Leitende Sekretärin Bachner: "Wenn es die Gewerkschaftsbewegung will, dann stehen die Räder still"
Wien (ÖGB). "Die Jahre von 1999 bis zum heutigen 15.
ÖGB-Bundeskongress waren vier Jahre, in denen wir uns neuen
Herausforderungen zu stellen hatten, um unserem obersten Auftrag, die
Interessen unserer Mitglieder und darüber hinaus aller
ArbeitnehmerInnen zu vertreten, gerecht zu werden", stellte die
Leitende Sekretärin im ÖGB, Roswitha Bachner, in ihrem Bericht an die
Delegierten des Kongresses fest. Als größte Erfolge nannte sie unter
anderen die ÖGB-Urabstimmung, die Abwehrstreiks und die Groß-Demo am
Wiener Heldenplatz im heurigen Jahr.++++
"Es gab Momente, in denen es große Erfolge für uns gab", erinnerte
Bachner an den 19. Oktober 2001, als 806.545 Mitglieder oder 56,5
Prozent aller ÖGB-Mitglieder bei der ÖGB-Urabstimmung für soziale
Gerechtigkeit votierten. "Die ÖGB-Urabstimmung war einer der größten
Erfolge in der Gewerkschaftsgeschichte und unterstrich eindrucksvoll,
dass wir jederzeit in der Lage sind, rasch und professionell zu
mobilisieren. In nur drei Monaten wurde eine ÖGB-Urabstimmung
durchgeführt, die ihresgleichen sucht", sagte die Leitende
Sekretärin.
Eindrucksvoll die ÖGB-Demonstration heuer im Mai am Wiener
Heldenplatz. Weder Hagel, Sturm noch heftige Gewitter konnten 200.000
Menschen davon abhalten, ihren Unmut gegen die so genannte
"Pensionssicherungsreform" der Bundesregierung zu äußern. Bachner:
"Auch wenn es die Bundesregierung nicht glauben wollte, aber sowohl
am 6. Mai als auch am 3. Juni 2003 bewiesen die österreichweiten
Abwehrstreiks sehr deutlich unsere Organisationsstärke." Mehr als
10.000 Aktionen in ganz Österreich am ersten Streiktag und mehr als
eine Million Menschen in 18.000 Betrieben, Dienststellen und
Unternehmen am 3. Juni unterstrichen "Wenn es die
Gewerkschaftsbewegung will, dann stehen die Räder still".
Die Streikvorbereitungen und die daraus resultierenden Maßnahmen
waren die größten Aktionen seit Bestehen der Zweiten Republik und
bewirkten, dass die Bundesregierung von ihren ursprünglichen
Pensionsplänen - die nach wie vor nicht akzeptierbar sind - weit
abrückte. "Wir haben am vergangenen Freitag unser ÖGB-Modell der
'Österreich-Pension' präsentiert. Sie ist fair, sozial gerecht und
zukunftsweisend und soll die Pensionsreform 2003 ersetzen",
verdeutlichte Bachner.
Bundesregierung verließ den Weg des Dialoges
Hätte die Bundesregierung nicht einen durch soziale Kälte und
enorme Belastungen geprägten arbeitnehmerInnenfeindlichen Weg
eingeschlagen, hätte die Bundesregierung nicht den ÖGB, seine
Gewerkschaften und auch die Arbeiterkammer in Frage gestellt und
hätte die Bundesregierung den Weg des Dialoges und nicht den der
Konfrontation gesucht, dann wäre dies alles nicht notwendig gewesen.
"Speed kills" lohnt sich nicht wie die Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes vom vergangenen Freitag verdeutlicht, mit
der die Umstrukturierung im Hauptverband der
Sozialversicherungsträger als verfassungswidrig bestätigt wurde",
führte Bachner aus.
Die vergangenen vier Jahre waren auch durch einen sehr negativen
Umbruch in der Frauenpolitik gekennzeichnet. Vor allem die Situation
am Arbeitsmarkt ist für Frauen durch die Verschiebung von Vollzeit-
auf Teilzeitarbeitsplätze, geringfügig Beschäftigte und sozial
ungeschützte freie Dienstverträge schwieriger geworden. Darauf wurde
mit dem Projekt "FlexPower" reagiert, das Auskunft in sozial-,
steuer- und vertragsrechtlichen Angelegenheiten gibt.
Mit der Realisierung des Internetprojektes "Gewerkschaften Online"
wurde eines der besten gewerkschaftlichen Internetportale Europas
umgesetzt. "1,4 Millionen Gewerkschaftsmitglieder können sich nun
aktiv mit Web-Mail, Chats, Foren, Instant Messanger, Newsletter und
SMS am World Wide Web beteiligen", sagte Bachner. Viele tolle
Aktionen setzte im Berichtszeitraum auch die Jugend. Ein "Renner" ist
der ÖGJ-Aktionsbus, der seit 2001 durch Österreich tourt, um
Jugendliche zu betreuen und als Mitglieder zu werben. In der
Öffentlichkeitsarbeit ermöglichte das Servicecenter Grafik-Design
einen Qualitätssprung und wohl einmalig in Österreich ist das Angebot
der Solidarität-Lehrredaktion: Seit 2001 gibt es jährlich eine
Lehrredaktion zur Ausbildung von Nachwuchs-JournalistInnen.
Nahezu 4000 FunktionärInnen beteiligten sich an den Bildungs-,
Freizeit- und Kulturangeboten und bei der EU-Gemeinschaftsinitiative
EQUAL ist der ÖGB bei 24 Projekten beteiligt. Vor besonderen
Herausforderungen wurde im Berichtszeitraum das Referat für
Kampagnen, Projekte, Zielgruppen gestellt. Immer wenn es um
aktionistische Veranstaltungen wie Demos, Menschenkette oder die
Aktion Stopp-GATS ging, waren die Ideen der KollegInnen besonders
gefragt.
Mit 1.406.519 Mitgliedern die größte freiwillige Interessenvertretung
Nicht nur Menschen sind unsere Stärke. Die Stärke der
Gewerkschaftsbewegung spiegelt sich auch in der Anzahl ihrer
Mitglieder wider. Besonders positiv fällt auf, dass vor allem für
jüngere Menschen die Gewerkschaftsbewegung immer attraktiver wird und
auch bei den Frauen sind Mitgliederzuwächse zu verzeichnen. Bachner:
"Per Stichtag 31. Dezember 2002 verzeichnete die
Gewerkschaftsbewegung einen Mitgliederstand von insgesamt 1.406.519
Menschen. Damit sind wir die größte freiwillige Interessenvertretung
unseres Landes."
Die Erfolge waren aber nur möglich, weil wir gemeinsam unsere
Ziele verfolgten, weil wir an die Erfolge glaubten, weil wir
Kampfgeist, Engagement, Einsatzwille und Einsatzbereitschaft gezeigt
haben. Bachner abschließend: "Das wird uns auch in Zukunft
auszeichnen, wenn es darum geht, unser Kongressmotto "Menschen sind
unsere Stärke - Arbeit in einem sozialen Europa" in die Tat
umzusetzen und mit Leben zu erfüllen." (ew)
Die gesamte Rede ist unter www.bundeskongress.at abrufbar.
ÖGB, 14. Oktober 2003
Nr. 842
Der ÖGB-Bundeskongress wird auch live im Internet (www.oegb.at)
übertragen.
OTS0242 2003-10-14/16:06
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