- 13.08.2004, 09:02:43
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Land der Städte, Land der Märkte
Eine Studie über das Werden und Wesen von "Marktgemeinden"
Bregenz (VLK) - In Vorarlberg ist heute jede zehnte
Gemeinde eine "Marktgemeinde", österreichweit beinahe jede
dritte. Aber was ist eine "Marktgemeinde" eigentlich?
Ulrich Nachbaur vom Vorarlberger Landesarchiv nahm das
Schrunser Jubiläum zum Anlass, einmal dem Werden und Wesen
von Marktgemeinden nachzugehen. Sein Fazit:
"'Marktgemeinde' ist schon seit Kaisers Zeiten ein typisch
österreichischer Titel ohne Mittel, eine Prestigesache im
kommunalen Wettbewerb." Die Forschungsergebnisse werden im
September veröffentlicht. ****
Von 1963 bis 2003 wurde in Österreich die Zahl der
Gemeinden von 3.988 auf 2.359 reduziert (- 41 Prozent).
Gleichzeitig stieg die Zahl der Marktgemeinden von 585 auf
734 (+ 26 Prozent) an, die der Städte von 143 auf 197 (+ 38
Prozent). In Niederösterreich führt bereits mehr als die
Hälfte der Kommunen die Bezeichnung "Marktgemeinde", in
Tirol sind es nur sieben Prozent, gefolgt von Vorarlberg
mit 10 Prozent. Dennoch fanden wir bisher in der Literatur
kaum Hinweise auf die Geschichte und Bedeutung dieses
Titels. Der Spitzenkurort Schruns im Montafon feierte im
vergangenen Jahr "75 Jahre Markterhebung". Der Jurist und
Historiker Ulrich Nachbaur nützte diese Gelegenheit, das
Phänomen "Marktgemeinde" über Schruns hinaus
rechtsgeschichtlich zu untersuchen.
Marktgemeinden ohne Märkte
Als "Markt" oder "Marktflecken" wurden in der frühen
Neuzeit Gemeinden bezeichnet, deren Rechtsstatus zwischen
jenem einer Stadt und eines Dorfes lagen. Zum gewerblichen
Marktrecht kamen häufig weitere Privilegien hinzu. Orte
konnten sich den Rang eines "Marktes" mit der Zeit erwerben
oder wurden vom Landesfürsten mit Brief und Siegel zu
Märkten erhoben. Letzteres war im heutigen Vorarlberg nur
bei Hohenems 1605 der Fall. Dagegen werden wir bei
Rankweil, Götzis und Dornbirn von einer Marktwerdung durch
Gewohnheit sprechen müssen, während sich zum Beispiel der
jüngere Marktort Schruns nicht mehr als "Marktflecken"
durchsetzen konnte.
Im 19. Jahrhundert verlor das Marktrecht den Nimbus
einer landesfürstlichen Privilegierung. Spätestens Kaiser
Franz Josef ging dazu über, Ortschaften unabhängig vom
Marktrecht nominell zu "Märkten" zu erheben und Märkte zu
"Städten". Um 1875 scheint in Böhmen ein "Erhebungsfieber"
ausgebrochen zu sein, das zehn Jahre später Tirol erreichte
und schließlich auch auf Vorarlberg ansteckend wirkte. 1901
wurde Dornbirn zur Stadt erhoben, 1902 Lustenau zur
Marktgemeinde, 1905 folgte Hard.
Titel ohne Mittel
1918 ging das Recht zur Stadt- und Markterhebung vom
Kaiser auf die Bundesregierung und 1925 auf die Länder
über. Der Vorarlberger Landtag schuf eine gesetzliche
Grundlage und verlieh 1927 dem Montafoner Hauptort Schruns
das Recht zur Führung der Bezeichnung "Marktgemeinde". Es
folgten Bezau (1962), Wolfurt (1982), Lauterach (1985),
Nenzing (1985) und Frastanz (1985), Hohenems wurde 1983 zur
Stadt erhoben. Abgesehen vom schmückenden Titel sind
Marktgemeinden ganz normale Gemeinden. Außerhalb
Österreichs finden wir den Titel heute wohl nur noch in
Bayern, in Südtirol und im Trentino.
Ulrich Nachbaur und Peter Strasser werden
voraussichtlich am Mittwoch, 22. September 2004 in Schruns
ein kleines Buch über "Die Markterhebung von Schruns -
Marktgemeinden in Vorarlberg" vorstellen, das in der
erfolgreichen "Montafoner Schriftenreihe" des
Heimatschutzvereins im Tale Montafon erscheinen wird.
Weitere Informationen: www.landesarchiv.at,
www.montafon.at/museen.
(un/ug/Landesarchiv,nvl)
OTS0029 2004-08-13/09:02
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