- 27.02.2004, 13:17:47
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Tumpel fordert Reform der eklatanten Frauenbenachteiligung bei der Notstandshilfe
Wien (AK) - Neun von zehn abgelehnten Anträgen auf Notstandshilfe
kommen von Frauen. Und von jenen Frauen, die eine Notstandshilfe
erhalten, erhalten wiederum rund 90 Prozent nur einen Betrag, der
niedriger ist als der Ausgleichszulagenrichtsatz, der als
"Armutsgrenze" nach dem ASVG gilt. Das Notstandshilferecht ist also
nicht nur nicht geeignet, Notlagen zu verhindern, sondern
benachteiligt noch dazu die Gruppe der Frauen, die von Armut am
meisten gefährdet ist. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof nach einer
Arbeiterkammerbeschwerde diese Regelungen kürzlich als nicht
EU-rechtswidrig eingestuft hat, fordert AK Präsident Herbert Tumpel
nun die Regierung auf, diese unsozialen Bestimmungen des
Notstandshilferechts endlich zu sanieren: "Diese eklatante
Benachteiligung der Frauen gehört rasch beseitigt."
Das mittlere Einkommen (brutto ohne Sonderzahlungen) betrug im
Jahr 2002 bei unselbständig erwerbstätigen Frauen 1.279 Euro
monatlich, jenes der Männer 1.904 Euro. Somit war das Einkommen von
Frauen um 33 Prozent niedriger als jenes von Männern. Da bei der
Notstandshilfe das Partnereinkommen angerechnet wird, werden de facto
die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern für die
Bewertung eines Anspruchs zugrunde gelegt. Dies führt zu
struktureller Benachteiligung von Frauen bei der Notstandshilfe und
beim davon abgeleiteten Sozialversicherungsschutz.
Das im Durchschnitt höhere Einkommen von Männern hat zur Folge,
dass Frauen bei der Notstandshilfe ein höheres Einkommen
gegengerechnet wird. Hinzu kommt, dass die Notstandshilfe von Frauen
deutlich geringer ist und ihnen daher bei der Anrechnung des
Partnereinkommens viel rascher der komplette Verlust der
Notstandshilfe droht. Im Jahr 2003 wurden 15.124 Anträge auf
Notstandshilfe wegen Gegenrechnung von Partnereinkommen abgelehnt
oder eingstellt. Zu 85 Prozent (12.888 Fälle) waren davon Frauen
betroffen. Ohne Notstandshilfe entfällt gleichzeitig der Schutz in
der Kranken- und Pensionsversicherung. Für viele Frauen setzt sich
diese Benachteiligung daher durch eine mangelnde Absicherung im Alter
fort.
Diese Diskriminierung von Frauen war Anlass, die Berechnung der
Notstandshilfe wegen mittelbarer Diskriminierung gerichtlich
anzufechten. In dem jüngst ergangenen Erkenntnis hat der VwGH die
mittelbare Diskriminierung zwar nicht bestritten, allerdings gemeint,
dass die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe zur
Sicherung eines Existenzminimums gerechtfertigt sei.
Politik gefordert
Nach Ansicht von Tumpel ist nun die Politik aufgefordert, das
Notstandshilferecht so abzuändern, dass die mittelbare Diskriminerung
von Frauen beseitigt wird und verlangt:
+ die Abschaffung der unsozialen Anrechnungsbestimmungen in der
Notstandshilfe
+ existenzsichernde Standards bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe
ohne Benachteiligung von Frauen
+ einen Pensions- und Krankenversicherungsschutz für Arbeit suchende
Frauen und Männer, die nur wegen der Einkommensanrechnung keine
Notstandshilfe erhalten.
OTS0195 2004-02-27/13:17
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