Nach "Nazi-Parade am Heldenplatz" haben Regierungsparteien bei Bewährungsprobe versagt
Wien (SK) Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap übt
in einem Resümee der Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung, der
Demonstration gegen die Neonazikundgebung und der darauf folgenden
Parlamentstage scharfe Kritik an den Regierungsparteien. Es sei ein
politischer Skandal, dass die ÖVP im Gleichschritt mit der FPÖ
versuche, die Opposition zu kriminalisieren. Regierungsabgeordnete
hätten z.B. von "kriminellen Elementen in der Opposition" gesprochen.
Für bedauernswert hält es Cap, dass sich die ÖVP mittlerweile "nicht
mehr von der FPÖ unterscheidet". Denn beide Parteien hätten in der
gesamten Debatte kein einziges Wort über die "Nazi-Parade am
Heldenplatz" verloren. In diesem Zusammenhang macht Cap dem
Innenminister schwere Vorwürfe. Strasser hätte die Neonazi-Kundgebung
am Heldenplatz nicht genehmigen dürfen. ****
Außerdem hält es Cap für unverständlich, dass die Teilnehmer
der Anti-Wehrmachtsausstellungskundgebung danach unbehelligt von der
Polizei durch die Wiener Innenstadt marschieren konnten. Auch das sei
ein Fehler der Polizei, der in den Verantwortungsbereich des
Innenministers falle.
Was von den Regierung zu erwarten gewesen wäre, sei in keinem
Punkt eingelöst worden, bedauerte Cap. Die Regierungsparteien haben
es nicht für wert befunden, sich positiv zur Wehrmachtsausstellung zu
äußern; der Innenminister habe eine Wiederbetätigungsveranstaltung am
Heldenplatz zugelassen; und schließlich sei die Art, wie die
Regierungsparteien im Nationalrat die Neonazi-Kundgebung und die
Demonstration dagegen behandelt haben, skandalös gewesen. "Das
berührt den Grundkonsens der Zweiten Republik", sagte Cap.
"Es gibt zwischen der ÖVP und der FPÖ keinen Unterschied
mehr", fasste Cap diesen Vorwurf zusammen. Er erinnerte daran, dass
nach dem Ende des Nazi-Regimes die Republik auf dem Grundsatz "Nie
wieder" aufgebaut wurde, dieser Grundkonsens wurde von SPÖ und ÖVP
gleichermaßen getragen. Heute sei die ÖVP in einer Koalition mit der
FPÖ, deren ehemaliger Parteichef Haider von einer "ordentlichen
Beschäftigungspolitik im Dritten Reich" gesprochen habe; Cap wies
auch auf den "Unsere Ehre heißt Treue"-Sager des
niederösterreichischen FPÖ-Vorsitzenden Windholz und auf die Äußerung
eines FPÖ-Delegierten bei einem Landesparteitag in Kärnten im Jahr
1986 hin ("Mit dem Haider tät' i wieder nach Russland ziehen ...").
Die Aufregung der Regierungsparteien nach dem Zwischenruf des
SPÖ-Budgetsprechers Rudolf Edlinger hält Cap für inszeniert und
"pharisäerhaft". Er stimmt dem Kommentar des bekannt
Regierungs-freundlichen "Presse"-Chefredakteurs Andreas Unterberger
zu. Unterberger hatte geschrieben: "Die Aufregung der
Regierungsparteien ist politische Taktik und nicht grundsätzliche
Betroffenheit."
Überhaupt kein Verständnis kann Cap für die Kundgebung gegen
die Wehrmachtsausstellung aufbringen. Dort waren "Großvater, wir
danken dir"-Spruchbänder gehisst worden. Cap dazu: "Ich frage mich,
wofür? Dass Europa in Schutt und Asche gelegt worden ist? Dass
Millionen Menschen in den Konzentrationslagern ermordet wurden?" Die
Regierung habe bei dieser "Bewährungsprobe" versagt; der Regierung
sei zu der vom Innenminister genehmigten Neonazi-Kundgebung am
Heldenplatz nichts eingefallen, kritisierte Cap.
Cap fügte schließlich hinzu, dass er auf die liberalen Kräfte
in der ÖVP hoffe. Er zeigte sich überzeugt, dass es in der ÖVP Kräfte
gebe, die den derzeitigen Kurs nicht teilen. Derzeit seien die
Klubobleute von FPÖ und ÖVP wie Zwillinge, sagte Cap. Wenn sich
nichts ändere, könnten ÖVP und FPÖ demnächst einen
Vereinigungsparteitag abhalten.
Auf die Frage nach den angekündigten
Rechtsextremen-Demonstrationen am 8. Mai (zum Jahrestag der
Kapitulation Nazi-Deutschlands am 8. Mai 1945) meinte Cap, dass er
davon ausgehe, dass der Innenminister nicht wieder eine
Neonazi-Demonstration am Heldenplatz genehmige. Cap verwies darauf,
dass hier Fragen der Demonstrationsfreiheit im Zusammenhang mit dem
Verbotsgesetz zu sehen seien. "Es ist wichtig, dass die Republik hier
eine klare Position bezieht", sagte Cap.
Cap stellte aber auch unmissverständlich fest, dass er jede
Gewalt bei Demonstrationen strikt ablehne. Gewalt und Ausschreitungen
bei Demonstrationen seien eigentlich eine Missachtung des
Demonstrationsrechts.
Angesprochen auf den Zwischenruf von Edlinger stellte Cap
fest: Edlinger habe sein Bedauern über diesen Zwischenruf zum
Ausdruck gebracht und die Äußerung zurückgezogen. Edlinger werde
natürlich sein Mandat weiter ausüben. Cap: "Dazu gibt es nichts
weiteres zu sagen." (Schluss) wf
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