• 19.07.2004, 13:06:44
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Huber: Wir möchten die Sensibilität in der Bevölkerung für bioethische Fragen wecken

Bioethikkommission stellt Bericht über Präimplantationsdiagnosik vor

Wien (OTS) - Der Vorsitzende der im Bundeskanzleramt eingerichteten
Bioethikkommission, Univ.Prof. DDr. Johannes Huber, stellte heute
gemeinsam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden UnivProf. Dr.
Günther Pöltner den Bericht der Bioethikkommission zur
Präimplantationsdiagnostik (PID) vor.

Übereinstimmende Auffassung aller Kommissionsmitglieder war, dass
eine uneingeschränkte Zulassung der PID keinesfalls befürwortet
werden soll. Aber auch ein Totalverbot der PID sei nach Ansicht der
Kommission weder ethisch noch rechtlich gerechtfertigt.

In ihren darüber hinaus gehenden Empfehlungen und Begründungen war
die Bioethikkommission nur teilweise einstimmig. Sie legte zwei
Standpunktsdarlegungen und Empfehlungen vor: 12 der 19 Mitglieder der
Kommission sprachen sich für eine beschränkte Zulassung der PID aus,
während 7 Mitglieder für eine Beibehaltung der bestehenden
Gesetzeslage eintraten. Aber selbst in diesen unterschiedlichen
Stellungnahmen gibt es Übereinstimmung in zwei Punkten:

Von allen Mitgliedern der Bioethikkommission wird die PID zum Zweck
einer positiven Selektion von gewünschten Merkmalen entschieden
abgelehnt.

Alle Mitglieder, auch jene, die sich für eine Beibehaltung der
bestehenden Gesetzeslage eintreten, erachten die PID dann für ethisch
akzeptabel, wenn Embryonen nicht oder nur begrenzt lebensfähig sind.
Kommissionsvorsitzender Huber: "Schon das geltende
Fortpflanzungsmedizingesetz erlaubt nach einer Auslegung eine
Untersuchung und Behandlung so genannter entwicklungsfähiger Zellen,
wenn dies zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderlich ist.
Demnach wäre die PID schon jetzt zulässig und rechtlich akzeptabel,
wenn Embryonen auf Grund von Chromosomenanomalien oder genetischen
Störungen nicht oder nur begrenzt lebensfähig sind; das bedeutet,
wenn es entweder nicht zur Einnistung in die Gebärmutter oder nicht
zur Geburt bzw. in kurzer Zeit nach der Geburt zum Tod kommt." Dabei
handelt es sich beispielsweise um schwerste Stoffwechselstörungen im
zentralen Nervensystem oder Trisomien der ersten 10 Chromosomen.
Univ. Prof. Dr. Pöltner wies in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf
den Unterschied zwischen "lebensfähig und lebenswert" hin. Pöltner:
"Man muss unterscheiden zwischen Lebensfähigkeit bzw.
Lebensunfähigkeit und lebensunwert und lebensunwert. Das ist eine
ganz wesentliche Unterscheidung."

12 Mitglieder der Bioethikkommission sprachen sich für die Zulassung
der PID auch in darüber hinaus gehenden Konstellationen aus: Die PID
sollte auch für Paare zugelassen werden, die ein hohes Risiko
aufweisen, ein Kind mit schwerer genetisch bedingter Erkrankung zu
bekommen. Die Entscheidung zur Vornahme der PID sollte auf den
Einzelfall bezogen sein, auf der Grundlage eines Indikationenmodells
und an Hand bestimmter Kriterien getroffen werden.

Huber: "Wir als Bioethikkommission haben uns zur Aufgabe gestellt,
für Fragen der Biomedizin und Bioethik - diese reichen von der
Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, im konkreten der Frau und
Mutter, bis zu Fragen, wann beginnt das menschliche Leben - die
Sensibilität in der Bevölkerung zu wecken. Wir hoffen, dass sich auch
andere Gruppen an der Diskussion beteiligen. Insbesondere erhoffen
wir aber auch eine Klarstellung durch die Legislative."

Als Arbeitsschwerpunkte für das nächste Jahr nannten Univ.Prof. DDr.
Huber und Univ.Prof. Dr. Pöltner Stellungnahmen zu Biobanken, in
welchen u.a. genetisches Material aufbewahrt wird, und zur
Nanotechnologie.

Der Bericht der Bioethikkommission zur Präimplantationsdiagnostik ist
im Internet abrufbar:

http://www.bundeskanzleramt.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3458&Alias=B
KA

OTS0101    2004-07-19/13:06

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