"Tiroler Tageszeitung" - Kommentar: "Überreguliert" (Von Gerd Glantschnig)

Innsbruck (OTS) - Das Bergisel-Drama ist beim neuen
Veranstaltungsesetz Pate gestanden. Denn alle Versäumnisse der
Behörden, die zu dem Unglück im Dezember 1999 geführt haben, sind nun
plötzlich gesetzliche Muss-Vorschriften geworden. Denn der Obrigkeit
ist durch ein Urteil am Innsbrucker Landesgericht ein beträchtliches
Maß an Mitschuld an dem Unglück zugemessen worden.
Das neue Veranstaltungsgesetz steht im Verdacht, in Zukunft jegliche
Verantwortung irgendwelcher Ämter von vornherein auszuschließen. Das
mag zunächst verständlich erscheinen. Und niemand wird sich darüber
aufregen, wenn da endlich ein Gesetz geschaffen wird, damit sich ein
solches Drama wie damals im Dezember 1999 nicht mehr wiederholt. Doch
das stimmt ganz und gar nicht. Denn das würde bedeuten, dass es vor
der Genehmigung der Snowboard-Veranstaltung keine entsprechenden
Vorschriften gegeben hätte. Und das stimmt ebenfalls nicht. Vielmehr
haben Gutachter und Gerichte klar und deutlich ausgesprochen, dass
die Behörden die damals bestehenden Gesetze entweder nicht
eingehalten oder gar missachtet haben.
Dennoch sah sich der Tiroler Landtag veranlasst, ein derart
überregulierendes Gesetz zu beschließen, das sogar die mit der
Durchführung beauftragten Bürgermeister auf die Palme bringt.
Sicherheitsbedürfnis hin oder her. Diesem Gesetz dürfte jedenfalls so
manches Straßenfest zum Opfer fallen. "Schluss mit lustig", schimmert
da zwischen den Paragraphen durch. Denn um sündteure
Sicherheitsdienste kommt da kaum mehr ein mittleres Straßenfest
herum, wenn zum Beispiel, so das Gesetz, "mit einem Fehlverhalten der
Besucher zu rechnen ist" oder "die Art der Veranstaltung eine
erhebliche Gefährdung der Besucher erwarten lässt." Solche
Gummiparagraphen öffnen zudem der behördlichen Willkür Tür und Tor.
Da wurde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Rückfragehinweis:
Tiroler Tageszeitung, Chefredaktion - Tel.: 05 04 03/ DW 601

OTS0227    2004-05-17/18:19

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