Österreichischer Familienbund präsentiert mit Verfassungsexperten DDr. Lengheimer Broschüre "Wie allgemein ist das Wahlrecht?"
Wien (OTS) - Das gleiche Wahlrecht für alle Staatsbürger ist ein
in einer Demokratie unverzichtbares Grundrecht. Dieser
emanzipatorische Gedanke, dass jeder Mensch in einer Demokratie ein
Gewicht, also auch ein Wahlrecht haben soll, führt zu der Forderung
des Österreichischen Familienbundes nach Einführung eines
Kinderwahlrechtes, sagte heute der Präsident des Österreichischen
Familienbundes, LAbg. Mag. Otto Gumpinger anlässlich der Präsentation
der Broschüre "Wie allgemein ist das Wahlrecht?", die von dem
Verfassungsexperten DDr. Karl Lengheimer für den Familienbund
erstellt wurde.
Hinzu kommt noch, so Gumpinger, dass die demographische
Entwicklung in Österreich den Generationenvertrag auf eine harte
Probe stellen wird. Der Einfluss von Familien auf politische
Entscheidungen wird aufgrund ihres abnehmenden Bevölkerungsanteils
noch weiter zurückgehen. Bis zum Jahr 2050 wird ein Drittel der
Bevölkerung 60 Jahre und älter sein. Politische Entscheidungsträger
werden daher vor allem dieser Bevölkerungsgruppe mehr Augenmerk
schenken. Die Pensionen für diese Bevölkerungsgruppe müssen aber von
den im Arbeitsleben stehenden jungen Menschen beziehungsweise
Familien gezahlt werden. Ein heute schon lodernder
Generationenkonflikt ist so mit vorprogrammiert.
Wir können daher so Gumpinger die Zukunft der Familien nur dann
verbessern, wenn wir den Familien die Chance geben auf politische
Entscheidungen stärker Einfluss zu nehmen. Aus diesem Grund hat der
renommierte Verfassungsexperte und Mitglied des Verfassungskonvents
DDr. Karl Lengheimer für den Österreichischen Familienbund eine
Broschüre zum Thema "Wie allgemein ist das Wahlrecht?" erstellt, die
kostenlos im Generalsekretariat des Österreichischen Familienbundes
unter der Telefonnummer: 02742/77304 oder per mail: gs@familienbund
angefordert werden kann.
Wie allgemein ist das Wahlrecht?
Das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht gehört zu den
wichtigsten Grundpfeilern eines demokratischen Staatswesens. Wird
doch durch die Wahl in einer Demokratie über die Ausübung der
staatlichen Macht entschieden, sagte der Verfassungsexperte DDr.
Lengheimer bei der Präsentation seiner Broschüre "Wie allgemein ist
das Wahlrecht?"
Gerät das Wahlrecht in Diskussion, ist daher größte Vorsicht
geboten, denn kaum eine maßgebliche politische Kraft wird eine
Änderung des Wahlrechtes auf Grund völlig uneigennütziger
Überlegungen befürworten. Dennoch kann man sich von Zeit zu Zeit
einer Weiterentwicklung nicht verschließen, sonst wären wir noch
immer beim Kurienwahlrecht des neunzehnten Jahrhunderts.
Weiterentwicklung des Wahlrechts
Das Wahlrecht zu den allgemeinen Vertretungskörpern in Österreich
ist in letzter Zeit in Diskussion geraten. Einerseits wird eine
Herabsetzung des Wahlalters oder die Beteiligung von nicht
österreichischen Staatsbürgern gefordert, andererseits die
Erleichterung der Wahlausübung durch die Briefwahl und neuerdings
auch das Stimmrecht der Eltern für ihre - nicht wahlberechtigten -
Kinder. Die derzeitige österreichische Bundesregierung erklärte in
ihrem Regierungsprogramm die Weiterentwicklung des Wahlrechts zu
ihrem Ziel. Im "Österreich-Konvent" zur Reform der Bundesverfassung
ist das Wahlrecht ebenfalls explizit zum Thema erklärt worden.
Auf Anregung des Österreichischen Familienbundes soll die
Forderung nach einem Stimmrecht der Eltern für ihre Kinder
(vereinfachend mitunter auch als "Kinderwahlrecht" bezeichnet) in
dieser Arbeit einer verfassungspolitischen und verfassungsrechtlichen
Erörterung unterzogen werden, so Lengheimer in der Einleitung zu der
Broschüre.
Hiefür ist es erforderlich, zunächst das geltende Wahlrecht,
insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Allgemeinheit kritisch
zu betrachten. In einem weiteren Schritt sollen die möglichen Arten
der Partizipation von Kindern und Jugendlichen an der staatlichen
Willensbildung, und die rechtspolitischen Argumente dafür und dagegen
kurz dargestellt werden. Schließlich muss geprüft werden, ob und wie
ein solches Kinderwahlrecht in die österreichische Wahlrechtsordnung
zu integrieren wäre und endlich sollen Wege aufgezeigt werden, wie
die Diskussion über eine Ausdehnung des allgemeinen Wahlrechtes mit
viel Sachlichkeit und wenig Polemik weitergeführt werden könnte.
Allgemeines Wahlrecht als wichtigster Wahlgrundsatz
Dem Grundsatz des allgemeinen Wahlrechtes wird - fast möchte man
sagen: gewohnheitsmäßig - weniger Sorgfalt beigemessen, als dem
gleichen, dem geheimen oder sogar dem Verhältniswahlrecht. Und dies,
obwohl es sich bei der Allgemeinheit des Wahlrechtes um den
wichtigsten der Wahlrechtsgrundsätze handelt. Denn nur für jene, die
an der Wahl teilzunehmen berechtigt sind, können die Grundsätze für
dessen Ausübung zur Anwendung kommen. Was nützt die Geheimhaltung der
Stimmabgabe, die möglichst gleiche Gewichtung der Stimme oder die
verhältnismäßige Verteilung der Mandate, wenn man an der Wahl gar
nicht teilnehmen kann. Der Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechtes
ist daher im Interesse der Weiterentwicklung der Demokratie besondere
Sorgfalt zuzuwenden.
Diskussion über Kinderwahlrecht zulassen
Erforderlich sind zunächst einmal gesetzgeberische Aktivitäten, um
möglichst vielen der schon jetzt wahlberechtigten Bürger die
Möglichkeit zu geben, an der Wahl auch tatsächlich teilzunehmen.
Hiezu gehört die Festlegung ausreichender Wahlzeiten ebenso, wie die
Ermöglichung der Briefwahl oder die sonstige Stimmabgabe außerhalb
der Wahllokale. Des Weiteren ist es aber auch notwendig, ernsthaft
die wesentlichste Ausnahme vom allgemeinen Wahlrecht zu diskutieren,
die Beschränkung der Mitbestimmung auf Erwachsene. Dabei muss
allerdings darauf Bedacht genommen werden, die von Vielen als
unsachlich empfundene Wahlaltersgrenze von 18 Jahren nicht durch eine
mindestens ebenso wenig sachlich fundierte von 16 oder auch 14 Jahren
zu ersetzen. Die Alternative, das Wahlrecht aller Menschen jeden
Alters mag manchen noch als realitätsfremdes Postulat scheinen. Was
spricht gegen eine schrittweise Einführung bzw. Erprobung bestimmter
Modelle ebenso wie dies mit Wahlalterherabsetzungen bereits geschehen
ist? Die neu zu erstellende Bundesverfassung könnte dafür den
Wahlrechtsgesetzgebern die notwendige Gestaltungsautonomie einräumen.
Einerseits "Wahlrecht ab 16" zu fordern und andererseits jedwede
Diskussion über ein Kinderstimmrecht zu verweigern, lässt jenes
notwendige Maß an demokratischer Diskussionskultur vermissen, welche
eine gute Weiterentwicklung unseres demokratischen Systems
voraussetzt, kommt Lengheimer zum Schluss.
OTS0061 2004-02-19/10:23
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