- 08.03.2001, 13:08:33
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ÖGB: Österreich braucht neue soziale Initiativen
Die Resolution des ÖGB-Bundesvorstandes im Wortlaut
Wien (ÖGB). Der ÖGB-Bundesvorstand hat sich in seiner heutigen
Sitzung mit einer Reihe aktueller politischer Fragen beschäftigt.
Dabei wurde festgestellt, dass Österreich neue soziale Initiativen
brauche. Eine entsprechende Resolution wurde einstimmig
beschlossen.++++
Die Resolution im Wortlaut:
Ob Krankenkassen, Karenzgeld, Abfertigung, Ambulanzgebühren,
Unfallrenten, ÖIAG, ArbeitnehmerInnenschutz oder EU-Erweiterung,
überall sind Lösungen der Bundesregierung ausständig, die
Zukunftsperspektiven mit sozialer Ausgewogenheit bieten. Die
Gewerkschaftsbewegung unterstützt aber auch die anlässlich des
internationalen Frauentages wieder erhobenen Forderungen nach
völliger Gleichstellung von Frauen und Männern und wird gegen jede
Diskriminierung von Frauen in Beruf und in der Gesellschaft
auftreten. Der ÖGB wird die nachfolgenden Anliegen im Interesse der
ArbeitnehmerInnen mit Nachdruck vertreten.
Karenzgeld Plus
Das vom ÖGB vorgelegte Modell Karenzgeld PLUS ist das erste Modell,
dass die Existenz berufstätiger Mütter und Väter sichert.
Der ÖGB fordert:
O Beibehaltung des Versicherungsprinzipes beim Karenzgeld
O Einkommensabhängiges Karenzgeld PLUS in der Höhe von mindestens
8.437 Schilling und maximal 15.087 Schilling
O Zwei Jahre Karenzgeld PLUS auch für einen Elternteil
O Ausdehnung der Behaltefrist nach der Karenz von vier auf 28 Wochen
O Zugang zur Fort- und Weiterbildung
Um insbesonders die bestehenden Einkommensunterschiede zwischen
Männern und Frauen zu verringern, fordert der ÖGB:
O Rahmenbedingungen, die es Frauen und Männern ermöglichen,
Kinderbetreuung und Beruf zu vereinbaren
O Zugang zu betrieblicher Fort- und Weiterbildung auch für
KarenzurlauberInnen und Teilzeitbeschäftigte
O Flächendeckende Kinderbetreuungseinrichtungen mit
arbeitnehmerInnen-orientierten Öffnungszeiten
O Wiedereinführung der Bildungskarenz auch im Anschluss an
Karenzzeiten
O Insgesamt ist eine Reform des Familienlastenausgleichsfonds
erforderlich
Abfertigung
Das derzeitige Abfertigungssystem ist aus mehreren Gründen
unbefriedigend.
Der ÖGB strebt daher eine Reform an. Dabei sind folgende Punkte
umzusetzen:
O Abfertigung für alle ArbeitnehmerInnen ab dem ersten Tag
O Kontinuierliches Anwachsen des Anspruchs statt den Jahressprüngen
O Abfertigung auch bei Selbstkündigung, da sie Lohnbestandteil ist,
und dies auch die Mobilität der ArbeitnehmerInnen fördert
O Volle Wahlfreiheit der ArbeitnehmerInnen hinsichtlich der
Verwendung der Abfertigung (keine Vermengung von Abfertigung und
Betriebspension)
Zukunft der sozialen Gesundheitsvorsorge
Der ÖGB ist überzeugt, dass es zur solidarischen, demokratisch
selbstverwalteten Pflichtversicherung keine Alternative gibt. Nur die
Pflichtversicherung gewährleistet eine solidarische
Gesundheitsvorsorge auf höchstem Qualitäts- und Leistungsniveau.
Daher darf es im Interesse der Versicherten zu keinen weiteren
Leistungskürzungen und keiner Verstärkung von Selbstbehalten kommen.
Umso wichtiger sind deshalb strukturelle Reformen und die Nutzung
aller Einsparungsmöglichkeiten.
Dazu zählen:
O Vollständiger Ausgleich für die entfallene Mehrwertsteuerbefreiung
O Umsetzung eines partnerschaftlichen Kommunikationsmodells mit den
Vertragsärzten
O Anpassung der Handelsspannen bei Medikamenten an den europäischen
Durchschnitt
O Konsequente Fortsetzung der bereits eingeleiteten Strukturreformen
bei Spitälern
O Wirkungsvolle Bekämpfung organisierter illegaler Erwerbstätigkeit
(ein entsprechender Gesetzesantrag liegt seit der vergangenen
Legislaturperiode bereits vor)
O Reduktion der Beitragsschulden der Arbeitgeber
O Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage
O Zweckwidmung von Abgaben auf gesundheitsrelevante Güter
Ambulanzgebühren
Die Einführung von Ambulanzgebühren ist aus grundsätzlichen und
gesundheitspolitischen Gründen abzulehnen. Sie verstoßen - wie auch
Selbstbehalte - gegen das Prinzip der Finanzierung von
Gesundheitsleistungen, welche solidarisch durch Dienstgeber und
DienstnehmerInnen zu erbringen sind. Die Ambulanz-gebühren sind daher
abzuschaffen.
Besteuerung der Unfallrenten
Durch die neue Gesetzeslage liefern mehr als 110.000
UnfallrentnerInnen seit Jänner 2001 jährlich etwa zwei Mrd. S dem
Finanzminister zur Budgetsanierung ab. Um diese Ungerechtigkeiten zu
beseitigen bedarf es keiner neuen Experten-kommission. Es genügt,
wenn der Nationalrat für die Abschaffung der Unfallrenten-besteuerung
stimmt, wie dies vom ÖGB schon immer gefordert wurde. Eine
Härteklausel genügt nicht. Aus Sicht des ÖGB ist jeder Unfallrentner
und jede Unfallrentnerin ein Härtefall.
Arbeitsbedingungen und Gesundheit
Arbeitsbedingungen haben unmittelbare Auswirkungen auf Beschäftigte.
Der ÖGB fordert daher, dass das ArbeitnehmerInnenschutzrecht nicht
ausgehöhlt, sondern weiterentwickelt wird. In Arbeitsstätten mit
höherem Gefährdungspotenzial sollen Präventivkräfte verstärkt zum
Einsatz kommen. Darüber hinaus sollte für alle Unternehmen eine
vorbeugende arbeitspsychologische Beratung in die bestehende
Betreuung integriert werden. Die Kontrolle der
Gesundheitsbestimmungen durch die Arbeitsinspektion darf genauso
wenig angetastet werden. Die Mittel der AUVA dürfen nicht gekürzt
werden. Die Aktivitäten im Gesundheitsforschungsbereich und
insbesondere die Betreuung der kleinen Arbeitsstätten durch die
Präventionszentren der AUVA dürfen nicht gefährdet werden.
ÖIAG: Zukunftskonzept anstatt Abverkauf
Der ÖGB verlangt die Vorlage eines positiv orientierten, mittel- und
längerfristigen Konzeptes zum Fortbestand und zur Weiterentwicklung
der österreichischen industriellen Substanz. Der ÖIAG soll dabei die
Kernaktionärsrolle zukommen. Damit soll die größtmögliche
Wertschöpfung in Österreich abgesichert und mittels eines forcierten
Forschungs- und Entwicklungsprogrammes weiter ausgebaut werden. Die
Mitbestimmungsrechte der ArbeitnehmerInnen sind in allen Bereichen zu
wahren.
EU-Osterweiterung
Der ÖGB-Bundesvorstand sieht in der Erweiterung der EU das größte
Friedensprojekt, das jedoch nur dann erfolgreich sein wird, wenn
folgende Forderungen erfüllt werden:
O Übergangskriterien für die Freizügigkeit am Arbeitsmarkt und bei
der Dienstleistungsfreiheit
O Die Werberländer müssen vor einem Beitritt sowohl soziale als auch
ökologische Mindeststandards erfüllen
O Grenzüberschreitende Förderungs- bzw. Beihilfeprogramme für die
betroffenen Regionen
O Beibehaltung der Kontingentierung (Ökopunktesystem), um ein
weiteres Anwachsen des Straßengüter-Transitverkehrs in Österreich zu
verhindern
Kilometergeld
Der ÖGB-Bundesvorstand verlangt, dass das amtliche Kilometergeld von
derzeit 4,90 auf 5,40 Schilling angehoben wird. (ff)
ÖGB, 8. März 2001
Nr. 176
Rückfragehinweis: ÖGB Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Franz Fischill
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