• 29.03.2004, 17:31:50
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"Bratislava geht gegen Wien in Führung " von Angelika Kramer

Wirtschaftsblatt Kommentar

Wien (OTS) - "Länder mit zu hohen Steuern werden Investitionen
verlieren", meinte letzte Woche der Finanzminister der Slowakei, Ivan
Miklo, der auch als Vater der slowakischen Flat Tax gilt. Sprach's
und wird sogleich mit einem Beweisbeispiel belohnt: Am vergangenen
Freitag hat der Chemiekonzern BASF angekündigt, Wien den Rücken zu
kehren, um die Kostenvorteile in Bratislava geniessen zu können. Für
den Chef des Logistikkonzerns Kühne & Nagel, Friedrich Macher, ist
die Entscheidung von BASF eine leicht nachvollziehbare Macher
kritisiert die "lausige Performance der österreichischen
Standortpolitik."

Es ist zu erwarten, dass der Exodus der BASF nicht der letzte
bleiben wird. Mehrere hundert Unternehmen haben ihre
Osteuropa-Zentralen (noch) in Wien angesiedelt. Ein Blick über die
Grenze ins Steuer-Schlaraffenland Slowakei könnte sie dazu
veranlassen, ihre Umzugskartons zu packen. Der 19
Prozent-Einheitssteuersatz, der seit 1.1.2004 gilt übrigens einer
der niedrigsten in ganz Europa ist für viele Unternehmen einfach zu
attraktiv. Zusätzliches Zuckerl: Die Erbschafts- und Schenkungssteuer
wurde der Einfachheit halber gleich ganz gestrichen. Das
EU-Beitrittsland Slowakei hat mit dieser drastischen Steuerreform den
westlichen Nachbarländern den Fehdehandschuh hingeworfen und jetzt
zeigt sich: Die Rechnung scheint aufzugehen. Unser östlicher Nachbar
ist in kürzester Zeit in Relation zur Bevölkerung gesehen zum
zweitgrössten Autoproduzenten der Welt herangewachsen, und auch in
anderen Branchen, etwa bei Konsumgütern oder Umwelttechnik, rollt der
Euro unaufhaltsam gen Osten.

Die österreichische Politik hat den Fehdehandschuh aufgenommen und
will bekanntlich ab 2005 die Körperschaftssteuer von 34 auf 25
Prozent senken. Damit soll der drohenden Firmen-Abwanderung ein
Riegel vorgeschoben werden. Die heimische Wirtschaft ist damit
zufrieden, hat sie doch jahrelang um eine Senkung der
Unternehmenssteuern gekämpft. Sie vergisst dabei allerdings, dass der
Spitzensteuersatz mit 50 Prozent nach wie vor einer der höchsten in
der Europäischen Union ist. Ausserdem hat der Konkurrent Slowakei
jetzt ein Jahr Vorsprung, den Investoren seine Attraktivität
gegenüber dem Standort Österreich unter Beweis zu stellen. Ein Jahr,
das er wie soeben vorexerziert in seinem Sinne nützen wird.

OTS0222    2004-03-29/17:31

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