"Tiroler Tageszeitung" - Kommentar: "Unsicherheit bleibt" (Von Claus Reitan)
Ausgabe vom 2. Jänner 2003
Innsbruck (OTS) - Ein jeder US-Truppentransport in die Golfregion steigert in Europa die Kriegsangst. In der Ersten Welt stagnieren die Börsen, der Konsum und die Investitionen auf niedrigem Niveau. Das neue Jahr 2003 startet unter Vorzeichen, die es von 2002, dem Jahr der großen Verunsicherung übernommen hat: Angst und Flaute. Internationale Politik und Wirtschaft sind zum Jahresauftakt zynisch miteinander verbunden. Schon kursiert das bedenkliche Wort, die Angst vor einem Krieg gegen den Irak lähme die Kapitalmärkte noch mehr als ein tatsächlicher Militärschlag der USA. Zur Beruhigung teilen Experten verstörten Zeitgenossen dann mit, auch nach dem Golfkrieg 1990/91 habe sich wirtschaftlicher Aufschwung eingestellt, als das schnelle Ende der Militäroffensive absehbar gewesen sei.
So schnell und einfach wird das diesmal nicht gehen, denn das Problem liegt tiefer.
Der Aufmarsch der US-Truppen am Golf nimmt die Formen einer Armada an, der allerdings die Grundlage fehlt. Derzeit, so sagt UNO-Generalsekretär Kofi Annan, gebe es nichts, was einen Waffengang gegen den Irak rechtfertigen könnte. Frankreichs Premier Raffarin betonte, lediglich die UNO hätten die Vollmacht, die internationale Gemeinschaft zu mobilisieren. Damit vertreten sie eine Linie, die zumindest in Europa mehrheitsfähig ist: Ja zum Kampf gegen den Terror, Nein zur Beseitigung eines Diktators von außen. Wobei am verbrecherisch-mörderischen Regime des Diktators in Bagdad kein Zweifel bestehen kann.
Dieser Diskussion, im Alleingang einen Diktator zu beseitigen, muss sich die US-Führung stellen. Nicht zuletzt der Außenminister des Vatikans, Erzbischof Jean-Louis Tauran, kritisierte die USA jetzt scharf. Kein Land, so Tauran, habe das Recht, einen Präventivkrieg zu führen. Sonst breche das System internationaler Regeln zusammen.
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