- 27.04.2003, 08:00:00
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"profil": Prodi: "Keine Chance mehr für Transitlösung"
EU-Kommissionspräsident Prodi räumt Scheitern von Vermittlungsbemühungen ein - "Keine Hoffnung auf zeitgerechte Sonderlösung"
Wien (OTS) - EU-Kommissionspräsident Romano Prodi bezweifelt in
einem Interview im neuen "profil", dass für Österreich noch
rechtzeitig in diesem Jahr eine Lösung im LKW-Transitstreit mit den
übrigen EU-Ländern gefunden werden kann. "Kurzfristig sehe ich
derzeit keine Chance mehr für eine Verlängerung des
Transitabkommens", erklärt Prodi inBezug auf die nur noch bis Ende
des Jahres geltende Regelung. "Ich habe mich wirklich ernsthaft
bemüht und diesem für Österreich so wichtigen Problem viel Zeit
gewidmet. Aber ich bin immer wieder auf Vetos verschiedener
Mitgliedsländer gestoßen."
Der EU-Kommissionspräsident räumt ein, dass seine
Vermittlungssversuche vor allem in Italien nichts gefruchtet haben.
Prodi: "Ich habe mich auch sehr bemüht, die Regierung in meinem
Heimatland zu überzeugen, dass Österreich eine Sonderregelung
braucht. Aber es ist mir nicht gelungen."
Der von der EU-Kommission bis Juni vorzulegende Entwurf einer
neuen Richtlinie für eine EU-weite LKW-Maut ("Wegekosten-Richtlinie")
kommt für Österreich zu spät. "Bis diese neue Richtlinie umgesetzt
wird, könnten noch einige Jahre vergehen", meint Prodi. "Das hilft
Österreich kurzfristig nicht. Es ist schlimm, aber derzeit gibt es
keine Hoffnung auf eine zeitgerechte Sonderregelung für das
österreichische Transitproblem."
Daran trage auch die Verzögerungstaktik durch Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel Mitschuld. Österreich hätte den dänischen
Kompromissvorschlag akzeptieren sollen. "Das letzte Treffen der
Verkehrsminister am Silvestertag hätte zu einer Einigung führen
können. Doch leider kam es nicht dazu. Später hat das Europaparlament
eine für Österreich wesentlich schlechtere Regelung mehrheitlich
angenommen. Auch wenn die EU-Verkehrsminister den Silvesterkompromiss
inzwischen akzeptiert haben, fangen wir praktisch wieder von vorne
an."
Scharf kritisiert Prodi die jüngsten Vorschläge von
EU-Konventspräsident Valéry Giscard d'Estaing für eine Reform der
EU-Institutionen. "Die neuen Vorschläge von Herrn Giscard d'Estaing
entssprechen nicht der Zielrichtung der EU. Sie würden sogar ein Ende
der mehr als 40-jährigen Geschichte der EU bedeuten." Kleinere
EU-Staaten fürchteten zu Recht ein Direktorat der Großen, falls
Giscards Pläne umgesetzt würden. "Es geht um eine Union, in der
kleine und größere EU-Mitglieder weiterhin gleichberechtigt vertreten
sind."
Zum Irakkrieg befragt, bleibt Prodi bei seiner Ablehnung, hofft
aber auf einen "neuen Start der Zusammenarbeit zwischen der EU und
den USA". Beim Wiederaufbau des Irak, vor allem beim Aufbau
demokratischer Strukturen, müssten die UN eine zentrale Rolle
spielen. "Man braucht einfach einen unabhängigen Schiedsrichter, und
der darf nicht die siegreiche Macht sein."
Die Drohungen von US-Außenminister Colin Powell mit "ernsthaften
Konsequenzen" gegen Frankreich weist Prodi scharf zurück. "Man kann
ein Land nicht für eine unterschiedliche Meinung bestrafen. Es ist
einfach inakzeptabel, wenn die USA Frankreich von Entscheidungen in
internationalen Gremien wie UN oder NATO ausschalten wollen.
Unterschiedliche politische Haltungen müssen respektiert werden, auch
von der US-Regierung."
Rückfragehinweis:
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Tel.: (01) 534 70 DW 2501 und 2502
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