Gusenbauer: Hochleistungsgesellschaft ermöglicht Solidarität
Wien (SK) Für eine "solidarische Hochleistungsgesellschaft" sprach sich SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer Montag Abend bei einer Podiumsdiskussion des Renner-Instituts und der GPA aus, an der er gemeinsam mit GPA-Chef Hans Sallmutter und den Universitätsprofessoren und Sozialrechtsexperten Emmerich Talos und Wolfgang Mazal teilnahm. "Wenn Hochleistungen erbracht werden, hat man auch ein entsprechendes Produktions- und Lohnniveau", stellte Gusenbauer fest, der sich klar für Leistungsorientierung aussprach. Dennoch könnten manche Menschen zu einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr mit, wo dann das AMS für Requalifikationen sorgen müsse; manche Menschen könnten längerfristig nicht mit und in diesen Fällen könne und solle eine Gesellschaft, in der es viel Leistung und dementsprechend viel Reichtum gebe, Solidarität zeigen, betonte Gusenbauer. ****
Der SPÖ-Chef brachte die Sprache auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung, bei der man "einen Rechtsanspruch hat ohne Bittgänge". Der Kampf gegen Armut sei für ihn, Gusenbauer, sehr wichtig. Hier habe der Sozialstaat Lücken und treffe nicht genug Vorsorge. Auf Armenfürsorge dürfe der Sozialstaat natürlich nicht reduziert werden. In Europa gebe es die Tradition, dass jeder nach seinem Leistungsvermögen seinen Beitrag zum Funktionieren des Sozialstaates leiste. Der Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat benötige aber auch die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände und deren Kompromisse, so Gusenbauer.
Ein umfassender Sozialstaat sei notwendig, denn so sei der Staat auch wettbewerbsfähiger als beispielsweise die USA, wo die Menschen einen großen Teil ihrer Kreativität nicht in den Produktionsprozess einbringen könnten, berichtete Gusenbauer von seinen jüngsten Erfahrungen in den USA. "Umfassende Sicherheiten sind eine weitaus wirkungsvollere Motivation für hohe und gute Leistungen als Unsicherheit. Dennoch muss man den Sozialstaat den modernen Bedingungen anpassen."
Das Sozialstaatsvolksbegehren bezeichnete Gusenbauer als sehr gute Initiative, bei der es aber absichtlich noch keinen SPÖ-Beschluss bezüglich einer Unterstützung gebe, um das Volksbegehren nicht zu einem Parteibegehren zu machen und es nicht zu okkupieren. Zu der im Laufe der Veranstaltung diskutierten Finanzierung des Gesundheitssystems sagte der SPÖ-Vorsitzende, "eine eigenständige Sicherung der Finanzierung des Gesundheitssystems muss gewährleistet werden, damit man nicht bei auftretenden Lücken der politischen Willkür ausgesetzt ist."
Sallmutter betonte, was die Regierung als Reform verkaufe, sei tatsächlich eine Streichung sozialstaatlicher Leistungen. "Dabei dürfen wir nicht zu lange zusehen", warnte der GPA-Chef. Die Wende sei spürbar bei Umverteilungsfragen auf der einen Seite und bei der Ordnungspolitik auf der anderen Seite, wo sich zeige, dass es keine sozialpartnerschaftliche Gespräche mehr gebe.
Mazal gab wie alle Diskutanten ein klares Bekenntnis zu einem umfassenden Sozialstaat ab. "Ich bin ein Verfechter des Sozialstaates und stelle ihn nie in Frage. Ich halte es aber für wichtig, ein Bewusstsein zu schaffen, wer in den Genuss der Leistungen kommt, damit man darüber Konsens erreichen kann", so Mazal. Der Experte sprach sich deshalb dafür aus, viele Informationen in die Bevölkerung zu tragen. Nicht nur Arme sollten in den Genuss von Leistungen kommen, stellte Mazal klar. Angesprochen auf Lücken im System zählte Mazal unter anderem folgende auf: die Höhe des Arbeitslosengeldes, das teilweise fast zur Schwarzarbeit zwinge, die Unterversorgung der Frauen nach Scheidungen bei der Pension, auch die Krankenfinanzierung und die Altersversorgung und Pflegeversorgung.
Talos wies darauf hin, dass sich im 20. Jahrhundert bis zum Antritt der blau-schwarzen Regierung nie die Alternative zwischen Sozialstaat oder Armenfürsorge gezeigt habe. Diese Alternative sei erst jetzt wieder geschaffen worden, und dahinter stecke das neoliberale Credo von mehr Macht, Individualisierung und Privatisierung. Talos: "Aber den Sozialstaat konnten, können und sollen wir uns leisten. Bedürftigenvorsorge ist hingegen unnötig und nicht wünschenswert, und wer am Sozialstaat spart, hat andere Kosten - beispielsweise überfüllte Gefängnisse." Auch Talos sprach abschließend von notwendigen Anpassungen an die Realität, aber mit der Verankerung in der Verfassung, die das Volksbegehren anstrebe, könne man den Sozialstaat vor neoliberalen Angriffen schützen. (Schluss) ts
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