• 22.04.2002, 17:10:03
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Frauen fühlen eine starke Beziehung zu ihren inneren Organen

Gebärmutter und Eierstöcke haben identitätstragende Aufgaben

Bild zu OTS - Prof. Speiser (li.) und Prof. Nagele (re.): "Viel zu
oft wird gleich das ganze Organ herausgeschnitten, obwohl nur ein
Teil davon krankhaft verändert ist."

Wien (OTS) - "Viel zu oft wird gleich das ganze Organ
herausgeschnitten, obwohl nur ein Teil davon krankhaft verändert
ist", kritisieren die beiden Frauenärzte am Wiener AKH Prof. Fritz
Nagele und Prof. Paul Speiser den allgemeinen Gynäkologie-Betrieb.
Und weiter: "Den Schaden haben die Patientinnen: von
Beeinträchtigungen ihres Wohlbefinden bis hin zu Orgasmusproblemen
und Identitätskrisen. Denn Gebärmutter und Eierstöcke sind
frauenspezifische und daher identitätstragende Organe, zu denen
Frauen eine sehr sensible Beziehung entwickeln. Nur wenige sind froh
und finden es bequem, wenn sie mit ihrem Frausein nichts mehr zu tun
haben müssen. Viele empfinden sich nach einer derartigen Operation
als weniger weiblich, attraktiv und begehrenswert und verlieren ihren
emotionalen Rhythmus. Die Gebärmutter hat ihre Rolle mit der Geburt
des Kindes noch lange nicht erfüllt."

Die Entfernung der Gebärmutter beispielsweise wird von vielen
Gynäkologen bei anhaltenden starken Regelblutungen vorgenommen,
obwohl am Organ selbst keine krankhaften Veränderungen nachweisbar
sind. Dazu Prof. Speiser: "Die Einführung endoskopischer
Operationstechniken hat international zu einem völligen Umdenken
geführt. Heute sind bei den wenigsten gynäkologischen Problemen noch
Bauchschnitt und Radikalentfernung notwendig. Stattdessen sollten
maximaler Organerhalt und der kleinstmögliche Schnitt angestrebt
werden." Wenn es aus medizinischer Sicht tatsächlich notwendig ist,
ein Organ zu entfernen, so kann das mit Hilfe der Endoskopie
durchgeführt werden. Nach dem Motto: 'So schonend wie möglich, so
radikal wie nötig'.

Neben emotionellen und kosmetischen Aspekten gibt es noch 4
wesentliche medizinische und ökonomische Vorteile: Die Patientin
erholt sich deutlich schneller, braucht wesentlich weniger
Schmerzmittel, ist schneller wieder arbeitsfähig und der Operateur
kann durch die Verwendung eines optischen Lichtstabes das
Operationsfeld stark vergrößert einsehen und besonders exakt
beurteilen. Prof. Nagele: "Angesichts so vieler Vorteile ist der
Einsatz des traditionellen großen Bauchschnittes mit Totaloperation
nur noch in den wenigsten Fällen gerechtfertigt."

Informationsmangel bei Patientinnen und Ärzteschaft

"Wichtig ist eine Informationsoffensive in beide Richtungen:
Sowohl zu den GynäkologInnen als auch zu den Patientinnen. Solange
man den Patientinnen nicht sagt, dass es auch andere Möglichkeiten
gibt, nehmen sie zu häufig die Totaloperation hin. Viele Studien
sagen, dass sich 1/3 aller Frauen beim Gynäkologen gar nicht
nachzufragen trauen und daher über die modernen Möglichkeiten nicht
Bescheid wissen", erläutert Prof. Speiser. So zeigte beispielsweise
eine Untersuchung der amerikanischen Society for Women's Health
Research (SWHR), dass jede vierte Frau von ihrem Gynäkologen den Rat
zur Totaloperation bekommt. 82 % dieser Frauen entschließen sich dann
tatsächlich dazu.

Eine Ursache dieses allzu leichten Einverständnisses ortet Prof.
Speiser im fehlenden anatomischen Wissen der Patientinnen: "Dank der
Verwendung von Tampons ist den Patientinnen wenigstens die Scheide
vertraut. Doch über die Lage und Funktion von Eileitern, Eierstöcken
und Gebärmutter fehlen meist genauere Vorstellungen. Bei uns können
Patientinnen alle ambulanten Untersuchungen auf dem Bildschirm
mitverfolgen und so z.B. ihre eigene Gebärmutter von innen sehen.
Eine ergänzende Ultraschalluntersuchung führt dazu, dass Frauen eine
klarere Vorstellung von ihren Organen bekommen." Informationsbedarf
herrscht aber auch in der Ärzteschaft. Dazu Prof. Speiser: "Wir geben
den KollegInnen in unserem Zentrum für Gynäkologische
Endoskopie am Privatspital Goldenes Kreuz Gelegenheit, mit ihrer
Patientin zu uns zu kommen, und mit uns gemeinsam zu untersuchen oder
zu operieren. Dadurch können wir unser spezielles Fachwissen über
endoskopische Methoden und unsere langjährige Erfahrung weitergeben.
Den Nutzen hat die Patientin: man erspart ihr große Bauchschnitte,
entfernt die Krankheitsursache und erhält das Organ."

Prof. Nagele abschließend: "Ob der Operateur gut gearbeitet hat,
wird von Patientinnen oft nach der Länge der Narbe beurteilt.
Gesundheits- und körperbewusste Frauen wollen sich weder durch eine
lange Narbe verunzieren lassen, noch ihre frauenspezifischen Organe
ohne Grund 'verschenken'. Der kurze Spitalsaufenthalt und die rasche
Erholung sind zusätzliche Vorteile dieser Operationstechniken, die
den Bedürfnissen der berufstätigen oder durch Beruf und Familie
doppelt belasteten Frau entgegenkommen."

Bild(er) zu dieser Meldung finden Sie im AOM/Original Bild Service,
sowie im OTS Bildarchiv unter http://bild.ots.at

Rückfragehinweis:

Univ.Prof. Dr. Fritz Nagele
mailto:nagele@endogyn.at
Tel.: 0664/531 84 85

Univ.Prof. Dr. Paul Speiser
mailto:speiser@endogyn.at
Tel.: 0676/432 56 66

OTS-ORIGINALTEXT UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | NEF/NEF/OTS

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