- 13.01.2003, 11:30:50
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Föhrenbergkreis: "Das Verwaltungssystem knebelt das politische System."
Föhrenbergkreis skizziert Staatsreform / Staat auf drei Kernaufgaben beschränken / Keine Verwaltungsapparate in den Bundesländern / Solidarität über den Markt / Komplementärwährungen als Konzept gegen die Entkoppelung der Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft / Honorierung von Leistungen fern des Konsumgütermarktes
Donnerstag Abend fand im Haus der Industrie die "Spurensuche nach
einem neuen Staat" statt. Es handelte sich dabei um die
Auftaktveranstaltung einer Reihe des Föhrenbergkreises. Im Rahmen der
Veranstaltung präsentierten Kurt Engleitner (ehem. Vorstand ÖIAG,
heute Personalberater und Vorsitzender des Föhrenbergkreises), Helmut
Krünes (ehem. Bundesminister für Landesverteidigung, heute
Geschäftsführer Forschungszentrum Seibersdorf), Ernst Gehmacher
(Wirtschaftsforscher), Günther Robol (ehem. Chef von pricewaterhouse
Österreich, Wirtschaftstreuhänder und Unternehmensberater) und Helmut
F. Karner (ehem. Generaldirektor von Olivetti, heute
Unternehmensberater) ein Konzept für eine radikale Staatsreform.
Universitätsprofessor Norbert Leser kommentierte und reflektierte die
präsentierten Inhalte. Die Podiums- und Publikumsdiskussion wurden
von Alfred Payrleitner (Kurier) moderiert.
IV-Generalsekretär Lorenz Fritz betonte in seiner Begrüßung die
Wichtigkeit des Werts der 'Nachhaltigkeit', der für den
Föhrenbergkreis stets ein bestimmender Grundsatz gewesen sei. Es gehe
darum, aus der europäischen Gesellschaft eine nachhaltige zu machen;
nur Europa könne in der Triade (Amerika/Europa/Asien) diese besondere
Vorreiterrolle einnehmen, so Fritz.
Das bearbeitete Themenspektrum reichte von Fragen des öffentlichen
Dienstes über Geldpolitik bis zu elementaren Fragen des
Zusammenlebens. Der Grundtenor, den alle Referenten betonten, lautet
"Weniger Staat". Es gehe darum, den Staat auf drei ureigene Aufgaben
zu beschränken:
1. Garantie der Rechtsstaatlichkeit
2. innere und äußere Sicherheit
3. Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Marktes
Das Verwaltungssystem kneble das politische System, so
Föhrenbergkreis-Präsident Kurt Engleitner. Daher sei in der
Vergangenheit allenfalls vorhandener politischer Wille zu Reformen
des Staatswesens stets gescheitert. Für Helmut Krünes, hängt etwa die
Identität der Bundesländer nicht davon ab, ob sie eine eigene
Verwaltung haben. Die Verwaltungsapparate in den Bundesländern seien
weitestgehend nicht notwendig.
"Je größer der Wohlfahrtsstaat, desto geringer die Solidarität",
bricht Helmut F. Karner mit dem falschen Paradigma vom Staat, der
Solidarität schaffen würde. "Durch das Reicherwerden wird die
Orientierung am Gemeinwohl immer wichtiger", betonte Ernst Gehmacher.
Es sei aber ein Fehler, zu glauben, dass der Staat das leisten könne.
Politischer Wille könne nur über den Markt wirken. Gehmacher will als
'Markt' nicht den begrenzten Bereich der Konsumgüter verstanden
wissen, sondern der Rahmen, innerhalb dessen auch all die Leistungen,
die nicht auf dem Konsumgütermarkt gekauft werden können, erbracht
werden. Es gehe hier zum Beispiel um Betreuungsleistungen.
Für Günther Robol sind die Menschen, die etwa solche
Betreuungsleistungen erbringen - in kostenrechnerischer Terminologie
- 'Bestandsgrößen' der Volkswirtschaft. Es sei daher ein Irrtum, dass
das Bruttonationalprodukt anhand von 'Flussgrößen' errechnet werde
und daher falsch sei. Die falschen Messgrößen führen, so Robol, dazu,
dass bestimme Leistungen nicht oder nur inadäquat entgolten werden.
Lokale Komplementärwährungen wären hier eine Lösung, die es
ermöglicht, in überschaubaren Einheiten der Gesellschaft, zum
Beispiel Gemeinden, Leistungen zu honorieren. Robol konkretisierte
das Problemfeld: "Wir haben Geld irrtümlich zum Wirtschaftsgut
gemacht, gedacht ist es als Symbol für reale Werte." Wenn Renditen
auf den Finanzmärkten keine reale Wertschöpfung gegenüber stehe,
führe sich das Sytsem ad absurdum.
Der Föhrenbergkreis ist eine Runde von offenen, kritischen
Unternehmern, Führungskräften, Politikern verschiedener Parteien,
Freiberuflern und Universitätslehrern. Er ist parteiunabhängig und
politisch engagiert. Seit seiner Gründung 1992 hat er durch
zahlreiche Publikationen, Veranstaltungen und öffentlich gestellte
Fragen, die "auf Problembewusstsein treffen".
Rückfragehinweis: Dr. Helmut F. Karner
Föhrenbergkreis
+43 664 1426302
mailto:hfkarner@netway.at
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