- 13.08.2001, 16:16:43
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WirtschaftsBlatt-Kommentar von Jens Tschebull: Sonderzahlungen: Die Saurier der Lohnverrechnung
Wien (OTS) - Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass es dem
Parlament unbenommen ist, Unternehmer zu benachteiligen: Ein Sechstel
des Jahreslohns der Arbeitnehmer (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) ist
nahezu steuerfrei. Selbstständige sind von dieser Gesetzeswohltat
jedoch ausgeschlossen. Über die Sinnhaftigkeit der "Sonderzahlungen"
und deren Begünstigung hatte der VfGH nicht zu urteilen. Und die
Verfassungsmässigkeit wird, unter anderem von Universitätsprofessor
Werner Doralt, weiterhin bestritten, da die Begünstigung auch manchen
Nichtarbeitnehmern, wie Politikern und geschäftsführenden
GesmbH-Gesellschaftern, zugute kommt, nicht aber der wachsenden
Gruppe von "dienstnehmer-ähnlichen Beschäftigten". Wie dem auch sei,
viel wichtiger wäre es, die lieb gewordene Kuriosität der
"Sonderzahlungen" überhaupt abzuschaffen. Urlaubs- und Weihnachtsgeld
sind ein riesiger Zwangssparverein, der gut vier Millionen
Arbeitnehmer und Pensionisten behandelt wie grenzdebile Lohnsklaven,
denen man nicht zutraut, ihr Geld so einzuteilen, dass ihnen auch
etwas für Weihnachtseinkäufe bzw. Urlaubsvergnügungen übrig bleibt,
da sie es gleich versaufen. Ein Sechstel des Lohnes wird ihnen
vorenthalten und erst zweckgewidmet ausgezahlt. Für die Unternehmen
bedeutet das einen Liquiditätspolster, aber für Kleinbetriebe auch
immer wieder Kontoüberziehungen, wenn sich die Lohnsumme zweimal im
Jahr verdoppelt. Ausserdem werden internationale Lohnvergleiche
erschwert und bei zwischenstaatlichen Firmenbewertungen geben offene
Sonderzahlungsansprüche ebensolche Rätsel auf wie die hierzulande
üblichen Abfertigungsrückstellungen. Es wäre ein Leichtes, die
Sonderzahlungen in eine Lohnerhöhung umzumünzen, die monatlich
ausgezahlt wird, und das Steuerprivileg in den Lohnsteuertarif
einzubauen. Damit könnten Millionen von Arbeitsstunden, die zur
Berechnung der Sonderzahlungen vergeudet werden, eingespart werden.
Der "13. und 14." sind allerdings ein irrationales Tabu, an dem sich
schon etliche Finanzminister - von Herbert Salcher bis Andreas
Staribacher - die Zähne ausgebissen haben. Man muss wohl auf eine
ganz grosse Steuerreform warten, in deren Turbulenzen und
Tarifsenkungen diese Saurier der Lohnverrechnung endlich untergehen.
(Schluss) JT
Rückfragehinweis: Wirtschaftsblatt
Redaktionstel.: (01) 91919-305
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