Gleichstellung mit Ehen durch Mietvertrag für beide Partner ab 1. November 2002
Wien (OTS) - "Der Gemeindebau ist nicht nur bei der Mietzinshöhe
vorbildlich, sondern hat auch bei den Mieterrechten eine
Vorreiterrolle. Eine mieterfreundliche Hausverwaltung muss sich an
den Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner orientieren. Die
Benachteiligung von Lebensgemeinschaften gegenüber Ehen ist ungerecht
und wirkt sich für eine steigende Anzahl von Mietern negativ aus.
Denn immer mehr Paare und Familien verzichten auf einen Trauschein.
Deshalb hat Wiener Wohnen einen Schritt gesetzt, durch den ab 1.
November Lebensgefährten in Gemeindewohnungen beruhigter und sicherer
in die Zukunft blicken können. Ab diesem Zeitpunkt kann auch die
Lebensgefährtin/der Lebensgefährte in den Mietvertrag einsteigen und
hat dadurch wesentliche stärkere Rechte als bisher", erklärte
Wohnbaustadtrat Werner Faymann am Mittwoch in einem Pressegespräch.
In der Praxis von Wiener Wohnen, des Mieterhilfetelefons, der
Mieterorganisation taucht immer wieder das Problem auf, dass
LebensgefährtInnen im Unterschied zu EhegattInnen aufgrund des
Mietrechtsgesetzes keine Möglichkeit haben, die Mietrechte unter
Lebenden abzutreten. Diese Ungleichbehandlung führt in der Praxis
immer wieder zu Härtefällen. Wird nämlich eine Lebensgemeinschaft
aufgelöst und die Mietrechte durch den Hauptmieter beendet, muss
derzeit auch der/die LebensgefährtIn die Wohnung verlassen.
Da das Mietrechtsgesetz ein Bundesgesetz ist, hat
Wohnbaustadtrat Werner Faymann dort gehandelt, wo aufgrund der
Tatsache, dass die Stadt Wien Hauseigentümerin ist, die Möglichkeit
besteht : Im Bereich der 220.000 Wiener Gemeindewohnungen.
Lebensgemeinschaften werden dort ab 1. November gleich wie Ehen
behandelt. Möglich ist das dadurch, dass beide Partner beim Einzug in
die Wohnung einen gemeinsamen Mietvertrag mit Wiener Wohnen
abschließen. Bei bestehenden Mietverträgen kann der Lebenspartner bei
mindestens zweijährigem Zusammenleben in den Mietvertrag mit Wiener
Wohnen einsteigen.
"Es ist uns in den letzten Jahren gelungen, durch beschleunigte
Vergabe und effizientere Verwaltung die Vormerkzahlen konstant zu
halten. Das war die Grundvoraussetzung dafür, diese Verbesserung
durchführen zu können. Denn das Ziel ist natürlich sozial, gerecht
und zielgenau Wohnungen zu vergeben und vorbildlich mieterfreundliche
Regelungen im Gemeindebau zu haben, gleichzeitig aber auch
überschaubare Wartezeiten zu gewährleisten", so Faymann.
Wiener Wohnen hat schon bisher sehr mieterfreundliche
Regelungen, die weit über das Mietrechtsgesetz hinausgehen. So ist es
zum Beispiel nicht mehr notwendig, dass Kinder oder Enkel im
gemeinsamen Haushalt leben müssen, um die Gemeindewohnung ihrer
Eltern oder Großeltern übernehmen zu können. Für Lebensgefährten des
Mieters/der Mieterin allerdings gibt es bisher kaum eine Möglichkeit,
in der Wohnung zu bleiben, wenn der Mieter/die Mieterin auszieht. Und
das, auch dann, wenn die beiden vorher jahrelang zusammengelebt
haben.
Diese rechtliche Gleichstellung von Lebensgemeinschaften mit
Ehen ist aufgrund der veränderten Lebensweise der Wienerinnen und
Wiener notwendig geworden. Die Zahl der Eheschließungen ist in den
letzten Jahren kontinuierlich gesunken, die Zahl der Scheidungen
hingegen gestiegen. Lebensgemeinschaften sind eine durchaus übliche
Form des Zusammenlebens. Die Stadt passt hier Regelungen, die auf Ehe
als "Normalform" zugeschnitten waren, an die modernen Gegebenheiten
an.
Die Neuregelung im Konkreten
Für neue Mietverträge (Pro Jahr werden etwa 12.000
Gemeindewohnungen vergeben):
Beantragen LebensgefährtInnen (gleich- oder
verschiedengeschlechtlich) gemeinsam den Erhalt einer
Gemeindewohnung, wird mit beiden Partnern der Mietvertrag
abgeschlossen. Bei verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften
wird bei Mietvertragsunterfertigung eine Erklärung unterschrieben,
dass im Falle der Auflösung der Lebensgemeinschaft derjenige die
Wohnung behält, der für gemeinsame Kinder das Sorgerecht erhält.
Greift diese Lösung nicht, muss eine Einigung zwischen den
Lebensgefährten erfolgen. Der Austritt wird frühestens 2 Jahre nach
dem Mietvertragsbeitritt genehmigt. Ausnahmen von dieser 2-jährigen
Frist werden nur in besonders begründeten Fällen (z. B. Intervention
des Jugendamtes) vorgenommen.
Für bestehende Mietverhältnisse:
Bei bestehenden Mietverhältnissen wird unter folgenden
Voraussetzungen ein Beitritt zum Mietvertrag gestattet:
o Zustimmung des Hauptmieters zum Mietvertragsbeitritt des/der
Lebensgefährten/in.
o Ein bisheriger gemeinsamer Haushalt (egal ob Haupt- oder
Nebenmeldung) von mindestens 2 Jahren muss vorgelegen sein.
o Der/die beitretende Lebensgefährte/in unterschreitet für sich
allein oder zusammen mit seinem/seiner Partner/in die
Einkommensobergrenzen nach dem WWFSG 1989.
o Der/die Beitretende gibt die Vorwohnung auf, wenn eine vorhanden
ist.
o Sollte es gemeinsame Kinder geben bzw. aufgrund des Alters der
Lebensgefährten eine Familienerweiterung erwartet werden können,
so ist die Erklärung, wie sie beim Mietvertragsabschluss mit
beiden Lebensgefährten ausgefüllt wird, zu unterfertigen. Dies
bedeutet, dass im Streitfall die Wohnung demjenigen verbleibt,
der das Sorgerecht für die Kinder erhält.
o Der Austritt aus dem Mietvertrag wird dem/der bisherigen
MieterIn frühestens 2 Jahre nach dem Mietvertragsbeitritt
genehmigt. Ausnahmen von dieser 2-jährigen Frist werden nur in
besonders begründeten Fällen (z. B. Intervention des
Jugendamtes) vorgenommen.
Die Zinshöhe gilt bei LebensgefährtInnen, Ehegatten und Kindern
bis zur Volljährigkeit weiter wie für die/den bisherige/n MieterIn.
Gemeindemieter sind rechtlich besser gestellt
Bereits vor dieser Neuregelung waren Gemeindemieter rechtlich
besser gestellt als im Mietrechtsgesetz vorgesehen. So sind
LebensgefährtInnen nach dem Mietrechtsgesetz nur eintrittsberechtigt,
wenn der/die HauptmieterIn stirbt und entweder die Wohnung gemeinsam
bezogen wurde oder seit mindestens drei Jahren ein gemeinsamer
Haushalt bestand. Im Unterschied zum Mietrechtsgesetz gilt das
Eintrittsrecht für LebensgefährtInnen im Todesfall bei Wiener Wohnen
auch bei gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften (nach
gemeinsamen Haushalt von
2 Jahren).
Das Mietrechtsgesetz (MRG) sieht das Recht der Abtretung der
Mietrechte unter Lebenden und den Eintritt in die Mietrechte im
Todesfall des bisherigen Mieters für Ehegatten, Geschwister und
Verwandte in gerader Linie (Kinder, Enkelkinder, Eltern, Großelter,
Adoptivkinder) vor. Stief- und Pflegekinder sowie Stief- und
Pflegegeschwister haben diese Rechte laut Mietrechtsgesetz nicht,
werden aber bisher schon von Wiener Wohnen gleich wie leibliche
Kinder und Geschwister behandelt. (Schluss) gmp
Rückfragehinweis:
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Mag. Gerd Millmann-Pichler
Tel.: 4000/81 869
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