- 30.08.2002, 10:00:16
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ÖAMTC crashte Wohnmobil: Sicherer, aber noch nicht sicher genug
Insassenschutz verbessert, trotzdem gibt es noch deutliche Risikopotenziale
Wien (ÖAMTC-Presse) - Da lagen Konservendosen, Besteck und Töpfe
am Boden verstreut, Schranktüren waren aus der Verankerung gerissen
und Bänke aus den Fugen geraten. Der ÖAMTC crashte gemeinsam mit dem
ADAC ein Wohnmobil. Gleich vorweg: Seit dem letzten Crashtest im Jahr
1993 hat sich der Insassenschutz deutlich verbessert. "Reisemobile
sind seither wesentlich sicherer geworden. Aber wenn es kracht, sind
herumfliegende Teile des Reisegepäcks und der Innenausstattung
weiterhin eine große Gefahr für die Passagiere", zieht
ÖAMTC-Cheftechniker Max Lang Bilanz.
Es handelte sich um einen exemplarischen Test mit einem gängigen
Wohnmobil mit Alkoven-Aufbau (Schlafgelegenheit über dem Fahrerhaus).
Das Reisemobil prallte bei diesem Test mit 32 km/h frontal gegen eine
Barriere. Im Fahrzeug befanden sie fünf angeschnallte Dummies - ein
Fahrer, ein Beifahrer und drei Fahrgäste vis-à-vis in der Sitzgruppe
sitzend - zwei in, einer entgegen der Fahrtrichtung. Das Fahrzeug -
mit Küche im Heck - wurde vor dem Crash "urlaubsfertig" eingeräumt,
etwa mit Geschirr oder Lebensmittel im Kühlschrank.
Wohneinbauten durch Crash stark deformiert
Das Basisfahrzeug - ein Fiat Ducato - hielt dem Aufprall relativ
gut stand. Abgesehen von der eingedrückten Frontpartie und der
zerbrochenen Windschutz-Scheibe wies das Fahrerhaus geringe
Deformationen auf. "Das Fahrerhaus drückte sich allerdings leicht in
den Alkoven-Aufbau hinein, die vordere Beifahrertür ließ sich nicht
mehr öffnen", kritisiert Max Lang. Chaos herrschte nach dem Crash im
Wohnraum: Die Staukästen der Quer- und Längssitzbänke waren aus den
Fugen gerissen, die Sitzflächen teilweise eingebrochen. Die Inhalte
diverser Stauboxen waren im gesamten Wohnraum verteilt, weil unter
anderem Besteckkasten und Türen von Spülen- und Vorratsschrank aus
der Verankerung gerissen worden sind.
Insassen durch "fliegendes Mobiliar" massiv gefährdet
Den "Passagieren" erging es beim Crash unterschiedlich. Fahrer und
Beifahrer, beide mit Dreipunktgurt gesichert, wären in der Realität
nur leicht verletzt worden, das Tempo war beim Crash mit 32 km/h
allerdings sehr gering. Beide Gurtstraffer lösten zu spät aus, der
Fahrer schlug mit dem Kopf am Lenkrad auf, der Beifahrer entging
knapp einem Aufprall auf dem Armaturenbrett. Lang: "Bei höherer
Geschwindigkeit steigt auch das Verletzungsrisiko."
Die Insassen im Wohnteil waren stärker gefährdet. Der mit
Beckengurt gesicherte und entgegen der Fahrtrichtung sitzende Dummy
krachte gegen den Dachrahmen im Durchgang zwischen Wohnaufbau und
Fahrerhaus, sein Hals wurde durch den Rückstoß überstreckt, die
Tischplatte versetzte ihm einen Kantenschlag in den Bauch- und
Brustbereich. Die beiden in Fahrtrichtung sitzenden und mit
Dreipunktgurten gesicherten Dummies tauchten beinahe unter dem Gurt
durch, als die Sitzflächenplatte einbrach. Das kann im Ernstfall zu
kritischen Bauchverletzungen führen. Alle Passagiere waren während
des Crashs durch herumwirbelnde Teile massiv gefährdet.
Das können Hersteller für die Crash-Sicherheit tun
Seit dem Wohnmobil-Crashtest im Jahr 1993 hat es wesentliche
Verbesserungen im Insassenschutz gegeben. Damals hat ein Dummy im
Wohnraum sogar die Tischplatte mit dem Kopf durchschlagen. Die
Industrie hat auf die damaligen Ergebnisse reagiert und Forderungen
umgesetzt. Auch nach dem aktuellen Test orten die Crashtest-Experten
Handlungsbedarf:
* "Die Festigkeit der Wohneinbauten muss dringend erhöht,
Staukästen beispielsweise müssen verstärkt werden", fordert der
Club-Cheftechniker. Türen und Scharniere sollten so dimensioniert
werden, dass der Inhalt bleibt, wo er hingehört.
* Alle Sitzplätze gehören mit Dreipunkt-Automatikgurten
ausgerüstet, Fahr-Sitzplätze zusätzlich mit Gurtstraffern.
Beckengurte auf den rückwärts gerichteten Sitzen sind nur ein
Notbehelf. An allen Sitzplätzen gegen die Fahrtrichtung muss außerdem
eine crashfeste gepolsterte Rückenlehne (Stützwand) angebracht
werden.
* Permanente Hinweise im Fahrzeug (z.B. für die sichere
Unterbringung des Tisches und das sichere Verstauen schwerer Ladung)
dürfen nicht fehlen. Der Verbraucher braucht klare Hinweise, was er
tun kann, um die Sicherheit während der Fahrt zu erhöhen.
Details zum ÖAMTC-Wohnmobil-Crashtest gibt es auf der Homepage des
Clubs unter http://www.oeamtc.at.
(Schluss)
ÖAMTC-Pressestelle/Elvira Oberweger
Aviso an die Redaktionen: Bildmaterial zum ÖAMTC-Wohnmobil-Crashtest
finden Sie im ÖAMTC-Foto-Service, das Sie ebenso wie die
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