- 22.02.2002, 10:58:14
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KURIER-KOMMENTAR: Zwänge steuern die Steuerpolitik
Reinhard Göweil über die Hindernisse für eine tief greifende Steuerreform
Wien (OTS) - Fehlende Sachpolitik wurde in den vergangenen Monaten
oft durch Inszenierungen ersetzt. Der Debatte um die Steuerreform
geht es derzeit nicht anders. Begonnen hat damit eigentlich Kanzler
Schüssel: Von derzeit 45,5 auf unter 40 Prozent solle die
Abgabenquote sinken, verkündete er und stellte großartige
Erleichterungen in Aussicht. Dass die um so viel niedrigere Belastung
erst 2010 erreicht werden soll, ändert nichts an der Tatsache, dass
sie illusorisch ist. Folgende Zahlen machen das deutlich: Die
Republik Österreich müsste die Ausgaben um 11,6 Mrd. ¤ (fast 160
Milliarden S) senken. Ab 2003 müssten die Ausgaben Jahr für Jahr um
zwei Milliarden Euro reduziert werden. Erschwerend kommt dazu, dass
ein Drittel der Abgabenquote auf die Sozialversicherung entfällt, die
als Einsparungs-Potenzial wohl ausscheidet (oder will wer nicht mehr
sozialversichert sein?). Wenn das Schüssel-Ziel also erreicht wird,
dann nur mit uchhalterischen Tricks.
Für die Steuerreform gilt: Der Weg ist das Ziel. Dieser Weg ist
keine Autobahn, sondern ein steiler Pfad voll Hindernissen. Da die
Steuereinnahmen - produktiv oder nicht - als Steuerausgaben wieder an
die Allgemeinheit zurückfließen, trifft jede Einsparung irgendeinen
Bevölkerungsteil, der sich dagegen wehrt. Geschehen jüngst mit der
prinzipiell klugen Überlegung Grassers, in ein Steuerpaket die
Anpassung der Grundsteuer einzubauen. Der Plan wurde nur ein paar
Stunden alt.
Dabei wäre es möglich, umfangreiche Steuerentlastungen
durchzuführen. Nur müssten heilige Kühe geschlachtet werden. Einige
Beispiele:
* Tief greifende Verwaltungsreform vor allem bei den Ländern.
Einige Landesverwaltungen haben nicht einmal die zarte
Pensionsreform des Vorjahres mitgemacht. Mehr als die Hälfte der
Beamten arbeitet in Landesverwaltungen bzw. großen Städten.
* Abschaffung der ohnehin nicht mehr zweckgewidmeten
Wohnbauförderung, die vom Bund an die Länder weitergereicht wird.
* Angleichung von ASVG- und Beamten-Pension plus Pensionsreform,
was im Klartext bedeutet: Senkung der durchschnittlichen
Pensionsleistung.
* Reduzieren des Pflegegeldes,
* Streichung der 2000 beschlossenen zusätzlichen Agrarförderung
von 2,9 Mrd. Euro,
* Reduzierung der teils irrwitzigen Förderungen und Subventionen
auf Landesebene.
* Last, but not least: Umbau von 13./14. Gehalt in eine
Jahresveranlagung des Gehalts.
Das sind einige Vorschläge, die regelmäßig auch
Steuerreformkommissionen machen. Alle diese Vorschläge sind sinnvoll,
greifen aber tief in die Gewohnheiten der Republik ein. So tief, dass
es wohl unweigerlich zur Abwahl jener Regierung führt, die all das
angeht. Womit die Frage beantwortet ist, warum es trotz
Rekord-Steuerquote keinen Spielraum für eine Steuerreform gibt und es
auf absehbare Zeit auch keinen "großen Wurf" geben wird.
Rückfragehinweis: Kurier
Innenpolitik
Tel.: (01) 52 100/2649
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