- 08.08.2001, 10:34:19
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"Verzaubern soll einzig die Musik": Ö1 gedenkt des Dirigenten Karl Böhm anlässlich dessen 20. Todestag=
Wien (OTS) - Am 14. August jährt sich der Todestag des großen
Dirigenten Karl Böhm zum 20. Mal. Österreich 1 widmet dem Maestro
mehrere Sendungen.****
"Ich bin ein einfacher Handwerker. Mein Taktstock ist kein
Zauberstab, er verzaubert niemanden und soll es auch nicht.
Verzaubern soll einzig die Musik." Ö1 gedenkt des legendären
"Österreichischen Generalmusikdirektors" - dieser Ehrentitel wurde
ihm 1964 vom Bundespräsidenten verliehen - aus Anlass Karl Böhms 20.
Todestages mit einer Reihe von Sendungen: Im "Ö1-Konzert" am 11. und
18. August, jeweils um 15.06 Uhr, präsentiert Gottfried Kraus
Ausschnitte aus der Salzburger Geburtstagsgala zum 85. Geburtstag
bzw. frühe Aufnahmen Böhms mit den Wiener Philharmonikern. Am 14.8.
steht das historische Opernkonzert (13.00 Uhr) im Zeichen Böhms und
am 15.8. sendet Ö1 um 22.05 Uhr noch ein "Österreich 1 extra" von
Robert Werba auf dem Programm: "Karl Böhm zum Gedenken”. Anfang der
60er Jahre hat Böhms Plattenfirma eine Art "gesprochene
Autobiografie" veröffentlicht, zwanzig Jahre später, zum ersten
Todestag Böhms, hat Robert Werba mit Leonie Rysanek, einer der
erklärten Lieblingssängerinnen Böhms, ein langes Gespräch über Karl
Böhm geführt. Im "Österreich 1 extra" werden Ausschnitte aus beiden
Gesprächen, verbunden mit Musikbeispielen, zu hören sein.
"Wenn ich im Himmel dem Beethoven begegne, ziehe ich ganz tief den
Hut und gehe vorüber. Wenn der Mozart kommt, falle ich auf die Knie
und kann nichts sagen." Dieser Ausspruch Karl Böhms kann zwar als
Bekenntnis gelten, keinesfalls aber als Eingrenzung seiner
künstlerischen Persönlichkeit. Mozart, das war für ihn nicht bloß ein
"Lieblingskomponist", Mozart bedeutete für ihn stets die Basis seines
Berufes, seiner Berufung schlechthin. So vermittelten auch Böhms
Interpretationen stets die geniale Leichtigkeit des Salzburger
Genies, egal ob er nun Wagner oder Richard Strauss, Bruckner,
Schubert, Brahms oder auch Verdi dirigierte. "Es gibt Dirigenten",
schreibt Hans Weigel im Vorwort zu Böhms Memoiren (deren Herausgeber
Weigel auch war), "unter ihnen auch große, denen sieht und hört man
bewundernd zu und denkt sich dabei: ‚Gott, muss das schwer sein!‘ Und
es gibt Dirigenten, unter ihnen nur große, denen sieht und hört man
bewundernd zu und denkt dabei: ‚Gott, muss das leicht sein!‘ Karl
Böhm ist ein Großmeister der Wiedergabe, angesichts dessen man zu
denken geneigt ist: ‚Gott, muss das leicht sein!‘" Und Marcel Prawy
bringt Böhms unspektakulären Musizierstil auf den Punkt: "Das
Vokabular der Beschreibung großer Dirigenten ist bekannt: Sie
dirigieren faszinierend, erregend, genial. Karl Böhm dirigiert
richtig!" Ähnlich hat auch Herbert von Karajan Böhms Künstlertum
charakterisiert, in seiner Rede zu Böhms 85. Geburtstag: "Richard
Strauss hat einmal gesagt, man solle das Orchester streicheln ...
Karl Böhm ist aber darüber einen Schritt hinausgegangen. Er ist das
Wissen, das Können, das Wollen und das Erreichen in Personalunion ...
im Nichtstun liegt das Tun; d. h., dass zuerst alles getan, geprobt
sein muss, um ein Musikstück wie selbstverständlich erklingen zu
lassen. Wer darin so weit gekommen ist wie Karl Böhm, der bekommt von
dem allen, was er gibt, das zurück, was eigentlich ein Lebenselexier
ist."
Karl Böhm wurde am 28. August 1894 in Graz geboren und obwohl es
für ihn schon von Kindheit an feststand, Musiker zu werden,
respektierte er doch den Wunsch seines Vaters nach einem bürgerlichen
Beruf und absolvierte daher parallel zu seinem Musik- auch ein
Jusstudium. Bereits zwei Jahre vor seiner Promotion zum Dr. jur. im
Jahre 1919 erfolgte sein Debüt als Dirigent am Opernhaus seiner
Heimatstadt Graz. 1921 holt ihn Bruno Walter nach München, 1927 wird
Böhm Generalmusikdirektor in Darmstadt, 1931 Opernchef in Hamburg und
am 28. März 1933 dirigiert er erstmals an der Wiener Staatsoper.
Keine zwei Monate später erfolgt bereits seine Ernennung zum Direktor
der Staatsoper in Dresden, wo die soeben zur Macht gekommenen Nazis
gerade Fritz Busch ziemlich rüde aus seinem Amt vertrieben hatten,
und hier beginnt auch seine nie ganz geklärte Verstrickung in das
politische System des Tausendjährigen Reiches, wenn er alle
diesbezüglichen Vorwürfe auch stets zurückgewiesen hat, namentlich
jede Beteiligung an dem Putsch gegen seinen Kollegen Fritz Busch. Ein
gewisser Opportunismus in seiner Haltung dem Regime gegenüber ist ihm
aber kaum abzusprechen, selbst wenn er sich in künstlerischen Fragen
gelegentlich mit den herrschenden Kulturbonzen angelegt hat, was
diese allerdings nicht hinderte, ihm ab 1943 die Leitung der Wiener
Staatsoper anzuvertrauen. Scheiterte diese Aufgabe nach kurzer Zeit
an den Folgen des Krieges, war auch der zweiten Direktionsära Böhms
an der Staatsoper kein langes Leben bestimmt. Der glanzvollen
Wiedereröffnung des Hauses am Ring (1955) folgte im Handumdrehen der
(un)künstlerische Alltag, auf der anderen Seite standen die
Verlockungen einer sich gerade anbahnenden, multimedialen
internationalen Karriere, die ihn tatsächlich auch rasch in die
allererste Riege der großen Pultstars katapultieren sollte. Böhm
demissionierte schließlich im Wissen, dass Karajan bereits "ante
portas" stand, kehrte als Dirigent aber bald wieder an die Staatsoper
zurück, wo seine Laufbahn ein Vierteljahrhundert später dann auch
ihren Abschluss fand: Am 12. März 1981 musizierte der greise Maestro
in einer "Figaro"-Vorstellung das letzte Mal vor Publikum, am 14.
August desselben Jahres ist Karl Böhm in Salzburg gestorben.(ih)
Rückfragehinweis: ORF Radio Öffentlichkeitsarbeit
Isabella Henke
Tel.: 01/501 01/18050
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