nicht
zugesprochen bekommen.

Athen machte das Rennen. Ein Trostpreis, mit dem nicht alle Griechen
eine Freude hatten, weil es ein Massenspektakel mit 10.000 Athleten
aus 200 Nationen in 300 Disziplinen ist, das fast ausschließlich aus
Steuergeldern finanziert wurde: Knapp acht Milliarden Euro Kosten,
sechs Milliarden davon flossen in Sportstätten, Infrastruktur und
Sicherheit. Das "Gegengeschäft" kann sich sehen lassen: der neue
Flughafen, die Autobahn, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die
hypermodernen Stadien.

Athen hat einen neuen Namen: die generalüberholte Hauptstadt. Viel
besser könnte man nicht beschreiben, was sich hier getan hat. Aber
auch den Kummer der Athener muss man kennen, die in den letzten fünf
Jahren mit Baustellen und Verkehrschaos leben mussten. "Mein Auto",
erzählt ein junger Athener, "hatte eine Dreckschicht, dass ich nicht
mehr wusste, welche Farbe es hatte."

Jetzt sind sie nur noch stolz. So stolz, dass sie (fast) alle hier
geblieben sind, obwohl Athen im August sonst eine ausgestorbene Stadt
ist. Sie wollen miterleben, wie die Welt auf das generalüberholte
Athen und die Spiele 2004 reagiert. Die Antwort wird es erst am 29.
August geben. Wenn der Vorhang wieder fällt. ****

OTS0184    2004-08-13/19:26

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