• 20.09.2002, 08:11:25
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"Tiroler Tageszeitung" - Kommentar: "Lücken in der Bilanz" (Von Monika Dajc)

Ausgabe vom 20. September 2002

Innsbruck (OTS) - Von allen Fraktionen gab es Beifall für die
scheidende Vizekanzlerin. War es nach all den FPÖ-Schattierungen von
Grausamkeit und Irrwitz der urmenschliche Trieb, in der Öde doch noch
Erfreuliches zu entdecken?

Gewohnt kontroversiell fiel das Echo auf die vom Kanzler
vorgetragene Bilanz der Regierung aus. Auch Schüssels eloquenter
Einsatz konnte nicht darüber hinwegtäuschen: Zwischen Erfolgen und
einem Erfolgsmodell besteht ein großer Unterschied.

Die Koalition war zweifellos unter stärkstem Druck am stärksten.
Sie packte überfällige Schritte wie strikte Budgetdisziplin oder
Neuregelung der Frühpension entschlossen an und befreite Österreich
von der Uralt-Last nicht getätigter NS-Entschädigung. Eile bewirkte
auch Fehler. Die von Härten geprägte Besteuerung der Unfallrenten
wurde korrigiert. In der Frage der Ambulanzgebühr geschieht dies nun
im Parlamentsfinale.

Die Beschlüsse über Hospizkarenz, Abfertigung-Neu oder
Universitätsreform waren heuer schon überlagert von jenem Übermaß an
Aufmerksamkeit, das die FPÖ mit Postenschacher, kompromissloser
Oppositionspolitik in der Regierung und gnadenlosen internen
Machtkämpfen beanspruchte. Tage nach der größten Katastrophe der
Nachkriegszeit zündete Haider, der einstige Mit-Architekt dieser
Koalition, seine Raketenstufen und lieferte die ultimative Antwort
auf die Frage nach Regierungs- und Paktfähigkeit.

Vergegenwärtigt man sich die dramatischen Ereignisse auf
internationaler Ebene allein im vergangenen Jahr - vom 11. September
über das Rodeo an den Börsen und die schmerzhaften Schneisen in der
New Economy -, steht Österreich vergleichsweise gut da. Hinter
Wesentlichem, das die Regierung als Erfolg ihrer Arbeit ausweisen
wollte, bleiben indes große Fragezeichen. Die Zahl der Arbeitslosen
steigt, das Budget rutscht ins Minus. Und dem europäischen Österreich
stehen weitere Bewährungsproben bevor.

Rückfragehinweis:
Tiroler Tageszeitung,
Chefredaktion -
Tel.: 05 12/53 54, DW 601

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